Vertrag über Kfz-Schadensgutachten, oder: Unwirksamkeit von Abtretungsklauseln

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Die zweite Entscheidung kommt heute auch vom BGH. Dort hat der 6. Zivilsenat im BGH, Urt. v. 18.02.2020, Az. VI ZR 135/19 – über die Wirksamkeit der in einem Vertrag über die Erstellung eines Kfz-Schadensgutachtens enthaltenen formularmäßigen Klausel entschieden. Nach dieser Klausel trat der Geschädigte dem Sachverständigen in Bezug auf dessen Honoraranspruch „erfüllungshalber“ seinen auf Ersatz der Sachverständigenkosten gerichteten Schadensersatzanspruch gegen den Schädiger ab. Der BGH sagt: Unwirksam ist, wenn in dem Vertrag gleichzeitig folgende Klausel enthalten ist: „Das Sachverständigenbüro kann die Ansprüche gegen mich geltend machen, wenn und soweit der regulierungspflichtige Versicherer keine Zahlung oder lediglich eine Teilzahlung leistet. In diesem Fall erhalte ich die Forderung zurück, um sie selbst gegen die Anspruchsgegner durchzusetzen.“:

„1. Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragsgegners daraus ergeben, dass eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, die Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Er muss einerseits die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für ihn keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner soll andererseits ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte und Pflichten feststellen können, damit er die rechtliche Tragweite der Vertragsbedingungen bei Vertragsschluss hinreichend erfassen kann und nicht von der Durchsetzung seiner Rechte abgehalten wird (vgl. Senat, Urteile vom 1. Oktober 2019 – VI ZR 156/18, NJW-RR 2020, 112 Rn. 23; vom 17. Juli 2018 – VI ZR 274/17, NJW 2019, 51 Rn. 9; BGH, Urteile vom 12. Dezember 2019 – IX ZR 77/19, ZIP 2020, 310 Rn. 24; vom 16. Januar 2020 – IX ZR 351/18, juris Rn. 25; jeweils mwN). Der Vertragspartner soll unter anderem davor geschützt werden, infolge falscher Vorstellungen über die angebotene Leistung zu einem unangemessenen Vertragsabschluss verleitet zu werden. Die eindeutige und durchschaubare Vermittlung der mit einem beabsichtigten Vertragsschluss verbundenen Rechte und Pflichten ist Voraussetzung für eine informierte Sachentscheidung. Die Klausel muss deshalb nicht nur in ihrer Formulierung verständlich sein, sondern auch die mit ihr verbundenen wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen soweit wie möglich verdeutlichen (vgl. Senat, Urteil vom 1. Oktober 2019 – VI ZR 156/18, NJW-RR 2020, 112 Rn. 23; BGH, Urteil vom 16. Januar 2020 – IX ZR 351/18, juris Rn. 25). Eine Intransparenz kann sich nicht nur bei einzelnen Klauseln aus ihrer inhaltlichen Unklarheit, mangelnden Verständlichkeit oder der unzureichenden Erkennbarkeit der Konsequenzen ergeben, sondern auch aus der Gesamtregelung (vgl. Senat, Urteile vom 1. Oktober 2019 – VI ZR 156/18, NJW-RR 2020, 112 Rn. 23; vom 17. Juli 2018 – VI ZR 274/17, NJW 2019, 51 Rn. 10; jeweils mwN). Abzustellen ist dabei auf die Verständnismöglichkeiten des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durchschnittskunden (vgl. Senat, Urteile vom 1. Oktober 2019 – VI ZR 156/18, NJW-RR 2020, 112 Rn. 23; vom 17. Juli 2018 – VI ZR 274/17, NJW 2019, 51 Rn. 9; BGH, Urteile vom 12. Dezember 2019 – IX ZR 77/19, ZIP 2020, 310 Rn. 24; vom 16. Januar 2020 – IX ZR 351/18, juris Rn. 25; jeweils mwN). Für die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist in erster Linie ihr Wortlaut relevant (vgl. Senat, Urteile vom 17. Juli 2018 – VI ZR 274/17, NJW 2019, 51 Rn. 10; vom 24. Oktober 2017 – VI ZR 504/16, NJW 2018, 455 Rn. 22; jeweils mwN).

Die in diesem Zusammenhang erforderliche Auslegung der Klausel kann der Senat ungeachtet der Frage, ob die Klausel über den räumlichen Bezirk des Berufungsgerichts hinaus verwendet wird, selbst vornehmen (vgl. Senat, Urteil vom 1. Oktober 2019 – VI ZR 156/18, NJW-RR 2020, 112 Rn. 21; BGH, Urteile vom 12. Dezember 2019 – IX ZR 77/19, ZIP 2020, 310 Rn. 21; vom 9. April 2014 – VIII ZR 404/12, BGHZ 200, 362 Rn. 25).

2. Diesen Anforderungen entspricht die Klausel nicht. Aus ihr wird für den durchschnittlichen Auftraggeber (Unfallgeschädigten) nicht hinreichend deutlich, unter welchen Voraussetzungen er den erfüllungshalber abgetretenen Anspruch zurückerhält und welche Rechte er in diesem Zusammenhang hat. Der vorletzte Satz der Klausel sieht vor, dass die S. die Ansprüche gegen den Auftraggeber geltend machen kann, wenn und soweit der regulierungspflichtige Versicherer keine Zahlung oder lediglich eine Teilzahlung leistet. Im letzten Satz der Klausel heißt es, dass der Auftraggeber in diesem Fall die Forderung zurückerhält, um sie selbst gegen die Anspruchsgegner geltend zu machen. Insoweit bleibt offen, zu welchem Zeitpunkt genau der Auftraggeber die Forderung zurückerhalten soll. In Betracht kommen drei Möglichkeiten (und ggf. eine entsprechende Vorleistungspflicht): Erstens bereits bei Zahlungsanforderung durch die S., zweitens gleichzeitig mit der Zahlung des Auftraggebers oder drittens erst danach. Abweichendes ergibt sich nicht aus der Annahme der Revisionserwiderung, die S. sei bei Geltendmachung ihres (Rest-)Anspruchs insoweit verpflichtet, den Schadensersatzanspruch zurück abzutreten, und dem Auftraggeber stehe ein Zurückbehaltungsrecht zu, wenn die S. nicht in der Lage sei, die Schadensersatzforderung in Höhe der Inanspruchnahme rückabzutreten. Denn zu einem solchen Recht des Auftraggebers, eine Zugum-Zug-Leistung verlangen zu können, würden erst interessenbezogene Erwägungen führen, die so von einem durchschnittlichen Auftraggeber (Unfallgeschädigten) nicht erwartet werden können (vgl. Senat, Urteil vom 17. Juli 2018 – VI ZR 274/17, NJW 2019, 51 Rn. 10).

Die danach in der Klausel intransparent geregelte Frage, unter welchen Voraussetzungen der Auftraggeber den erfüllungshalber abgetretenen Schadensersatzanspruch (teilweise) zurückerhält und welche Rechte er in diesem Zusammenhang hat, steht in unmittelbarem inhaltlichen Zusammenhang mit der Regelung der erfüllungshalber erfolgenden Anspruchsabtretung selbst und führt deshalb nach § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB zu deren Unwirksamkeit (vgl. Senat, Urteil vom 17. Juli 2018 – VI ZR 274/17, NJW 2019, 51 Rn. 11).

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