Nach längerer Zeit heute dann im „Kessel Buntes“ mal wieder zwei Entscheidungen zum beA.
Ich beginne mit dem OLG Hamm, Beschl. v. 20.07.2023 – 4 ORs 62/23 – zur Frage der Anwendung des § 32d Satz 2 StPO gilt auch in dem Fall, in dem der übermittelnde Rechtsanwalt selbst Angeklagter des Strafverfahrens ist.
Hier hatte das AG den Angeklagten wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verurteitl. Dagegen die Revision des Angeklagten, die er nicht per beA übermittelt, sondern nur per Fax. Das OLG hat die Revision auf Antrag der StA als unzulässig verworfen:
„Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Antragsschrift vom 05. Juni 2023, die dem Angeklagten zur Stellungnahme übersandt worden ist, zu dem Rechtsmittel des Angeklagten Folgendes ausgeführt:
„I.
Das Amtsgericht Münster hat den Angeklagten durch Urteil vom 09.03.2023 (37 Ds 214/22) wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen verurteilt (Bl. 39 ff. d. A.). Gegen dieses in Anwesenheit des Angeklagten verkündete (Bl. 33 ff. d. A.) und auf Anordnung des Vorsitzenden vom 17.03.2023 (Bl. 41 d. A.) dem Angeklagten am 25.03.2023 zugestellte (Bl. 41, 41R d. A.) Urteil hat der Angeklagte mit am 15.03.2023 bei dem Amtsgericht Münster eingegangenem Schreiben vom 15.03.2023 (Bl. 38 d. A.) Rechtsmittel eingelegt und dieses mit weiteren, am 25.04.2023 eingegangenem Schreiben vom selben Tag (Bl. 46 d. A.) als Revision bezeichnet und mit der Verletzung materiellen Rechts begründet.
II.
Die Revision ist bereits nicht wirksam eingelegt (zu vgl. BGH, Beschl. v. 08.09.2022 – 3 StR 251/22 – (LG Kleve)).
Nach den seit dem 01. Januar 2022 geltenden § 32d S. 2 StPO müssen Verteidiger und Rechtsanwälte unter anderem die Revision und ihre Begründung als elektronisches Dokument übermitteln. Insoweit handelt sich ein Form- und Wirksamkeitsvoraussetzung der jeweiligen Prozesshandlung. Ihre Nichteinhaltung bewirkt die Unwirksamkeit der Erklärung (vgl. BGH, Beschluss vom 24.05.2022 – 2 StR 110/22 -, Rdnr. 3; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl., § 32d Rdnr. 2 m. w. N.).
Diesen Anforderungen genügen die Revisionseinlegung und die Revisions-begründung nicht. Denn der Angeklagte hat seine Revision lediglich mit einem per Fax übermitteltetn bzw. im Briefkasten des Amtsgerichts hinterlegt.
Anhaltspunkte dafür, dass eine elektronische Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich war (§ 32d, S. 3 StPO) sind nicht dargetan.“
Diesen zutreffenden Ausführungen schließt der Senat sich nach eigener Sachprüfung an. Ergänzend führt der Senat Folgendes aus: Die Verpflichtung zur elektronischen Übermittlung der Revisionsschrift und Revisionsbegründungsschrift gilt auch in dem – hier vorliegenden – Fall, in dem der übermittelnde Rechtsanwalt selbst Angeklagter des Strafverfahrens ist. Der Begriff „Rechtsanwälte“ in § 32d StPO ist insoweit statusrechtlich zu verstehen und erfasst Personen, die als Rechtsanwalt zugelassen sind und für die als solche durch die Bundesrechtsanwaltskammer ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach eingerichtet worden ist, § 31a Abs. 1 BRAO. Die Verpflichtung zur elektronischen Einreichung schließt nicht die Möglichkeit des Rechtsanwalts aus, die in Rede stehenden Erklärungen mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle abzugeben (vgl. Köhler in: Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung, 66. Auflage 2023, § 32d StPO Rn. 1 m.w.N.). Von dieser Möglichkeit hat der Angeklagte keinen Gebrauch gemacht.“
Ebenso bzw. ähnlich hat bereits das OLG Brandenburg im OLG Brandenburg, Beschl. v. 13.06.2022 – 1 OLG 53 Ss-OWi 149/22 – entschieden.
„Nach den seit dem 01. Januar 2022 geltenden § 32d S. 2 StPO müssen VERTEIDIGER und Rechtsanwälte unter anderem die Revision und ihre Begründung als elektronisches Dokument übermitteln.“
Hier frage mich mich allerdings:
Was ist, wenn als Verteidiger ein „Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt “ (§ 138 Abs. 1 StPO) auftritt, der nicht Rechtsanwalt ist, also auch kein beA hat? (Falls auch für solche Personen ein beA eingerichtet wird, wäre ich für einen entsprechenden Hinweis dankbar.)
Dann müsste § 32d S. 2 StPO insoweit nicht anwendbar sein, denn Unmögliches kann bekanntlich nicht verlangt werden.
https://www.burhoff.de/asp_weitere_beschluesse/inhalte/7395.htm
Die zitierte Entscheidung war sehr hilfreich. Danke!