Heute am Gebührenfreitag zwei Entscheidungen, die nicht unmittelbar mit Gebühren zu tun haben, in denen es aber auch ums Geld geht. Zunächst stelle ich das OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 16.11.2018 – 15 U 89/17 – vor. Eine interessante Entscheidung, die mir die Kollegen Groß, Remus & Schmitt, 65185 Wiesbaden, übersandt haben.
Das OLG hat in einem Amtshaftungsklageverfahren gegen das Land Hessen entschieden. Im Streit war ein Schadensersatzanspruch des Verurteilten – eines Sicherungsverwahrten – aufgrund einer Amtspflichtverletzung wegen rechtswidrig unterlassener resozialisierender Behandlungs- und Erprobungsmaßnahmen zur zeitgerechten Wiedererlangung der Freiheit.Das OLG hat eine Amtspflichtverletzung und damit einen Anspruch auf Schadensersatz nach § 839 BGB bejaht. Es sieht die Amtspflichtverletzung liegt zum einen darin, dass die Justizvollzugsanstalt Schwalmstadt zu spät mit der Einleitung von Vollzugslockerungsmaßnahmen begonnen und diese nicht zügig genug fortgeführt hat, sowie zum anderen darin, dass sie das weitere Voranschreiten mit Vollzugslockerungen davon abhängig gemacht hatte, dass ein zweites Sachverständigengutachten im Vorfeld zur Frage der Vollzugserleichterungen eingeholt werden sollte. Von Bedeutung für vergleichbare Verfahren sind in dem Zusammenhnag – worauf der Kollege bei der Übersendung zutreffend hingewiesen hat – die rechtlichen Ausführungen des OLG dazu, ob die Feststellungen von Strafvollstreckungskammern zu rechtswidriger Amtspflichtverletzung für die Zivilgerichte bindend sind, insbesondere, ob diese Bindungswirkung auch gegeben ist, wenn die Feststellung der Rechtswidrigkeit bzw. der fehlerhaften Ermessensausübung nur in den Entscheidungsgründen, nicht aber im Tenor der Entscheidung enthalten sind.
„Zugesprochen worden ist ein Betrag von 2.850 €:
Die Ausführungen zur Schadenshöhe und deren Bemessung sind durch das Landgericht ebenfalls fehlerfrei vorgenommen worden. Der Beklagte wendet hierbei ohne Erfolg ein, dass die ca. 3-monatige Verlängerung der Erprobungszeit durch das Oberlandesgericht im Beschluss vom 13.12.2012 im Verhältnis zu der angeordneten Erprobungsdauer der Strafvollstreckungskammer (jetzt 12 statt 9 Monate) nicht auf der rechtswidrigen Amtspflichtverletzung der JVA beruhe, sondern auf der tatrichterlichen Würdigung des Oberlandesgerichtes bzw. auf der zulässigen Einlegung der Beschwerde durch die Staatsanwaltschaft. Es kann dahinstehen, ob auch noch die mit Beschluss vom 13.12.2012 angeordnete Dauer von einem Jahr bis zur Unterbringungsentlassung durch die pflichtwidrige Unterlassung von Vollzugslockerungen und Erprobungen des Klägers seitens der JVA verursacht worden ist, weil seitens des Klägers nur ein Zeitraum von 5,7 Monaten (ca. ein dreiviertel Jahr abzüglich des gewährten Urlaubs) geltend gemacht wurde. Die Kausalität entfällt nach Ansicht des Senates nicht dadurch, dass die Einlegung der Beschwerde durch die Staatsanwaltschaft zulässig war und dass das Oberlandesgericht in tatrichterlicher Würdigung nicht nur einen Zeitraum von einem dreiviertel Jahr, sondern von einem Jahr für eine Erprobung für erforderlich hielt. Denn für die JVA hätte auch schon zu dem Zeitpunkt der Entscheidung der Oberlandesgerichtes am 13.12.2012 genügend Zeit bestanden, für die Dauer von einem dreiviertel Jahr, also etwa ab Anfang 2012, Vollzugslockerungen vorzunehmen, so dass auch nach den zeitlichen Vorgaben des Oberlandesgerichtes eine Entlassung Ende März 2013 möglich gewesen wäre. Hierzu lag zunächst das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M. vom 07. April 2010 vor, wonach solche Lockerungsmaßnahmen unter gewissen Bedingungen verantwortet werden konnten. Spätestens nach Vorlage des zweiten Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. M. vom 18. April 2012 stand den begehrten Vollzugslockerungen aber gar nichts mehr im Wege. