In BGHZ 162, 98 hatte der BGH zu einem vereinbarten Verteidigerhonorar ausgeführt, dass die aus dem Überschreiten des fünffachen Satzes der gesetzlichen Gebühren herzuleitende Vermutung der Unangemessenheit des vereinbarten Verteidigerhonorars im Einzelfall nur entkräftet werden kann in Fällen ganz ungewöhnlicher, geradezu extremer einzelfallbezogener Umstände . Diese Rechtsprechung hat der BGH jetzt wohl im Hinblick auf die Rechtsprechung des BVerfG „modifiziert“. Es genüge vielmehr, wenn der Anwalt den Nachweis führe, dass die vereinbarte Vergütung im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände gleichwohl angemessen ist. Zu berücksichtigen seien dabei sowohl die Schwierigkeit und der Umfang als auch die Bedeutung und das Ziel der Sache sowie die Frage, inwieweit dieses Ziel für den Auftraggeber als Erfolg der Tätigkeit des Rechtsanwalts anzusehen ist. Der Sachverhalt der Entscheidung ist schon – auch wegen der Höhe der vereinbarten Gebühren – lesenswert. BGH, Urt. v. 04.02.2010, IX ZR 18/09.
Ich kann diese verteidigerkritische Rechtsprechung nicht nachvollziehen. Zum einen steht es unter dem Gesichtspunkt der Privatautonomie jedermann frei, auch hohe Honorare zu vereinbaren, zum anderen sind exorbitant hohe Beraterhonorare in zivilrechtlichen Angelegenheiten völlig üblich, ergeben sich zwangsläufig schon aus den hohen Streitwerten, wenn die Beauftragung in eine Vertretung mündet. Von den Honoraren, die Ex-Politiker für „Beratungen“ und kurze Vorträge erhalten, ganz zu schweigen. Niemand findet es anstößig, wenn eine Sozietät in einer Verwaltungs- oder Zivilsache fünfstellige Honorare kassiert.
Wenn ein Strafverteidiger, der oftmals ein Vielfaches an Arbeitsaufwand in komplizierte Wirtschaftsstrafsachen (60 Aktenbände à 400 Blatt) investieren muß, solche Honorare vereinbart, muß er sich rechtfertigen und über jede Minute seiner Tätigkeit Rechenschaft ablegen. Was unterscheidet einen Wirtschaftsstrafverteidiger denn von einem Wirtschaftsberater? Beide müssen über die gleichen Kompetenzen verfügen, beide arbeiten gleich viel. Dem einen wird Bewunderung und eine angemessene Honorierung zuteil, der andere sieht sich durch die Rechtsprechung stets in die Rolle des „Abzockers“ am Rande des Betruges gedrängt.
Jaja, der Anwalt darf weder zuviel noch zuwenig verdienen. Sind wir mal froh, dass wir überhaupt noch was abrechnen dürfen 😉
Hallo Herr Burhoff, liebe Kollegen,
diese Entscheidung kann, zumindest angesichts der im Raum stehenden Rückzahlungsforderung, wirklich Angst machen. Ich denke Neiddiskussionen und Polemiken helfen nicht weiter. Ich denke die Entscheidung müßte intensiv und fachkundig analysiert und erläutert werden 🙂 vieleicht in der StRR.
Das Ergebnis sollte ein Vorschlag einer hoffentlich funktionierenden Honorarvereinbarung sein. Folgende Punkte sehe ich aus der Entscheidung:
– Salvatorische Klausel (Habe ich bislang nicht)
– Nebenabreden in Honorarvereinbarung (dürfte durch RVG entschärft sein)
– Stundensatzhöhe (ggfs. mit Hinweisen auf Forschungsergebnisse der Soldanstiftung)
– Dokumentationspflicht bei Stundenvereinbarung
M.E. spielt hier die Zukunftsmusik. Gerade in Wirtschaftsverfahren sind Stundenhonorarvereinbarungen bei Mandanten durchaus beliebt, da sie die Anwaltsarbeit transparent machen (sollen).
– Wie kann man aber die große Abrechnung (Rückforderung) zum Schluss verhindern? Stillschweigende Anerkenntnis der bisher angefallenen Stunden durch Zahlung der Teilrechnung? Wohl problematisch bei Verbrauchern? Muss ich mir mit der Abrechnung schriftlich die Anerkenntnis der bisherigen Stunden bestätigen lassen? Vielleicht jeweils mit Hinweis, dass innerhalb einer Frist von 14 Tagen der Zeitanfall bestätigt werden muss, sonst ruht die Mandatsbearbeitung?
Fragen – Fragen – Fragen
Wer kann helfen außer Onkel Burhoff?
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