Die Beweiswürdigung in der sog. Aussage-gegen-Aussage-Konstelaation ist nicht einfach. Es finden sich dazu in der Rechtsprechung des BGH eine Menge Entscheidungen, in denen der BGH die landgerichtliche Beweiswürdigung als feherhaft rügt. So auch im BGH, Beschl. v. 28.07.2015 4 StR 132/15. Das LG hatte den Angeklagten wegen einer im Oktober 2011 begangenen Vergewaltigung und vorsätzlichen Körperverletzung verurteilt. Der Angeklagte hatte die Vorwürfe bestritten. Ihre Überzeugung von dem festgestellten Tatgeschehen hat die Strafkammer auf die Angaben der Geschädigten, die sie als glaubhaft bewertet hat, gestützt. Im Verlauf ihrer Vernehmungen hat sie von weiteren Vergewaltigungen berichte. Bei den Erwägungen zur Strafrahmenwahl ist die Strafkammer, die das Verfahren hinsichtlich des Anklagevorwurfs einer weiteren im November oder Dezember 2011 begangenen Vergewaltigung in der Hauptverhandlung gemäß § 154 Abs. 2 StPO eingestellt hat, davon aus gegangen, dass sexuelle Übergriffe des Angeklagten auf dieGe-schädigte über die ausgeurteilte Tat hinaus zwar möglich aber nicht sicher feststellbar seien. Nach Auffassung des LG spricht der Umstand, dass die Geschädigte abweichend von den Feststellungen von weiteren Vergewaltigungen berichtet habe, deren Anzahl zwischen drei und vier geschwankt habe, „nicht gegen die Glaubhaftigkeit der ersten geschilderten und festgestellten Vergewaltigung im Oktober 2011“. Dazu der BGH:
„Die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand, weil die Erwägungen der Strafkammer eine nachvollziehbare Begründung für die unterschiedliche Bewertung der Verlässlichkeit der Angaben der Geschädigten zu der Tat im Oktober 2011 einerseits und den weiteren Vergewaltigungsvorwürfen andererseits vermissen lassen.
In einer Konstellation, in welcher – wie hier – „Aussage gegen Aussage“ steht und außer der Aussage des einzigen Belastungszeugen keine weiteren belastenden Indizien vorliegen, muss sich der Tatrichter bewusst sein, dass die Aussage dieses Zeugen einer besonderen Glaubhaftigkeitsprüfung zu unterziehen ist. Die Urteilsgründe müssen erkennen lassen, dass das Tatgericht alle Umstände, die die Entscheidung beeinflussen können, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 29. Juli 1998 – 1 StR 94/98, BGHSt 44, 153, 158 f.; Beschluss vom 19. November 2014 – 4 StR 427/14, NStZ-RR 2015, 86; Urteil vom 12. Dezember 2012 – 5 StR 544/12, NStZ-RR 2013, 119). Glaubt das Gericht einen Teil der Aussage des Belastungszeugen, obwohl es ihm in anderen Teilen nicht folgt, bedarf dies regelmäßig einer besonderen Begründung (vgl. BGH, Beschluss vom 3. September 2013 – 1 StR 206/13 Rn. 19; Urteil vom 20. Februar 2014 – 3 StR 289/13 Rn. 14, insoweit in NStZ 2014, 600 nicht abgedruckt; Beschluss vom 24. Juni 2003 – 3 StR 96/03, NStZ-RR 2003, 332 f.).
Diesen Anforderungen werden die Urteilsgründe nicht gerecht. Während die Strafkammer die Bekundungen der Geschädigten zu den weiteren Vergewaltigungen für den sicheren Nachweis entsprechender Übergriffe des Angeklagten auf die Geschädigte nicht als ausreichend erachtet hat, hält sie die Angaben der Geschädigten zu der abgeurteilten Tat im Oktober 2011 für uneingeschränkt glaubhaft. Diese differenzierende Bewertung der Glaubhaftigkeit einzelner Aussageteile hätte einer näheren Begründung bedurft, die das angefochtene Urteil in Gänze vermissen lässt. In diesem Zusammenhang wäre das Landgericht gehalten gewesen, auch die Angaben, welche die Geschädigte in ihren polizeilichen Vernehmungen am 1. und 14. März 2012 sowie in der Hauptverhandlung zu den weiteren Vergewaltigungen durch den Angeklagten gemacht hat, inhaltlich mitzuteilen und auf dieser Grundlage nachvollziehbar darzutun, aus welchen Erwägungen es die Schilderung der Tat im Oktober 2011 – abweichend von der Bewertung der die weiteren Vergewaltigungsvor-würfe betreffenden Aussageteile – als tragfähige Grundlage für eine sichere tatgerichtliche Feststellung des Tatgeschehens angesehen hat.“