Und dann der „Gebührenfreitag“ in 2024. Ich stelle in den beiden Postings dann heute noch einmal Entscheidungen zur Auslagenerstattung nach Einstellung des Verfahrens vor.
Ich beginne mit dem zur Anfechtbarkeit der Kosten-/Auslagenentscheidung. Ergangen ist der LG Karlsruhe, Beschl. v. 10.12.2024 – 16 Qs 79/24 – in einem Bußgeldverfahren. Dieses war gegen Betroffenen wegen eines vor dem Inkrafttreten des 6. Gesetz zur Änderung des StVG und weiterer straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften am 22.08.2024 begangenen Verstoßes gegen § 24a Abs. 2 StVG anhängig. Das Verfahren ist dann nach Inkrafttreten der Neuregelung des § 24a Abs. 2 OWiG vom AG wegen der Gesetzesänderung nach §§ 46 Abs. 1 OWiG, 206b StPO eingestellt worden; die Kosten des Verfahrens wurden der Staatskasse auferlegt, nicht aber die notwendigen Auslagen des Betroffenen. Der Verteidiger des Betroffenen hat dagegen sofortige Beschwerde eingelegt. Das LG hat diese als zulässig und begründet angesehen:
„Die von der Verteidigung mit rechtzeitig beim Amtsgericht Pforzheim eingegangenem Schriftsatz vom 22.11.2024 eingelegte „Anhörungsrüge“ ist als sofortige Beschwerde gegen den Kosten- und Auslagenausspruch des Beschlusses vom 13.11.2024 auszulegen und als solche sowohl zulässig als auch begründet.
Entscheidungen nach § 206b StPO sind gemäß Satz 2 der Vorschrift mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Zwar ist nach h.M. der Angeklagte (im Bußgeldverfahren, für das § 206b StPO über § 46 Abs. 1 OWiG unmittelbar gilt, der Betroffene) nicht beschwerdeberechtigt, wenn das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, weil es ihm an einer Beschwer fehlt (MüKoStPO/Wenske, 2. Aufl. 2024, StPO § 206b Rn. 32 m.w.N.), dies stellt aber keinen Hinderungsgrund für eine Anfechtung der Kosten- und Auslagenentscheidung im Sinne des § 464 Abs. 3 S. 1 StPO dar – unstatthaft ist die sofortige Beschwerde dann, wenn die betroffene Person unabhängig von der Frage der Beschwer nicht zur Einlegung des Rechtsmittels befugt ist, nicht aber, wenn von einem statthaften Rechtsmittel gegen die Hauptentscheidung lediglich kein Gebrauch gemacht wurde oder lediglich einem bestimmten Beschwerdeführer bei grundsätzlicher Statthaftigkeit des Rechtsmittels dieses mangels (individueller) Beschwer im Einzelfall nicht zusteht (OLG Köln StraFo 2017, 295 = BeckRS 2017, 113455; OLG Düsseldorf BeckRS 2012, 13681; OLG Köln NStZ-RR 2010, 392; Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt Rn. 19; KK-StPO/Gieg, 9. Aufl. 2023, StPO § 464 Rn. 8).
Auch ist der Beschwerdewert des § 304 Abs. 3 StPO erreicht.
In der Sache sind die Verfahrenskosten und die notwendigen Auslagen des Angeklagten bzw. Betroffenen im Falle einer Einstellung nach § 206b StPO nach allgemeiner Meinung grundsätzlich von der Staatskasse zu tragen, weil die Entscheidung einen Freispruch ersetzt. Neben § 467 Abs. 1 StPO gelten auch dessen Abs. 2 sowie Abs. 3 S. 1 und S. 2 Nr. 1; § 467 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 StPO, der nur echte Verfahrenshindernisse betrifft, ist nicht anwendbar (KK-StPO/Schneider, 9. Aufl. 2023, StPO § 206b Rn. 10; OLG München NJW 1974, 873; OLG Hamburg MDR 1975, 511). Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 465 StPO analog, § 46 Abs. 1 OWiG.“