Das Wochenende naht und daher dann heute – es ist Freitag – hier RVG-Thematik.
Zunächst eine falsche Entscheidung des OLG Hamm, mit der der richtige LG Detmold, Beschl. v. 18.12.2020 – 23 Qs-21 Js 463/18-142/20 – aufgehoben worden ist (zu LG Detmold s. Rücknahme der Revision der StA, oder: Wie ist das dann mit der Verfahrensgebühr des Verteidigers?).
Es geht um die Erstattung der Verfahrensgebühr im Fall der Rücknahme eines Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft vor dessen Begründung. Das LG hatte dem Verteidiger die Nr. 4130 VV RVG erstattet. Das OLG sieht es in seiner unermesslichen Weisheit anders – man mag diesen obergerichtlichen Blödsinn nicht mehr lesen, aber man liest ihn immer wieder, weil nur fröhlich voneinander abgeschrieben wird. Getreu dem Motto: Es machen alle falsch, also schließen wir uns an.
Und da wir die falsche Begründung des OLG Hamm im OLG Hamm, Beschl. v. 13.04.2021 – 4 Ws 22/21 – so oder ähnlich ja nun alle schon mal gelesen haben, wollen wir ihr nicht zu viel Ehre antun. Ich stelle sie hier nicht ein, sondern lasse den Leitsatz reichen:
Für die Tätigkeit des Verteidigers besteht bei alleinigem Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft eine rechtliche Notwendigkeit solange nicht, wie diese ihre Revision nicht begründet hat. Zwar hat ein Angeklagter durchaus ein anzuerkennendes Interesse, eine anwaltliche Einschätzung der Erfolgsaussichten der von der Staatsanwaltschaft eingelegten Revision zu erhalten. Vor Zustellung des Urteils und Begründung der Revision beschränkt sich dieses Interesse aber auf ein subjektives Beratungsbedürfnis, während hingegen objektiv eine Beratung weder erforderlich noch sinnvoll ist.“
Man fragt sich – zumindest ich frage mich – immer wieder, warum entscheiden weitgehend fast alle OLG so negativ wie das OLG Hamm und propagieren damit eine (Pflicht)Verteidigung zum Nulltarif, die es nicht gibt, was der Gesetzgeber gerade erst mit der Stärkung/Erweiterung des Rechts auf einen Pflichtverteidiger durch das „Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung“ v. 10.12.2019 (BGBl I, S. 2128) deutlich gemacht hat? Eine mögliche Erklärung ist, dass man damit die vielfache Praxis der Staatsanwaltschaften, zunächst mal Revision einzulegen, diese dann aber – aus welchen Gründen auch immer – vor Begründung wieder zurückzunehmen, absegnet bzw. für die Staatsanwaltschaft kostenrechtlich ungefährlich macht. Denn: Zu erstattende Kosten sind ja nicht entstanden, da der Beschuldigte ja keinen Anspruch darauf hat, über ein ggf. auch unsinniges Rechtsmittel informiert/beraten zu werden. Also ein rein fiskalisches Interesse der OLG, Staatsanwaltschaften und Vertretern der Landeskassen, dass die durch das o.a. Gesetz verfolgten Ziele der Stärkung der Rechte des Beschuldigten konterkariert.