Strafzumessung II: Körperverletzung, oder: „für Zwecke der Strafzumessung dem oberen Bereich zuzuordnen“

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Die zweite Strafzumessungsentscheidung kommt mit dem BGH, Beschl. v. 05.09.2019 – 4 StR 178/19 – auch vom 4. Strafsenat des BGH. Erlassen worden ist der Beschluss in einem Verfahren, in dem der Angeklagte wegen einer Körperverletzung verurteilt worden ist. Auch hier hat der BGH „Bedenken“, die allerdings nicht durchgreifen:

„1. Allerdings ist die strafschärfende Erwägung, die „Erfüllung des subjektiven Tatbestandes der vorsätzlichen Körperverletzung“ sei „für Zwecke der Strafzumessung dem oberen Bereich“ zugeordnet worden, weil es dem Angeklagten darauf angekommen sei, das Tatopfer durch den kraftvoll ausgeführten Stich erheblich zu verletzen, unter den hier gegebenen besonderen Umständen rechtlich nicht unbedenklich. Zwar hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Angeklagte mit Verletzungsabsicht handelte. Bei der Einordnung dieses Gesichtspunkts als strafschärfend hätte jedoch das konkrete Handlungsmotiv des Angeklagten in die Bewertung eingestellt werden müssen. Der Angeklagte handelte, wie das Landgericht an anderer Stelle festgestellt und tragfähig belegt hat, mit Verteidigungswillen; er wollte sich gegen das Tatopfer, das ihn angegriffen und seinen Hals umfasst hatte, zur Wehr setzen. Dieses konkrete Handlungsmotiv des Angeklagten hätte im Rahmen der Bewertung der subjektiven Tatseite berücksichtigt werden müssen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Januar 2018 – 2 StR 150/15, BGHSt 63, 54, 61 ff.; Beschluss vom 7. Juni 2017 – 4 ARs 22/16, NStZ-RR 2017, 238). Der Senat versteht die Formulierung unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Urteilsgründe jedoch dahin, dass es nicht dem Vorsatzgrad als solchem, sondern – rechtlich unbedenklich – dem Umstand strafschärfende Bedeutung beigemessen hat, dass das Handeln des Angeklagten auf eine erhebliche Verletzung seines Kontrahenten abzielte.“

Ein Gedanke zu „Strafzumessung II: Körperverletzung, oder: „für Zwecke der Strafzumessung dem oberen Bereich zuzuordnen“

  1. growi

    „er wollte sich gegen das Tatopfer, das ihn angegriffen und seinen Hals umfasst hatte, zur Wehr setzen. Dieses konkrete Handlungsmotiv des Angeklagten hätte im Rahmen der Bewertung der subjektiven Tatseite berücksichtigt werden müssen !“
    Notwehr ist abgeschafft.

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