Über den VG Cottbus, Beschl. v. 14.02.2018 – 3 L 95/18 – haben ja schon andere Blogs berichtet. Ich greife die Entscheidung heute dann aber mal im „Kessel Buntes“ auf.
Es geht um einen Polizeibeamten, der mit einem 13-Jährigen Mädchen sexuellen Kontakt über das Internet gehabt haben soll. Gegen ihn wird wegen eines Sexualdelikts ermittelt wird. Dem Polizeibeamten wird vorgeworfen, von seinem Dienstrechner aus über einen privaten Account erotische Kontakte zu dem Mädchen gesucht und von ihr Bilder gefordert zu haben. Obwohl der Polizeibeamten von sich selbst nur Bilder seines Gesichts und seines unbekleideten Oberkörpers verschickt hat, wird ihmgem. § 81b Abs. 2 StPO aufgegeben, eine Abbildung seines Geschlechtteils zu „liefern“. Der Polizeibeamte legt dagegen Widerspruch ein und begehrt einstweiligen Rechtsschutz.
Und: Man – glaubt es nicht – er unterliegt beim VG. Die Maßnahme sei verhältnismäßig:
„Schließlich ist auch gegen die ausdrücklich angeordnete Abbildung des Geschlechtsteils des Antragstellers zum Zwecke des Erkennungsdienstes nichts zu erinnern; auch diese Maßnahme ist i.S.v. § 81 2. Alt. StPO notwendig und bewegt sich im Rahmen der Verhältnismäßigkeit. Der Antragsgegner führt insoweit zu Recht aus, dass es nicht auszuschließen sei, dass der Antragsteller zu anderen Kindern Kontakt gesucht hat und es hierbei zum Austausch von Fotos, vor allem Nacktfotos, gekommen sein könnte. Dass der Antragsgegner die so gewonnenen erkennungsdienstlichen Unterlagen nicht (nur) zu repressiven Maßnahmen, also zur Aufklärung von bereits begangenen Straftaten nutzen möchte, sondern zu präventiven Zwecken für notwendig erachtet, wird entgegen der Ansicht des Antragstellers hinreichend deutlich. So führt der Antragsgegner nämlich aus, dass es (auch) der Aufnahme des Geschlechtsteils des Antragstellers bedürfe, um diesen in ähnlich gelagerten oder zukünftigen Fällen entweder schneller als Täter ermitteln oder gegebenenfalls auch ausschließen zu können. Dass insoweit Abbildungen des Geschlechtsteils des Antragstellers bei der Identifizierung eines Tatverdächtigen im Bereich pädophil-sexueller Delikte belastend oder entlastend hilfreich sein können, liegt hierbei auf der Hand. Sexualdelikte sind davon geprägt, dass den Geschlechtsorganen bei der Tatbegehung eine hervorgehobene Bedeutung zukommt. Geschehen diese -wie im Internet nicht unüblich- durch Austausch von Bildern, kann insoweit ein Abgleich mit im Rahmen des Erkennungsdienstes gewonnenen Bildern erfolgen. Es liegen im vorliegenden Fall aufgrund der Anlasstat auch hinreichend gewichtige Anhaltspunkte vor, dass es im Fall des Antragstellers zu solchen Handlungen kommen kann, in welchem auch der Antragsteller Bilder seines Intimbereichs verschicken könnte. Im Rahmen der Anlasstat hat nämlich der Antragsteller nicht nur Fotos des minderjährigen Mädchens begehrt. Er soll vielmehr auch Fotos von sich verschickt haben. Auch wenn er auf diesen Bildern lediglich mit seinem Gesicht und unbekleideten Oberkörper zu sehen sein soll, ist dies gleichwohl hinreichend gewichtiges Indiz für die Annahme, dass der Antragsteller sich nicht nur auf das Konsumieren von Bildern von anderen Personen beschränken sondern auch bereit sein dürfte, Fotos von sich zu versenden, so dass die vom Antragsgegner aus kriminalistischer Erfahrung gewonnene Annahme, es könne zum Austausch von Nacktfotos kommen, auch im Falle des Antragstellers nicht fernliegend ist.
Soweit der Antragsteller damit, es erscheine äußerst fraglich, ob männliche Geschlechtsteile Merkmale aufwiesen, die eine eindeutige Identifizierung zuließen, die generelle Geeignetheit und Notwendigkeit der Maßnahme in Frage stellen möchte, greift dies nicht. Gleiches gilt für den Einwand, es sei fraglich, wie eine Abbildung des Penis des Antragstellers im schlaffen Zustand zu einer Identifizierung auf einem versendeten Bild im dann wohl eher erregten Zustand führen könne, da es einen erheblichen Unterschied mache, ob der Penis im erigierten oder schlaffen Zustand abgebildet werde. Zwar mag es zutreffen, dass ein Penis (im erigierten oder weniger stark durchbluteten Zustand) und das Scrotum nicht mit der Eindeutigkeit eine Identifizierung seines Trägers zulassen, wie etwa Gesichtszüge eine bestimmte Person kennzeichnen. Gleichwohl weisen diese Körperteile Merkmale und eine Variationsbreite hinsichtlich Größe, Farbe und Gestalt auf, die zumindest eine Eingrenzung der in Betracht kommenden Verdächtigten ermöglichen. Sie können zudem besondere angeborene (z.B. ein Muttermal oder Leberfleck) oder erworbene (z.B. Warzen, Tattoo, Piercing, Narben) Merkmale besitzen, die den Kreis der möglichen Verdächtigen noch weiter einschränken.“
Für mich schon – gelinde ausgedrückt – schwer nachzuvollziehen….
Hier darf man sehr gespannt sein, wie das OVG oder das BVerfG (§ 90 II S. 2 BVerfGG?) das VG zerpflücken wird. So ein rechtsprecherischer Müll darf nicht stehengelassen werden.
Oh, ich wünsche mir eine Entscheidung des Gerichtes zu einer Lehrerin, die einen jugendlichen Schüler verführt. Dann bekommen wir wenigstens neben der Penis-Datei noch gleich eine Vagina-Datei. Wenn ich ans Gendern denke, dann … nein, lieber jetzt STOPP!
Ich bin da mit dem „Zerpflücken“ nicht mehr so sicher. In einem Staat, in dem es einen Heimatminister gibt, der aus Bayern kommt und der den Reichsbürgern näher stehen könnte als manchem Muslim, wird manche Überraschung zu befürchten sein.
@RA Siebers: dass derzeit im Herkunftsland des Heimatministers Landratsämter praktisch jedem Reichsbürgerspinner, der einen Staatsangehörigkeitsausweis beantragt, einen polizeilichen Hausbesuch abstatten lassen und zB reihenweise waffenrechtliche Erlaubnisse einkassieren ist anscheinend in Braunschweig an Ihnen vorübergegangen (s.https://www.br.de/nachrichten/zahl-der-reichsbuerger-in-bayern-in-2017-mehr-als-verdoppelt-100.html).
Die explodierende Anzahl der Reichsbürger in allen Bundesländern dürfte mit einem genaueren Hinschauen oder aber einer etwas großzügigeren Begriffsdefinition zu erklären sein, offenbar muss man nicht mehr einen Reichsbürgerausweis/Führerschein haben, sondern es genügt wohl schon, die Gaga-Musterschreiben („ich bin nicht verschollen auf See …“) gegenüber Behörden zu verwenden.