Ich hatte neulich über den LG Bad Kreuznach, Beschl. v. 12.08.2020 – 2 Qs 93/20– berichtet. Inhalt: Nachträgliche Bestellung, die das LG anders entschieden hat als die h.M. (vgl. hier Pflichti I: Nochmals nachträgliche Beiordnung, oder: LG Bad Kreuznach falsch, LG Halle richtig).
Anders als das LG, also wie die h.M. , macht es das AG Bad Kreuznach im AG Bad Krueznach, Beschl. v. 29.10.2020 – 43 Gs 1054/20:
„Die Voraussetzungen der Pflichtverteidigerbestellung lagen im Zeitpunkt der Antragstellung vor. Der Beschuldigte befand sich im (wenn auch offenen) Strafvollzug, § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO. Die rückwirkende Bestellung kann nicht gemäß § 141 Abs. 2 §. 3 StPO abgelehnt werden.
Über den Antrag hätte unverzüglich entschieden werden müssen, die Staatsanwaltschaft bzw. die Polizei hätte den Beiordnungsantrag unverzüglich dem Gericht zur Entscheidung vorlegen müssen.
Im Zeitpunkt der Antragstellung war noch keine Verfahrenseinstellung beabsichtigt; außerdem sind nach Antragstellung andere Untersuchungshandlungen als Einholung von Registerauskünften oder Beiziehung von Urteilen und Akten getätigt worden, nämlich solche mit Außenwirkung, wie die Vernehmung des ebenfalls als Beschuldigten geführten pp. und Befragungen in pp. s. BI. 53ff und 59f). Das Gericht erachtet im Übrigen auch eine rückwirkende Verteidigerbestellung nach Verfahrensabschluss zumindest in denjenigen Fällen für möglich (und nicht etwa für prozessual überholt), in denen der entsprechende Beiordnungsantrag noch rechtzeitig vor dem Verfahrensende gestellt wurde. Der Hinweis, dass die §§ 140 ff. weder dem Kosteninteresse des Verteidigers noch des Beschuldigten dienen, übergeht Art. 6 Abs. 3 lit. c EMRK, der ausdrücklich den mittellosen Beschuldigten erwähnt und somit auch das Kosteninteresse des Beschuldigten in seinen Schutzzweck aufnimmt; LG Frankenthal Beschl. v. 16.6.2020 — 7 Qs 114/20, BeckRS 2020, 14117 Rn. 3, beck-online.“