So, da ist sie dann. Die erste – jedenfalls für mich – (End)Entscheidung des OLG München zur Pauschgebühr (§ 51 RVG) im NSU-Verfahren.
Das OLG hat im OLG München, Beschl. v. 27.05.2019 – 6 St (K) 5/19 – eine Pauschgebühr von 256.160 € bewilligt. Auf den ersten Blick ein hoher Betrag. Wenn man aber die Länge des Verfahrens berücksichtigt, relativiert sich das sehr schnell.
Ich will und kann hier jetzt nicht auf alle Einzelheiten eingehen (siehe aber unten). Ich stelle aber die Gründe vollständig ein, damit sich jeder mal ein Bild machen kann:
„Dem Antragsteller war für den im Tenor genannten Verfahrensabschnitt mit den dort aufgeführten Gebührenpositionen eine Pauschgebühr von insgesamt 256.160,00 € zuzusprechen.
1. Eine Pauschvergütung ist auf Antrag zu gewähren, wenn die in den Teilen 4 bis 8 des Vergütungsverzeichnisses bestimmten Gebühren wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit des Verfahrens nicht zumutbar sind (§ 51 Abs. 1 Satz 1 RVG).
a) Das vorliegende Verfahren zeichnet sich sowohl durch einen besonderen Umfang, als auch durch besondere Schwierigkeit aus.
aa) Bis zur Anklageerhebung waren bereits mehr als 580
BSachaktenbände angefallen.Hinzu kommen zahlreiche Bei- bzw. Altakten, die ihrerseits z. T. erheblichen Umfang aufweisen. Bis zum Urteil am 11. Juli 2018 hat sich der Aktenbestand auf 672 Aktenordner erweitert. Diese Materialfülle schlug sich auch in einer Zahl von 438 Hauptverhandlungstagen nieder, die in einem Zeitraum von 5 Jahren, 2 Monaten und 5 Tagen stattfanden. Es lag damit ein besonders umfangreiches Verfahren vor.
bb) Das Verfahren war auch besonders schwierig, weil es eine Vielzahl von schweren Delikten umfasste, die teils viele Jahre zurücklagen und in ihrer Gesamtheit – mit einer Vielzahl von Nebenaspekten, sachlichen und persönlichen Verbindungen – zu erfassen und zu würdigen waren, um die Art und den Umfang der Vereinigung „NSU“ aufzuklären. Die Einbindung der Angeklagten in das Gesamtgeschehen wiederum konnte in weiten Teilen nur über Indizienbeweise abgeklärt werden, was dazu führte, dass im Verfahren mehr als 500 Zeugen und Sachverständige — teils mehrmals ¬vernommen werden mussten. Diese besondere Schwierigkeit betraf insbesondere auch die Nebenklage, weil die Einbindung jener Angeklagter, denen Nebenklagedelikte zur Last lagen in das Tatgeschehen es erforderte, den gesamten Prozessstoff einschließlich der personellen und sachlichen Verflechtungen einer Vielzahl von Personen zu erfassen.
Die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Pauschvergütung liegen damit vor.
b) Der Einzelrichter setzt die Pauschvergütung für den im Tenor beschriebenen Verfahrensabschnitt fest. Grundsätzlich wird beim Oberlandesgericht München der endgültige Verfahrensabschluss abgewartet. Im vorliegenden Fall ist jedoch zu berücksichtigen, dass eine außergewöhnlich lange Verfahrensdauer gegeben ist. Obwohl sich die Eignung des Verfahrens für die Bewilligung von Pauschvergütungen bereits bei seinem Beginn abzeichnete, warten viele Verfahrensbeteiligte bereits seit 6 Jahren, teils auch länger, auf die Anhebung der gesetzlichen Gebühren. Der endgültige Verfahrensabschluss ist weiter offen. Überdies haben die Nebenkläger entweder rechtlich nicht die Möglichkeit in Rechtsmittel zu, gehen oder haben dies nicht getan, so dass auch insoweit von dieser Seite keine wesentlichen Verfahrenshandlungen mehr zu erwarten sind. Im Falle einer Aufhebung des Urteils und einer Zurückverweisung der Sache aufgrund der Revisionen der Angeklagten und des Generalbundesanwalts bleibt die Sache nach wie vor umfangreich. Eine Kompensation der Pauschvergütung durch mögliche einfachere Verfahrensabschnitte in der Zukunft ist damit nicht zu erwarten.
