Und dann – seit längerem mal wieder – Haftentscheidungen.
Ich beginne mit dem OLG Karlsruhe, Beschl. v. 14.05.2024 – 3 Ws 128/24. Das ist „Annexentscheidung“ zu einer der ersten Entscheidungen zum KCanG. Die vom OLG entschiedene Frage hat aber nichts mit den Neuerungen des KCanG zu tun.
Der Beschuldigte hat sich in einem Ermittlungsverfahren wegen des dringenden Tatverdachts der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in U-Haft befunden.Von dem Vorwurf ist er am 12.04.2024 frei gesprochen worden, mit Beschluss vom selben Tag der Haftbefehl des AG aufgehoben.
Gegen das Urteil hat die Staatsanwaltschaft Revision und gegen den Beschluss vom 12.04.2024 Beschwerde eingelegt. Über die hat dann das OLG entschieden. Das Rechtsmittel war nicht erfolgreich:
„Gemäß § 120 Abs. 1 Satz 1 StPO ist ein Haftbefehl aufzuheben, sobald die Voraussetzungen der Untersuchungshaft nicht mehr vorliegen oder sich ergibt, dass die weitere Untersuchungshaft zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung außer Verhältnis stehen würde. Als Sonderfall hiervon wird in § 120 Abs. 1 Satz 2 StPO der Fall des Freispruchs behandelt. Im Falle eines Freispruchs wird gesetzlich vermutet, dass ein dringender Tatverdacht nicht mehr besteht, das heißt, dass die‘, Haftvoraussetzungen weggefallen sind oder dass wenigstens die Haft zu dem endgültigen Verfahrensergebnis in keinem angemessenen Verhältnis mehr steht (vgl. Senat, Beschluss vom 12.101.1981 – 3.Ws 9/81, NStZ 1981, 192, beck-online). Die Vermutung wird bereits durch den bloßen Akt der freisprechenden Entscheidung begründet, ohne dass es auf deren Richtigkeit oder Rechtskraft ankommt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29. 7. 1999 – 2 Ws 227/99, NStl.1999, 585, beck-online; Lind in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl. 2019, § 120, Rn. 33). Der Haftbefehl ist in den Fällen des § 120 Abs. 1 Satz 2 StPO deshalb auch dann aufzuheben ist, wenn der Freispruch als fehlerhaft erkannt ist und die Voraussetzungen der Untersuchungshaft noch vorliegen (Und in Löwe-Rosenberg a.a.O.). Da die Prüfung der Erfolgsaussichten einer staatsanwaltschaftlichen Revision alleine dem Revisionsgericht obliegt, ist dem Senat als Haftbeschwerdegericht eine eigene verbindliche Prüfung im Hinblick auf tatsächliche oder vermeintliche offensichtliche Revisionsfehler verwehrt (vgl. KK-StPO/Gericke, 9. Aufl. 2023, StPO § 120 Rn. 11).
Aufgrund der gesetzlichen Vermutung des § 120 Abs. 1 Satz 2 StPO darf bis zu der Entscheidung des Rechtsmittelgerichts erneute Untersuchungshaft nur auf Grund neuer Tatsachen und. Beweismittel angeordnet werden; eine andere tatsächliche oder rechtliche Beurteilung reicht dafür nicht aus (vgl. Senat, Beschluss vom 12.01.1981 – 3 Ws 9/81, aaO; OLG Hamm, Beschluss vom 11. August 1980 — 3 Ws 430/80 —, Rn. 4, juris). Da neue Beweismittel hier nicht vorliegen, kann die Haftbeschwerde der Staatsanwaltschaft keinen Erfolg haben.“