Pflichti III: Beschwerde gegen „Pflichti-Bestellung“?, oder: Auch der „Pflichti“ brauchte eine Vollmacht

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Und dann habe ich noch zwei Entscheidungen von der „Pflichtverteidigerresterampe“ 🙂 .

Zunächst kommt hier der BGH, Beschl. v. 15.08.2023 – StB 28/23. Der Ermittlungsrichter des BGH hat dem Beschuldigten gemäß § 140 Abs. 1 Nr. 1, § 144 Abs. 1 StPO Rechtsanwalt A. und einen weiteren Rechtsanwalt als Pflichtverteidiger bestellt. Dagegen wendet sich der Beschuldigte, dessen Rechtsmittel verfristet war. Im Übrigen führt der BGH aus:

„Ungeachtet dessen ist das Rechtsmittel auch mangels Beschwer unzulässig. Denn durch die Bestellung eines Pflichtverteidigers als solche ist ein Beschuldigter im Regelfall nicht beschwert; er kann diese daher grundsätzlich nicht anfechten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. März 1998 – 2 BvR 291/98, NJW 1998, 2205; BGH, Beschlüsse vom 15. November 2022 – StB 51/22, NStZ 2023, 115 Rn. 4 mwN; vom 3. Mai 2023 – StB 21/23, juris Rn. 2). Das in Art. 6 Abs. 3 Buchst. c EMRK gewährleistete Recht auf Selbstverteidigung wird durch eine Pflichtverteidigerbestellung in den Fällen der notwendigen Verteidigung nicht berührt (vgl. EGMR, Urteil vom 25. September 1992 – 13611/88, EuGRZ 1992, 542 Rn. 29 ff.; BGH, Beschlüsse vom 15. November 2022 – StB 51/22, NStZ 2023, 115 Rn. 4 mwN; vom 3. Mai 2023 – StB 21/23, juris Rn. 2). Eine etwaige spätere Belastung des Beschuldigten mit den Kosten des Pflichtverteidigers nach einer rechtskräftigen Verurteilung begründet im Erkenntnisverfahren kein Rechtsschutzbedürfnis (BGH, Beschluss vom 3. Mai 2023 – StB 21/23, juris Rn. 2; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24. Februar 1986 – 1 Ws 155/86, MDR 1986, 604, 605; Thüringer OLG, Beschluss vom 10. Mai 2012 – 1 Ws 173/12, NStZ-RR 2012, 317).

Eine Beschwer durch eine Pflichtverteidigerbestellung kommt zwar ausnahmsweise in Betracht, wenn der bestellte Verteidiger wegen mangelnder Eignung oder Interessengegensatzes unfähig erscheint, die Verteidigung ordnungsgemäß zu führen, oder der Beschuldigte in seinem Recht auf Bezeichnung des zu bestellenden Verteidigers und dessen Beiordnung aus § 142 Abs. 5 Satz 1 und 3 StPO betroffen ist (BGH, Beschlüsse vom 15. November 2022 – StB 51/22, NStZ 2023, 115 Rn. 5 mwN; vom 3. Mai 2023 – StB 21/23, juris Rn. 3; OLG Celle, Beschluss vom 17. September 1987 – 3 Ws 239/87, NStZ 1988, 39; OLG Köln, Beschluss vom 15. Juli 2005 – 2 Ws 283/05 u.a., juris Rn. 6). Derartiges hat indes weder der Beschuldigte geltend gemacht, noch gibt es hierfür Anhaltspunkte. Der Beschuldigte hatte den bestellten Pflichtverteidiger zuvor nicht nur selbst bevollmächtigt, sondern auch seine Zustimmung zur beabsichtigten Beiordnung erteilt. Ferner hat er im Beschwerdeverfahren mitgeteilt, er wünsche die weitere Verteidigung durch beide bestellten Pflichtverteidiger.“

Und dann habe ich noch den AG Regensburg, Beschl. v. 18.08.2023 – 30 Cs 126 Js 27714/19 (2). Auch nichts Neues, sondern nur ein Reminder daran, dass auch der Pflichtverteidiger ggf. eine (Vertretungs)Vollmacht braucht:

Ist der Pflichtverteidiger ohne Vollmacht nach § 411 Abs. 2 Satz 1 StPO im Hauptverhandlungstermin anwesend, ist eine von ihm dennoch erklärte Rücknahme des Einspruchs gegen einen Strafbefehl unwirksam.

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