Am heutigen Donnerstag dann wieder Pflichtverteidigungsentscheidungen.
Den Opener macht in dem Zusammenhang der BGH, Beschl. v. 16.12.2020 – 2 StR 299/20. Der BGH hat ein bei ihm anhängiges Revisionsverfahren wegen eines „offenkundigen Mangels“ der Verteidigung an das LG zurückgegeben, damit dort ein neuer Pflichtverteidiger bestellt werden kann, der dann die Mängel ausbügeln kann/muss:
„Der Senat stellt die Entscheidung über das fristgerecht eingegangene, entsprechend § 300 StPO als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 22. April 2020 auszulegende Gesuch des Angeklagten sowie gegebenenfalls über den Antrag nach § 346 Abs. 2 StPO zurück.
Die Sache ist zur Bestellung eines neuen Pflichtverteidigers an das Landgericht zurückzugeben. Es liegt hier ein „offenkundiger Mangel“ der Verteidigung vor. Der Verteidiger, Rechtsanwalt B. , hat nicht, wie es seine Pflicht gewesen wäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. Mai 1983 – 2 BvR 731/80, NJW 1983, 2762, 2765), die Revision des Angeklagten form- und fristgerecht begründet und auf das Anschreiben des Senats zur Stellungnahme zu dem Antrag des Generalbundesanwalts nicht reagiert. In dieser Situation verlangt Art. 6 Abs. 3 Buchst. c MRK nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte positive Maßnahmen seitens der zuständigen Behörden, um diesem Zustand abzuhelfen (EGMR, Urteil vom 10. Oktober 2002 – 38830/97, NJW 2003, 1229, 1230). Dies wird das Landgericht durch Bestellung eines neuen Pflichtverteidigers zu veranlassen haben (vgl. Senat, Beschluss vom 28. Juni 2016 – 2 StR 265/15, StraFo 2016, 382; BGH, Beschluss vom 18. Januar 2018 – 4 StR 610/17, NStZ-RR 2018, 84).
Der Senat weist darauf hin, dass der neu beizuordnende Pflichtverteidiger ab seiner Bestellung form- und fristgerecht die Revision zu begründen haben wird. Das wird den Senat in die Lage versetzen, über das anhängige Wiedereinsetzungsgesuch und gegebenenfalls über den Antrag nach § 346 Abs. 2 StPO zu befinden (vgl. BGH, Beschluss vom 11. März 2020 – 4 StR 68/20).“
Hat der Kollege B. aber eine klatschende Ohrfeige erhalten.
Stellt sich die Frage, ob die allgemeine Sachrüge genug gewesen wäre oder man mehr fordern darf. Vermutlich nur ersteres.
Mit der allgemeinen Sachrüge ist ordnungsgemäß begründet.
Und nicht mal die vermochte der Kollege zu Papier zu bringen und bis aufs Fax zu tragen? Das ist aber sehr mager 😉 Und was macht die RAK in solchen Fällen? Vermutlich mal wieder nichts.
Gegenfrage: Was macht die Justiz mit Richtern, deren Urteil vom OLG/BGH mit harschen Worten aufgehoben werden oder die das BVerfG rügt?
Die Justiz macht da auch viel zu wenig, wenn man mich fragt. Da wäre ich durchaus für Gleichbehandlung. So ein rudimentäres Mindestmaß an Qualität sollte doch machbar sein. Meine Kritik geht da in alle Richtungen, ich spare da auch die eigenen Kollegen nicht aus (was man da manchmal so liest, da gruselt es einen ja). Sollte nicht einseitig nach Anwaltsbashing klingen, sorry 😉