Heute dann dreimal OWi. Und zum Auftakt einen kleinen Beschluss des AG Bautzen, den mir der Kollege A. Kaden aus Dresden gestern geschickt hat.
Das AG hat im AG Bautzen, Beschl. v. 18.07.2019 – 43 OWi 620 Js 24643/18 – das Verfahren gegen den Betroffenen im Hinblick auf das VerfG Saarland, Urt. v. 05.07.2019 – LV 7/17 (vgl. dazu: OWi I: Paukenschlag II aus dem Saarland, oder: Traffistar S 350-Messungen nicht verwertbar) eingestellt:
„1. Das Verfahren wird gemäß § 47 Abs. 2 OWiG eingestellt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Staatskasse. Es wird davon abgesehen, die not-wendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse aufzuerlegen.Gründe
Die Einstellung des Verfahrens erfolgt im Hinblick auf das Urteil des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes vom 05.07.2019 (Az.: Lv 7/17), wonach die Ergebnisse des Messverfahrens mit dem Messgerät TraffiStar 350S wegen einer verfassungswidrigen Beschränkung des Rechts auf eine wirksame Verteidigung eines Betroffenen unverwertbar ist. Die Beschränkung des Verteidigungsrechts wird darin gesehen, dass die Herstellerfirma „Jenoptik“ die Roh-messdaten nicht speichert und dem Betroffenen daher zur Überprüfung der Messung nicht zur Verfügung stehen.
Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus §§ 467 Abs. 4 StPO, 46 OWiG.“
So weit, so gut, so schön und sicherlich die richtige Reaktion auf den Paukenschlag aus dem Saarland. Allerdings: Mit der Auslagenentscheidung kann ich mich nicht so richtig anfreunden. Denn, wenn die Ergebnisse des Messverfahrens nicht verwertbar sind, dann hätte der Betroffene frei gesprochen werden müssen. Die Einstellung nach § 47 Abs. 2 OWiG ist als eine „Freispruchsumgehungseinstellung“. Dagegen ist nichts einzuwenden. Nur muss dann auch die Auslagenentscheidung dem an sich gebotenen Freispruch gerecht werden. D.h.: Die Auslagen des Betroffenen hat die Staatskasse zu tragen.
Die Auslagenentscheidung ist bei dieser Begründung in der Tat inkonsequent, allerdings ist es hier mal ausnahmsweise keine reine Freispruchvermeidungsentscheidung, sondern eine Entscheidung, die eine Kontrolle und Korrektur zu Lasten des Betroffenen durch das OLG auf die Rechtsbeschwerde der StA hin vermeidet. Nahezu alle OLG haben sich in der Vergangenheit (auch schon zu Vitronic Polyscan, wo es dasselbe Problem gab) dahingehend positioniert, dass die Nichtspeicherung der Rohmessdaten keinen Grund für eine Unverwertbarkeit der Messung darstellt. Wie ernst die OLG den kleinen VerfGH des kleinen Saarlandes nehmen, hat sich ja schon an anderen bürgerfreundlichen Entscheidungen in OWI-Sachen in jüngerer Zeit gezeigt. Ich persönlich halte die Argumente des VerfGH zwar durchaus für erwägenswert, sehe aber wohl eher keine grundlegende bundesweite Rechtsprechungsänderung am Horizont.
Natürlich ist das eine „Freispruchsvermeidungsentscheidung“, denn an sich hätte der Betroffene frei gesprochen werden müssen.
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