OWi II: Wirksamkeit der Beschränkung des Einspruchs, oder: Beschränkung auf die Höhe der Geldbuße

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Die zweite Entscheidung, der OLG Brandenburg, Beschl. v. 28.02.2022 – 1 OLG 53 Ss-OWi 28/22 – behandelt eine verfahrensrechtliche Problematik, und zwar die Frage: Kann der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid wirksam auf die Höhe der Geldbuße beschränkt werden? Das OLG meint, ja:

„1. Die vom Senat aufgrund der zulässig erhobenen Sachrüge von Amts wegen durchzuführende Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen ergibt, dass der Betroffene seinen Einspruch gegen den Bußgeldbescheid vom 15. November 2019 in der Hauptverhandlung vom 09. Juli 2020 wirksam auf die Höhe der Geldbuße beschränkt hat, so dass die tatsächlichen Feststellungen des Bußgeldbescheids zum Schuldspruch sowie das weiterhin verhängte Fahrverbot von zwei Monaten unter Einräumung der Gestaltungsmöglichkeit des § 25 Abs. 2a StVG in Rechtskraft erwachsen sind.

a) Gemäß § 67 Abs. 2 OWiG kann der Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden, sofern der Bußgeldbescheid den gesetzlichen Anforderungen des § 66 Abs. 1 OWiG entspricht. Die Wirksamkeit der Einspruchsbeschränkung setzt zusätzlich voraus, dass der Beschwerdepunkt nach dem inneren Zusammenhang des Urteils losgelöst von seinem nicht angefochtenen Teil rechtlich und tatsächlich unabhängig beurteilt werden kann, ohne eine Überprüfung im Übrigen erforderlich zu machen, und dass die nach dem Teilrechtsmittel stufenweise entstehende Gesamtentscheidung frei von inneren Widersprüchen bleibt (vgl. BGH, Beschluss vom 09. Oktober 2018 – KRB 10/17 – m.w.N.).

Zwar ist von der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass die Beschränkung eines Einspruchs auf die Anordnung eines Fahrverbots wegen der Wechselwirkung von Fahrverbot und Geldbuße unwirksam ist. Eine Beschränkung des Einspruchs auf die Höhe der Geldbuße wird indes für möglich erachtet, denn die der Beschränkung auf die Fahrverbotsanordnung entgegenstehende Wechselwirkung von Geldbuße und Fahrverbot ist bei einer Beschränkung auf die Höhe der Geldbuße gerade nicht gegeben, da eine Herabsetzung der Geldbuße keinen Grund darstellt, ein im Bußgeldbescheid zudem angeordnetes Regelfahrverbot zu verlängern, zu verkürzen oder wegfallen zu lassen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 16. Januar 2012 – III-2 RBs 141/11 –; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 02. November 2016 – IV-2 RBs 157/16 –; Krumm, Fahrverbot in Bußgeldsachen, S. 457, § 19 Rn. 6; ders. in: DAR 2012, 218; Seitz in: Göhler, OWiG, 18. Aufl., 2021, § 67 Rn. 34g m.w.N.; van Endern in: Ory/Weth, jurisPK-ERV Band 4, 1. Aufl., § 67 OWiG (Stand: 28.08.2020), Rn. 42; Grube in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., OWiG – Bezüge zum Straßenverkehrsrecht (Stand: 01.12.2021); Krenberger, jurisPR-VerkR 18/2012, jurisPR-VerkR 3/2017). Dieser Rechtsauffassung schließt sich der Senat an.

b) Der Bußgeldbescheid entspricht den gesetzlichen Anforderungen des § 66 Abs. 1 OWiG. Zwar sind ihm keine ausdrücklichen Angaben zur Schuldform zu entnehmen. Dies steht der Wirksamkeit der Einspruchsbeschränkung indes nicht entgegen. Aus dem Umstand, dass der Regelsatz des Bußgeldkatalogs verhängt worden ist, ist vielmehr zu folgern, dass dem Bußgeldbescheid die Annahme einer fahrlässigen Tatbegehung zugrunde liegt (vgl. OLG Hamm, a.a.O.; KG Berlin, Beschlüsse vom 26. August 2020 – 3 Ws (B) 163/20 –, vom 6. November 2019 – 3 Ws (B) 334/19 – und 6. März 2018 – 3 Ws (B) 73/18 –).

c) Mit zutreffenden Erwägungen ist der Bußgeldrichter von einer wirksamen Beschränkung des Einspruchs auf die Höhe der Geldbuße ausgegangen, da diese weder widersprüchlich noch auslegungsbedürftig ist. Die Einspruchsbeschränkung wurde sowohl vom Betroffenen als auch von der Verteidigerin in der Hauptverhandlung erklärt und die entsprechende Protokollierung von beiden nach lautem Vorlesen bestätigt. Insbesondere spricht die Tatsache, dass der Betroffene ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls vom 09. Juli 2020 vor der Einspruchsbeschränkung erklärt hat, er habe die Geschwindigkeitsbeschränkung nicht wahrgenommen, nicht dafür, dass der Betroffene sich auch gegen das verhängte Fahrverbot wenden wollte, denn nicht jedes behauptete Augenblicksversagen führt zwangsläufig zu einem Wegfall des Fahrverbots. Eine derartige Einlassung kann nämlich auch dazu dienen, Einfluss auf die Höhe der Geldbuße zu nehmen, weshalb ein widersprüchliches Verhalten des Betroffenen insoweit nicht erkennbar ist. Dass der Betroffene im Zusammenhang mit der vorgenommenen Einspruchsbeschränkung Erklärungen abgegeben hat, aus denen erkennbar wäre, dass es dem Betroffenen nicht allein um die Reduzierung der im Bußgeldbescheid angeordneten Geldbuße geht, ist weder vorgetragen noch ersichtlich (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 30. Oktober 2017 – 3 Ss OWi 1206/17 –).

Soweit sich in der Hauptverhandlung vom 27. September 2021 Verteidigungsvorbringen gegen die Ordnungsgemäßheit der Messung richtete, war dies nicht geeignet, die Wirksamkeit der zuvor erfolgten Beschränkung des Einspruchs in Zweifel zu ziehen, denn ein einmal wirksam erklärter Rechtsmittelverzicht ist unwiderruflich und unanfechtbar (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Auflage, § 302 Rn. 9 m.w.N.). Nachträgliches Verteidigungsvorbringen in einer weiteren Hauptverhandlung gibt dem Gericht jedenfalls keinen Anlass, die Wirksamkeit einer zuvor als wirksam angesehenen Rechtsmittelbeschränkung einer erneuten Prüfung zu unterziehen.

Der Schuldspruch und die Feststellungen zur Geschwindigkeitsüberschreitung und der Rechtsfolgenausspruch bzgl. des im Bußgeldbescheid verhängten Fahrverbots sind somit in Rechtskraft erwachsen.“

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