Der Kollege Heymann aus Köln hat mir während meines Urlaubs den OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.05.2016 – III – 3 AR 118/16 – übersandt. Der Kollege war Pflichtverteidiger des Angeklagten in einem (offenbar) umfangreichen Verfahren. Der Kollege hat die Gewährung einer Pauschgebühr nach § 51 RVG beantragt und dies u.a. mit der erforderlichen Einarbeitung in umfangreiches Aktenmaterial begründet. Das OLG hat den Antrag abgelehnt. Begründung:
„Die gesetzlichen Gebühren sind nicht i. S. des § 51 Abs. 1 S. 1 RVG wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit der Sache unzumutbar.
Die Einarbeitung in die Akten wird den Antragsteller zwar für eine gewisse Dauer ausschließlich oder fast ausschließlich in Anspruch genommen haben. Für einen längeren, seine wirtschaftliche Existenz in Frage stellenden Zeitraum (vgl. BVerfG NJW 2005, 1264, 1265; 2007, 3420) ist dies bei Anlegung des maßgeblichen objektiven Maßstabes jedoch nicht der Fall gewesen.
Dies gilt auch mit Blick auf den vom Antragsteller ins Feld geführten, die Bezifferung in der Stellungnahme der Staatskasse weit übersteigenden Aktenumfang. Die vom Senat entwickelte „500-Blatt-Formel“ (Beschluss vom 23. Juni 2015; 111-3 AR 65/14 — Rpfleger 2015, 668; StRR 2015, 358) bezieht sich nämlich weder pauschal auf sämtliches zu den Akten gelangte Papier noch auf solche Aktenteile, die nur kursorisch und stichprobenartig gelesen werden müssten. Dass und welche Teile der Nebenakten nach Sichtprüfung zur Vorbereitung einer ordnungsgemäßen Verteidigung genauer hätten studiert werden müssen, hat der Antragsteller nicht substantiiert dargetan.“
Also so einfach, wie vielleicht der ein oder andere gedacht hat, ist es mit der „500-Blatt-Formel“ des OLG Düsseldorf nicht (vgl. zu dieser Formel grundlegend OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.06. 2015 – III-3 AR 65/14, RVGreport 2016, 99 = StRR 2015, 359 = JurBüro 2015, 637 = Rpfleger 2015, 668 und dazu:Wie viel Seiten muss ein (Pflicht)Verteidiger für eine Grundgebühr lesen?). War aber auch zu erwarten. Denn offen war bislang noch, auf welcher Grundlage die „500 Blatt-Formel“ anzuwenden ist. Dazu hatte das OLG Düsseldorf in den angeführten Beschlüssen nichts ausgeführt. Die vorliegende Entscheidung bringt nun etwas Licht ins Dunkel der Art und Weise der Berechnung. Zugrunde gelegt werden dürfen danach nicht pauschal sämtliche Akten(blätter), sondern offenbar nur die, die der Verteidiger zur Vorbereitung der Verteidigung „genauer hat studieren müssen“.Das ist natürlich ein Wermutstropfen bei der Anwendung der aus den ersten Blick so einfachen Formel.
Diese Einschränkung dürfte insbesondere bei Neben- und Beiakten von Bedeutung sein. Während bei den Verfahrensakten i.e.S. man m.E. davon ausgehen kann und muss, dass der Verteidiger diese „genauer studiert hat“ – was immer das auch bedeuten mag – wird das bei Neben- und Beiakten nicht immer der Fall sein. Hier wird der Verteidiger schon im Rahmen seiner Antragsbegründung näher darlegen müssen, warum und wieso bestimmten Nebenaktenbände für die Verteidigung von Bedeutung waren, wenn das nicht auf der Hand liegt. Und im Interesse eines erfolgreichen Pauschgebührantrags sollte er das auch tun. Viel einfacher wird es mit der „500-Blatt-Formel“ also dann doch wohl nicht.