Als zweite OWi-Entscheidung dann der KG, Beschl. v. 23.08.2018 – 3 Ws (B) 217/18 -, der zum „neuen“ § 23 Abs. 1a und 1b StVO Stellung nimmt. Also: Elektronisches Gerät (=Smartphone) im Straßenverkehr. Das Verbot gilt nach § 23 Abs. 1b Nr. 1 StVO ja nicht, wenn das Fahrzeug steht und „der Motor ausgeschaltet ist“. Davon gibt es wieder eine Ausnahme – Dobrindtsche Gesetzestechnik 🙂 -, nämlich nach § § 23 Abs. 1 b Satz 2 StVO, wenn der Motor „fahrzeugseitig automatisch abgeschaltet“ ist.
Das AG hatte nun den Betroffenen wegen eines Verstoßes gegen § 23 Abs. 1a StVO, obwohl der Motor abgeschaltet war, und zwar vom Betroffenen manuell. Das hatte das AG als eine Ausnahme von der Ausnahme angesehen und dabei – die Urteilsgründe teilt das KG (mal wieder) nicht näher mit offenbar auf den Sinn und Zweck der Ausnahme von der Ausnahme verwiesen. Das KG sagt: So nicht, denn das ist ein Verstoß gegen das Analogieverbot.
„Lediglich informatorisch teilt der Senat mit, wie die Generalstaatsanwaltschaft Berlin Stellung genommen hat:
„Es ergibt sich bereits aus dem Gesetz, dass die in § 23 Abs. 1b StVO normierte Ausnahme von dem Benutzungsverbot elektronischer Geräte nach § 23 Abs. 1a StVO ihrerseits gemäß § 23 Abs. 1b Satz 2 StVO nur dann eine Ausnahme findet, wenn der Motor über die Start-Stopp-Funktion abgeschaltet wird. Die – hier festgestellte – manuelle Abschaltung des Motors begründet eine derartige Ausnahme nicht. Soweit die Situation mit derjenigen vergleichbar ist, die für den Gesetzgeber bei Abschalten des Motors über die Start-Stopp-Funktion besteht (vgl. hierzu BR-Drucks. 556/17 S. 28), handelt es sich um eine Lücke im Gesetz, die nicht geschlossen werden kann, weil es sich hierbei um eine nicht mit Art. 103 Abs. 2 GG zu vereinbarende Ausdehnung des Tatbestandes handeln würde (vgl. auch OLG Bamberg NZV 2007, 49 ff.). Ob sich das Amtsgericht hieran gehalten hat, ist eine die Zulassung nicht gebietende Frage des Einzelfalles.“
Dieser Einschätzung, namentlich auch zur Ausnahme-von-der-Ausnahme-Systematik des § 23 Abs. 1b StVO, folgt der Senat. Die Annahme, das händische sei mit dem automatischen Ausschalten des Motors „vergleichbar“ (UA S. 3), verstößt gegen das Analogieverbot. Es ist aber nicht zu besorgen, dass das Amtsgericht dies in zukünftigen Fällen außer Acht lässt. „
Ich verstehe allerdings nicht so ganz, warum an der Stelle eine Gesetzeslücke bestehen soll.
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„Ich verstehe allerdings nicht so ganz, warum an der Stelle eine Gesetzeslücke bestehen soll.“
Das ist die neue Geisteshaltung in Deutschland: Alles was nicht verboten ist, stellt eine Lücke im Gesetz dar und muss schnellstmöglich geschlossen werden. Vergleichen Sie dazu die Aussagen und Auswirkungen auf das Recht nach der „Metoo-Debatte“.
Früher, ja, früher hätte man noch gesagt, dass alles erlaubt ist, was nicht verboten ist.
Heute sagt man: Es ist nur noch erlaubt, weil eine Lücke besteht.
Sehe ich es richtig, dass der Betroffene trotzdem wegen des Handyverstoßes sanktioniert bleibt, weil das KG die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat? Einen Verstoß gegen das Analogieverbot, der ja keine Kleinigkeit ist, nicht zum Gegenstand der RB zu machen, fände ich ein starkes Stück und kaum nachvollziehbar. Da hilft es dem Betroffenen auch nicht, wenn das KG meint, es sei „aber nicht zu besorgen, dass das Amtsgericht dies in zukünftigen Fällen außer Acht lässt.“
Das sehen Sie richtig
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