2. Entgegen der Rechtsmeinung des Antragstellers handelt es sich bei den von ihm vertretenen Nebenklagen um eine einzige Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG, für die er auch nur einmal Gebühren nach der alten Fassung des RVG abrechnen kann.
Zu Recht stellt der Bezirksrevisor in seiner Stellungnahme vom 19. Februar 2019 u. a. auf den Begriff der Angelegenheit ab. Denn nur über den Angelegenheitenbegriff lässt sich klären, ob mit der Beauftragung ein neuer Auftrag in einer neuen Angelegenheit erteilt wurde, oder aber lediglich eine Erweiterung der vertretenen Personen in ein und derselben Angelegenheit erfolgte. Nur im ersteren Fall könnte der Antragsteller hinsichtlich der Gebühren tatsächlich auf einer Gebührenberechnung nach der aktuellen Fassung des RVG bestehen, während im zweiten Fall mit dem Beginn einer einheitlichen Angelegenheit vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung im August 2013 auch die damals geltende Rechtslage bei den Gebühren nach § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG festgeschrieben wäre. Dementsprechend gilt, dass dann, wenn-ein Rechtsanwalt mehrere Auftraggeber in einem Gerichtsverfahren vertritt, und der eine ihn vor dem Stichtag, der andere aber erst danach beauftragt, dies wie eine Auftragserweiterung in derselben Angelegenheit zu behandeln ist, mit der Folge, dass einheitlich altes Recht anzuwenden ist (vgl. vgl. Gerold/Schmidt, RVG, Meyer, 22. Aufl. 2015, Rnr. 13 zu § 60). Maßgeblich ist die erste unbedingte Auftragserteilung in der Angelegenheit. Wird daher durch das Hinzutreten eines weiteren Auftraggebers lediglich die bereits bestehende Angelegenheit erweitert, kommt es weiterhin auf den Zeitpunkt des zuerst erteilten Auftrags an (Volpert/Burhoff, RVG, Straf- und Bußgeldsachen, 2. Auflage 2007, Seite 416, Rnr. 25). Diese Meinung entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. In der Entscheidung NJW 2007, 769 hat er ebenfalls den Begriff der Angelegenheit in das Zentrum der Erwägungen gestellt und ausgeführt:“… § 61 I 1 RVG entspricht der aus § 134 I 1 BRAGO übernommen allgemeinen Übergangsvorschrift des § 60 I 1 RVG, die an den Zeitpunkt der Auftragserteilung anknüpft und auf diese Weise die Anwendung des neuen Gebührenrechts auf bereits bestehende Mandatsverhältnisse verhindert. Darüber hinaus vermeidet sie eine Gebührenspaltung innerhalb derselben Angelegenheit, indem sie den für die Anwendung des alten Rechts maßgebenden Auftrag bestimmt. Da der Begriff der Angelegenheit i.S. des § 15 RVG von der Person des Auftraggebers unabhängig ist, gilt dies nicht nur für Folgeaufträge desselben Mandanten, wie etwa bei einer Klageerweiterung oder Widerklage, sondern auch für das Hinzutreten weiterer Auftraggeber (vgl. Göttlich/Mümmler/Rehberg/Xanke, S. 973; N. Schneider, in: Gebauer/Schneider, § 61 Rdnr. 69; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, § 60 Rdnrn. 13f.; ders., NJW 2005, 1609 [1613].
