Das OLG Düsseldorf hatte sich in seinem OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.01.2012 – III-1 Ws 362/12 – mit der Frage zu befassen, wie lange eigentlich Rechtsanwaltsvergütung zurückgefordert werden kann. Zu der Entscheidung ist es in einem Festsetzungsverfahren gekommen, in dem eine Nebenklägervertreterin in einem Strafverfahren auch die Festsetzung von Haftzuschlägen beantragt hatte, weil der Angeklagte inhaftiert war. Die waren 2007 auf der Grundlage der damaligen Rechtsprechung des OLG Düsseldorf festgesetzt worden. 2011 hat die Nebenklägervertreterin ergänzende Kostenfestsetzung beantragt. Nun wurden die Haftzuschläge abgesetzt, nachdem das OLG Düsseldorf zwischenzeitlich seine Rechtsprechung geändert hatte. Es geht jetzt nämlich mit der h.M. – zutreffend – davon aus, dass es für den Haftzuschlag immer darauf ankommt, dass der jeweilige Mandant nicht auf freiem Fuß ist.
Gegen diese (Rück)Festsetzung hat sich die Nebenklägerinvertreterin gewendet und geltend gemacht, dass die Festsetzung nicht mehr geändert und damit zurückgefordert werden durfte. Sie hat beim OLG Düsseldorf Recht bekommen.
1. Die im Jahre 2007 erfolgte Kostenfestsetzung durfte im Jahre 2011 nicht mehr geändert werden. Aufgrund des erheblichen Zeitablaufs von fast vier Jahren war eine Rückforderung der zu Unrecht bewilligten Haftzuschläge ausgeschlossen. Denn eine Rückforderung von Rechtsanwaltsvergütung ist analog § 20 Abs. 1 Satz 1 GKG (vormals § 7 GKG) nur bis zum Ablauf des nächsten Kalenderjahres nach Mitteilung des Kostenfestsetzungsbeschlusses möglich. Nach dieser Vorschrift dürfen Gerichtskosten aufgrund eines berichtigten Ansatzes nur bis zum Ablauf des nächsten Kalenderjahres nach Absendung der (unrichtigen) Schlusskostenrechnung nachgefordert werden. Die Norm wird nach heute ganz herrschender Meinung auf die Rückforderung zu Unrecht festgesetzter Rechtsanwaltsvergütung analog angewendet …….“
Der Senat schließt sich der herrschenden Auffassung an. Die Interessenlage bei der Nachforderung, auf die sich die Regelung in § 20 Abs. 1 GKG bezieht, entspricht strukturell derjenigen bei der Rückforderung, die sich bei erfolgreicher Erinnerung der Staatskasse nach § 56 Abs. 1 Satz 1 RVG ergibt. In beiden Fällen verlangt die Staatskasse von dem Betroffenen eine Zahlung. Ein tragfähiger Grund, beide Fälle unterschiedlich zu behandeln, ist nicht ersichtlich. Das RVG ist insoweit erkennbar lückenhaft. § 20 Abs. 1 Satz 1 GKG konkretisiert den allgemeinen Vertrauensschutzgedanken, der auch hinter dem Rechtsinstitut der Verwirkung (§ 242 BGB) steht (vgl. auch – sehr weitgehend – Hartmann, Kostengesetze, 41. Aufl. 2011, § 56 Rn. 3, der wegen des Vertrauensschutzes die Erinnerung schon nach der Auszahlung der festgesetzten Vergütung für unzulässig hält). Die analoge Rechtsanwendung schließt die bestehende Lücke.
Damit steht die Antwort auf die o.a. Frage also fest: Eine Rückforderung von Rechtsanwaltsvergütung ist nur bis zum Ablauf des nächsten Kalenderjahres nach Mitteilung des Kostenfestsetzungsbeschlusses möglich. Es ist also ggf. Eile für die Staatskasse geboten. Ist m.E. aber auch zutreffend, weil sonst noch längere Zeit nach einer Entscheidung liegende Rechtsprechungsänderungen zu Rückforderungen führen könnten