Heute dann ein Strafzumessungstag, an dem ich zwei BGH-Entscheidungen und einen KG-Beschluss vorstellen möchte.
Den Opener mache ich hier mit dem BGH, Beschl. v. 13.10.2022 – 4 StR 174/22 -, der in einem Verfahren mit dem Vorwurf des versuchten Mordes ergangen ist. Da hat der BGH angemerkt:
„Soweit das Landgericht bei der konkreten Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten berücksichtigt hat, dass er in Kenntnis der Eskalation aggressiv in den Konflikt gezogen sei, die Geschehnisse kein gutes Ende haben nehmen können und die Beteiligten nicht nur tatsächlich „sondern auch im metaphorischen Sinn“ immer weiter in eine Sackgasse geraten seien, an deren Ende nur eine „Schlacht“ habe stehen können, bleibt unklar, welchen anerkannten Strafzumessungsgesichtspunkten zur Beurteilung von Tat und Täter diese Erwägungen zuzuordnen sind. Vielmehr liegt die Annahme nahe, dass sich das Landgericht an dieser Stelle auf unklare, weil gefühlsmäßig bestimmte oder moralisierende Gründe gestützt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 3. August 2021 – 2 StR 217/21 Rn. 5 mwN; Beschluss vom 22. Oktober 2020 – 2 StR 232/20; Beschluss vom 6. Februar 2018 – 2 StR 173/17).
Die weitere strafschärfend berücksichtigte Wertung der Strafkammer, die Tat gefährde das Sicherheitsgefühl der Allgemeinheit, lässt besorgen, dass sich das Landgericht rechtsfehlerhaft von generalpräventiven Erwägungen zur Verteidigung der Rechtsordnung leiten ließ und ihm damit der erforderliche Bezug zur konkreten Tat aus dem Blick geraten ist (vgl. BGH, Urteil vom 4. Dezember 2018 – 1 StR 477/18 Rn. 12; BGH, Urteil vom 3. Oktober 1989 – 1 StR 372/89 Rn. 15, BGHSt 36, 255-259, BGHR StGB § 46 I Generalprävention 4). Die Annahme, die Tat gefährde das Sicherheitsgefühl der Allgemeinheit, ist im Übrigen auch nicht – etwa durch die Feststellung einer gemeinschaftsgefährlichen Zunahme solcher oder dem Tatbild nach ähnlicher Taten – hinreichend belegt (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 17. Februar 1993 – 2 StR 31/93, BGHR StGB § 46 I Generalprävention 7 mwN; Beschluss vom 5. April 2005 – 4 StR 95/05).
Der Senat kann jedoch angesichts des Tatbildes und der mit besonderem strafschärfendem Gewicht berücksichtigten schwerwiegenden Folgen für den Geschädigten ausschließen, dass sich die rechtsfehlerhaften Erwägungen bei der Bemessung der Freiheitsstrafe von acht Jahren ausgewirkt haben.“