Die gebührenrechtliche Angelegenheit im Strafverfahren wird definiert als das gesamte Geschäft das der Rechtsanwalt für seinen Auftraggeber erledigen soll. Dieses umfasst sämtliche Tätigkeiten von der Erteilung des (Verteidigungs-) Auftrags bis zu seiner Erledigung (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, Burhoff, 22. Aufl. 2015, Rnr. 19, VV Einleitung Teil 4). Die gleiche Angelegenheit ist also stets auch das gleiche Strafverfahren (vgl. auch vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl. 2017, Rnr. 17 zu § 15).
3. Anstelle der Gebühr nach Nr. 4100 VV RVG (Grundgebühr) setzt der Senat eine Pauschvergütung nach § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG in Höhe von 20.000,00 € fest.
a) Die gesetzliche Grundgebühr in der für das Verfahren maßgeblichen Fassung des RVG beträgt 132,00 E. Der Antragsteller stellt sich hier einen Betrag von 20.000,00 € (allerdings für jeweils 2 Nebenklägerinnen) vor. Aufgrund der Ausführungen unter oben „2″ ist klargestellt, dass er jeden Gebührentatbestand nur einmal für die Angelegenheit geltend machen kann.
b) Angesichts der genannten Höhe der gesetzlichen Gebühr kann festgestellt werden, dass diese unzumutbar niedrig ist.
Der Senat ist aus eigener Aktenkenntnis zu der Überzeugung gelangt, dass zum Aktenstudium jedenfalls mehrere hundert Stunden Einarbeitungszeit in einem rechtlich und tatsächlich anspruchsvollen Verfahren angefallen sind. Ferner hat der Antragsteller sich in der von ihm in seinen Schriftsätzen geschilderten Form intensiv in der Angelegenheit engagiert.
Damit aber erscheint ein Betrag von 20.000,00 € als angemessener Pauschbetrag anstelle der Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG. Dieser repräsentiert das mehr als das 151-fache der gesetzlichen Gebühr und bedeutet im Ergebnis, dass der Senat die Einarbeitung in dieses Verfahren so hoch schätzt wie die Bearbeitung von mehr als 150 „normalen“ Verfahren.
Auf Stundensätze, die Erzielung eines bestimmten Mindesthonorars oder entgangene Möglichkeiten zur Pflichtverteidigertätigkeit in anderen (Groß-)Verfahren kommt es in diesem Zusammenhang von vornherein nicht an, da Sinn der Pflichtverteidigung nach bundesverfassungsgerichtlicher Rechtsprechung eben nicht darin besteht, dem Anwalt zu seinem eigenen Nutzen und Vorteil eine zusätzliche Gelegenheit beruflicher Betätigung zu verschaffen (BVerfG NJW 2007, 3420).
4. Anstelle der Vorverfahrensgebühr nach Nr. 4104 VV RVG erscheint eine Pauschvergütung in Höhe von 12.000,00 € angemessen.
a) Mit der Vorverfahrensgebühr soll die Tätigkeit des Anwalts bis zum Eingang der Anklageschrift abgegolten werden. Wie bereits oben festgestellt, war der Antragsteller bereits vor Anklageerhebung in das Verfahren eingebunden. Er hat bis zur Anklageerhebung das Verfahren ca. 9 Monate betreut und erhielte hierfür nach dem RVG einen Betrag von 112,00 €. Dies ist nicht zumutbar. Der Antragsteller hat hier einen Betrag von 12.000,00 € beantragt.
b) Der Senat hat berücksichtigt, dass der Antragsteller sich im Vorverfahren weiter um die Einarbeitung in die Sache zu bemühen hatte und den Kontakt zu seinen Mandanten halten musste, der sich aufgrund der Umstände umfangreich und komplex gestaltete. Ferner war er in dieser Phase gehalten, sich auf der Grundlage der erworbenen Aktenkenntnis mit der Frage auseinanderzusetzen, wie er den Interessen des Nebenklägers bestmöglich dienen wird können. Andererseits war zu sehen, dass der Gesetzgeber selbst nach der in den gesetzlichen Gebühren niedergelegten Wertung, die Vorverfahrensgebühr als die geringste Vergütung im Verhältnis zur Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG und der Hauptverhandlungs-gebühr nach Nr. 4118 VV RVG ausgestaltet hat und sie so in ihrer Wertigkeit von den beiden anderen Gebühren nach unten abhebt.
