Und zum Tagesschluss dann noch ein schon etwas älterer Beschluss des KG, den mir der Kollege L. H. Kroll aus Berlin geschickt hat. Es geht mal wieder um die Frage eine Zulassung der Rechtsbeschwerde. Veurteilt worden ist der Betroffene – so die Auskunft des Kollegen -wegen Missachtung gekreuzter roter Schrägbalken auf der Stadtautobahn in Berlin. Beweismittel waren Polizeizeugen, die das Ganze mit ihrem Provida-Wagen gefilmt hatten und deren Video.
Der Betroffene macht Beweiswürdigungsfehler geltend, die nach Auffassung des KG im – KG, Beschl. v. 28.03.2019 – 3 Ws (B) 59/19 – 162 Ss 18/19 295 OWi 898/18 nicht zur Zulassung der Rechtsbeschwerde führen können:
„1. Der Verfahrensrüge bleibt der Erfolg versagt.
a) Die erhobene Aufklärungsrüge führt – unabhängig davon, ob diese den gemäß § 80 Abs. 3 Satz 3 OWiG, § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO an die Verfahrensrüge zu stellenden Anforderungen entspricht – nicht dazu, dass die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen wäre. Die Frage, welche Beweiserhebungen in einer Hauptverhandlung erforderlich sind, ist regelmäßig eine solche des Einzelfalls (vgl. schon KG, Beschluss. vom 18. Mai 1999 — 5 Ws (B).294199 —; Hadamitzky in Karlsruher Kommentar, OWiG 5. Aufl., § 80 Rn. 31 m.w.N.).
b) Die zugleich im Rechtsmittelvorbringen zu erblickende Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs greift ebenfalls nicht durch.
Denn das Gebot des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG soll sicherstellen, dass die erlassene Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, welche ihren Grund in der unterlassenen Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrages des Betroffenen haben. Es gewährt aber keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag des Betroffenen aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt gelassen hat (vgl. BVerfG NJW 1992, 2811). Soll jedoch die Verletzung des rechtlichen Gehörs in einem Verstoß gegen Verfahrensnormen — hier in der als rechtswidrig angegriffenen Ablehnung eines Beweisantrages — bestehen, bedarf es eines weiteren Vortrages dazu, was die behauptete Rechtsfehlerhaftigkeit über einen Verstoß gegen Rechtsnormen über das Verfahren hinaushebt und ihr das besondere Gewicht der Versagung des rechtlichen Gehörs verleiht. Bei einer behaupteten Verletzung solcher Vorschriften wäre ein Verstoß gegen das rechtlichen Gehör nur dann gegeben, wenn der Beweisantrag ohne nachvollziehbare, auf das Gesetz zu rückführbare Begründung abgelehnt worden wäre und seine Zurückverweisung unter Berücksichtigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken sich aufgrund besonderer Umstände als nicht mehr verständlich und daher willkürlich darstellen würde (vgl. BVerfG a.a.O.; OLG Hamm VRS 114, 290.; NZV 2006, 217, 218; Senat, Beschlüsse vom 20. November 2018. — 3 Ws (B) 294/18 . —; 17. Januar 2Ö17 — 3 Ws (B) 16/17 —; 22. Juni 2016 — 3 Ws (B) 320/16 —; 8: Juni 2010 — 3 Ws (B) 280/10 — und 21. Mai 2010 — 3 Ws (B) 253/10 —).
Eine solche Willkürentscheidung liegt jedenfalls nicht schon dann vor, wenn der Betroffene im Ergebnis mit seinem Beweisantrag nicht durchdringt.
Den Urteilsgründen ist zu entnehmen, dass sich der Tatrichter mit der Einlassung der Betroffenen, sie habe sich nicht in eine andere Fahrspur gefahrlos einordnen können — entsprechend der Zielrichtung des Beweisantrages — auseinandersetzt, diese jedoch anders als die Betroffene beantwortet hat.