Der Senat übt das ihm eingeräumte Ermessen im Rahmen der vorgenannten Kriterien dahingehend aus, dass anstatt der Vorverfahrensgebühr ein Pauschbetrag von 12.000,00 € anzusetzen ist. Dieser Betrag entspricht nach Überzeugung des Senats einer angemessenen Vergütung.
5.) Anstatt der Hauptverfahrensgebühr nach Nr. 4118 VV RVG erhält der Antragsteller einen Pauschbetrag von 20.000,00 €.
Die gesetzliche Gebühr nach Nr. 4118 VV RVG beträgt 264,00 €, was im Hinblick auf das Verfahren unzumutbar niedrig ist.
a) Der Abgeltungsbereich der Gebühr umfasst u.a. die Beratung des Auftraggebers, den gesamten schriftlichen und mündlichen Verkehr mit dem Auftraggeber oder dem Gericht (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl. 2017, Rnr. 8 zu VV 4106-4107). Nach Auffassung des Senats rechnet hierzu auch die Einarbeitung in die Anklageschrift, die im vorliegenden Fall insgesamt 488 Blatt umfasst, worauf auch der Antragsteller hinwies. Im Rahmen der Festsetzung der Pauschvergütung für diese Gebührenposition ist zu berücksichtigen, dass ein sehr langes Strafverfahren vorlag, das eine Vielzahl von Tätigkeiten des anwaltlichen Vertreters erforderte, die nicht in den Abgeltungsbereich der Terminsgebühren fallen. Insbesondere der Bereich der Information der Mandanten und die Planung des weiteren Prozessverhaltens kann bei einer solch langen Verfahrensdauer nicht in einem oder zwei Schriften geleistet werden, sondern fordert ständige Aufmerksamkeit. Auch in die Nachlieferungen zur Akte musste er sich ebenso einarbeiten wie in den während der Hauptverhandlung angefallenen Zuwachs zur Hauptakte.
b) Der Senat erachtet auf dieser Grundlage einen Pauschbetrag von 20.000,00 € als angemessen, was bei einer Verhandlungsdauer von gut 5 Jahren einer jährlichen Vergütung für die Tätigkeit im Verfahren neben der Hauptverhandlung von knapp 4.000,00 € entspricht. Der Aufwand des Antragstellers erscheint damit als ausreichend honoriert, zumal die Tätigkeit im Hauptverfahren auch durch die Terminsgebühren geprägt ist.
6. Der Antragsteller erhält anstelle der Hauptverhandlungsgebühren (Nr. 4120 VV RVG), einen Pauschbetrag von 204.160,00 €.
a) Als Grundlage der Bemessung für die Pauschgebühr für die Sitzungsteilnahme und die übrigen Kostentatbestände greift der Senat auf die Wahlverteidigerhöchstgebühr von 780,00 €, wie sie sich aus der Fassung des RVG, vor dem zweiten Kostenrechtsmodernisierungsgesetz ergibt, zurück. Dieses Gesetz trat am 1. August 2013 in Kraft und sieht im Vergütungsverzeichnis im hier relevanten Bereich höhere Gebühren vor.
Die Wahl der Wahlverteidigerhöchstgebühr als Bemessungskriterium für die Vergütung der Terminsgebühren beruht auf der Berücksichtigung der Verfahrenskonstellation mit mehr als 70 beigeordneten Rechtsanwälten.
Der Gesetzgeber hat im Bereich der Nr, 4120 VV RVG eine deutliche Lücke zwischen der Höchstvergütung des Wahlverteidigers und der Vergütung des beigeordneten Anwalts festgesetzt. Während der Wahlverteidiger bis zu 780,00 € pro Terminstag umsetzen kann, ist die Terminsgebühr für den beigeordneten Anwalt auf 356,00 € fixiert. Selbst wenn er an einem — eher seltenen – Termin mit mehr als 8 Stunden teilnimmt (Längenzuschlag nach 4123 VV RVG), kann der beigeordnete Anwalt lediglich 712,00 € umsetzen. Diese Lücke zwischen der Vergütung des Wahlverteidigers und des beigeordneten Anwalts war vom Gesetzgeber offenbar gewollt und sollte damit grundsätzlich auch bei der Bemessung einer Pauschvergütung Berücksichtigung finden. Dass der Senat diese Lücke zugunsten der bestellten Vertreter gefüllt hat, lässt sich allein mit den Besonderheiten des vorliegenden Verfahrens begründen. Es wurde bereits erwähnt, dass das Verfahren besonders umfangreich und schwierig war. Dies allein kann den Lückenschluss aber noch nicht rechtfertigen, weil hier erst die Grundvoraussetzung für eine Pauschgebühr definiert ist. Maßgebend war vielmehr die Verfahrenskonstellation mit einer Vielzahl anwaltlicher Beteiligter mit zum Teil widerstreitenden Interessen (Verteidigung, Nebenklage) die ständige Aufmerksamkeit, adäquates Reagieren und schnelles Verarbeiten auftretender Rechtsprobleme und tatsächlicher Fragen vor dem Hintergrund verschiedenster Meinungen erforderte. Die Vielzahl an Beteiligten förderte zugleich das Auftreten juristischer Meinungsverschiedenheiten, die Wortbeiträge zu ihrer sachgerechten Lösung herausforderten. Die anwaltlichen Beteiligten waren hier sitzungstäglich einer besonderen, außergewöhnlichen Belastung ausgesetzt, die es ausnahmsweise erlaubt, auch für bestellte Rechtsanwälte die Wahlverteidigerhöchstgebühr als Grundlage ihrer Pauschvergütung heranzuziehen.
Das Verfahren unterliegt nach § 60 Abs. 1 RVG noch dem alten Recht mit dem damaligen Vergütungsverzeichnis. Abweichungen hiervon sind nicht angezeigt. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits mit seinem Beschluss vom 6. Oktober 2008 (2 BA 1173/08) entschieden, dass Stichtagsregelungen im Vergütungsbereich nicht gegen die Verfassung verstoßen.
Die Wahlverteidigerhöchstgebühr, auch in der damaligen Fassung, bringt zum Ausdruck, welche Vergütung der Gesetzgeber als auskömmlich ansah. Dabei ist es nicht nötig, sich über den für das Verfahren relevanten gesetzlichen Rahmen hinaus zu begeben, weil der Senat den Verfahrensbeteiligten Rechtsanwälten auch die Längenzuschläge nach den Nrn. 4122, 4123 VV RVG zugebilligt hat und weiter zubilligt.
b) Der Antragsteller hat im Verfahren vor dem 6. Strafsenat persönlich an 320 von 438 angebotenen Terminen teilgenommen 118 Termine hat er nicht persönlich wahrgenommen, weshalb ein Abschlag von der Wahlverteidigerhöchstgebühr vorzunehmen ist, den der Senat auf 1/3 der Differenz zwischen der Wahlverteidigerhöchstgebühr und der gesetzlichen Gebühr bemisst. Pro Sitzungstag erhält der Antragsteller damit 638,00 € (780 — 356 = 424; 424 : 3 = 142; 780 — 142 = 638).