2. Schließlich deckt auch die auf die erhobene Sachrüge gebotene umfassende Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler auf, der die Zulassung der Rechtsbeschwerde geböte.
a) Die vom Tatgericht zu beachtenden Anforderungen an die Aufklärungspflicht und die Beweiswürdigung sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung bereits hinreichend geklärt. Danach ist die Beweiswürdigung grundsätzlich Sache des Tatrichters. Nach § 261 StPO entscheidet der Tatrichter, soweit nicht wissenschaftliche Erkenntnisse, Gesetze der Logik und Erfahrungssätze entgegenstehen, nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Verhandlung geschöpften Überzeugung. An gesetzliche Beweisregeln ist er nicht gebunden (BGHSt 39, 291). Dabei brauchen die Schlussfolgerungen des Tatrichters nicht zwingend zu sein; es genügt grundsätzlich, dass sie möglich sind und er von ihrer Richtigkeit überzeugt ist. Das Gericht muss jedoch die wissenschaftlichen Erkenntnisse, die Erfahrungssätze des täglichen Lebens und die Gesetze der Logik beachten. Um dem Rechtsbeschwerdegericht diese Nachprüfung zu ermöglichen, müssen die Urteilsgründe daher erkennen lassen, dass die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsichtigen Tatsachengrundlage beruht und die vom Gericht gezogene Schlussfolgerung nicht etwa nur eine Annahme ist oder sich als bloße Vermutung erweist, die letztlich nicht mehr als einen — wenn auch möglicherweise schwerwiegenden – Verdacht zu begründen vermag (vgl. Senat, Beschluss vom 27. August 2010 – 3 Ws (B) 434/10 [jung DAR 2005, 634; KG, Beschluss vom 18. Dezember 1996 — (4) 1 Ss 199/96 (129/96) — m.w.N.). Zudem bedürfen die Feststellungen des Tatrichters einer tragfähigen Beweisgrundlage (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 5. Dezember 2017 — 4 StR 513/17 — BeckRS 2017, 136369; Oft in Karlsruher Kommentar, StPO 7. Aufl., § 261 Rn. 84).
Ob die Schlussfolgerung des Tatrichters tatsachengestützt ist, ist eine Frage des Einzelfalls und kann entgegen der Auffassung der Rechtsmittelführerin nicht — auch nicht für die vorliegende Konstellation – verallgemeinert werden.
Soweit die Betroffene beanstandet, die Beweiswürdigung des Tatgerichts sei fehlerhaft, unternimmt sie den in der Rechtsbeschwerde unbeachtlichen Versuch, die Beweiswürdigung des Tatgerichts durch ihre eigene Beweiswürdigung zu ersetzen (vgl. hierzu BGHSt 41, 376). Es ist nicht zu beanstanden, dass das Gericht seine Überzeugung auf die Aussage des Zeugen T. und die Inaugenscheinnahme der Videoaufzeichnung gestützt hat Zudem wären mögliche Verstöße im Rahmen der Beweiswürdigung ausschließlich auf den Einzelfall bezogen und können folglich keinen Zulassungsgrund darstellen (vgl. BGHSt 24, 15; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. etwa Beschluss vom 22. Januar 2018 ¬3 Ws (B) 21/18 m.w.N.).
b) Schließlich bedarf es keiner weiteren Entscheidung durch den Senat, wonach in der Verweisung auf ein Speichermedium als solches keine wirksame Bezugnahme im Sinne des § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO liegt (BGHSt 57, 53; Senat, Beschluss vom 1.3. März 2014 — 3 Ws (B) 76/14 ¬BeckRS 2014, 15002; Beschluss vom 4. Juni 2012 — 3 Ws (B) 210/12 —; OLG Brandenburg NStZ-RR 2010, 89). Bei auf elektronischen Medien gespeicherten Bilddateien wird nämlich nicht der Film als solcher und damit das durch das menschliche Auge unmittelbar wahrnehmbare Geschehen Bestandteil der Akten, sondern es bedarf für die Wahrnehmung der Vermittlung durch das Speichermedium sowie weiterer technischer Hilfsmittel, die das Abspielen ermöglichen (BGH a.a.O.). Wie die Generalstaatsanwaltschaft zu Recht ausführt, ist die unter anderem durch das OLG Dresden in der Entscheidung vom 25. Mai 2009 (Ss (OWi) 83/09 -, [juhe vertretene Auffassung, wonach eine Bezugnahme auf Videoaufzeichnungen unter bestimmten Voraussetzungen zulässig sein kann, ersichtlich überholt.
Na ja. Warum denke ich an einen Zirkelschluss bzw. „Teufelskreis“? Denn durch das für das Rechtsbeschwerdeg nicht einsehbare und demnach nachvollziehbare Video fehlt es doch gerade an einer nachvollziehbaren Begründung und einer tragfähigen Tatsachengrundlage, auf die das KG aber abstellt.