Daneben hat der Antragsteller auch die angefallenen Längenzuschläge nach den Nrn. 4122 und 4123 verdient, die nicht gesondert dargestellt werden müssen, weil sie in der gesetzlichen Höhe bewilligt werden und aufgrund der bereits erfolgten Auszahlung damit kostenneutral sind.
Hieraus ergibt sich folgende Berechnung:
320 x 638,00 € statt Nr. 4120 VV RVG 204.160 €7. Insgesamt ergibt sich damit folgende Pauschvergütung für das erstinstanzliche Verfahren vor dem 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts München:
Pauschgebühr anstelle Nr. 4100 VV RVG 20.000,00 €
Pauschgebühr anstelle Nr. 4104 VV RVG 12.000,00 €
Pauschgebühr anstelle Nr. 4118 VV RVG – 20.000,00 €
Pauschgebühr anstelle Nr. 4120 VV RVG 204.160,00 €
Gesamt: 256.160,00 €“
Was ist anzumerken:
- Die Frage: Eine oder mehrere Angelegenheiten hat das OLG m.E. richtig beantwortet. In dem Zusammenhang darf man nicht übersehen, dass dem Verteidiger der Zuschlag nach § 7 RVG, Nr. 1008 VV RVG zusteht.
- Zur Höhe der Gebühren kann man natürlich trefflich diskutieren. Aber immerhin: Das OLG ist über seinen Schatten gesprungen – was beim OLG München nicht so selbstverständlich ist – und ist von den Wahlanwaltshöchstgebühren ausgegangen. Aber: Es war nicht so „mutig“ die Grenze dann auch noch zu überschreiten.
- Schön 🙂 , dass das OLG von „umsetzen“ = Umsatz spricht. Das passt allerdings nicht so ganz zu den OLG-Ausführungen, die man sonst immer wieder liest, dass der Pflichtverteidiger nämlich keinen Gewinn machen soll.
- Unverständlich ist für mich die Berechnung der Pauschgebühr für die Hauptverhandlungstage. Denn das OLG kürzt die Pauschgebühr für die Hauptverhandlungstage, an denen der Nebenklägervertreter teilgenommen hat, um „1/3 der Differenz zwischen der Wahlverteidigerhöchstgebühr und der gesetzlichen Gebühr“. Das verstehe ich nicht. Und das OLG erklärt auch nicht nachvollziehbar, warum es kürzt. Jedenfalls ist die Erklärung, dass der Kollege an 118 Terminen nicht teilgenommen hat, keine vernünftige Erklärung. Denn für die Tage wird doch schon eine Pauschgebühr gar nicht gewährt. Warum wird dann für die anderen „Anwesenheitstage“ gekürzt“? Das bleibt das Geheimnis des OLG.
- Und zur Abrundung: Was mich erschreckt, ist die Literatur, mit der das OLG München offenbar arbeitet bzw. die angeführt wird. Das ist Burhoff/Volpert, in der 2. Auflage (!!!!), obwohl inzwischen die 5. Auflage vorliegt. Die sollte man sich beim OLG vielleicht mal anschaffen. Gibt es im Moment als Mängelexemplar, das man hier bestellen kann. Und dann werden angeführt: „Gerold/Schmidt“ in der 22. Auflage – die ist auch alt – aber immerhin auch die aktuelle 23. Auflage. Warum die beiden nebeneinander, versteht man nicht. Und: Das Werk heißt seit – ich glaube 4 oder 5 Auflage: „Gerold/Schmidt“. „Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe“ ist also auch nicht gerade aktuell, es sei denn, man will noch auf das Werk verweisen, was dann aber nicht deutlich gemacht wird. Bei solchen „Fehlern“ habe ich immer das Gefühl, dass einem OLG anwaltliche Gebühren lästig sind. Kann ich ja verstehen. Aber „liebe Senate“: „Andere Leute“ müssen von dem Geld, dass ihr gewährt, leben. Also: Etwas Sorgfalt (auch) an der Stelle……
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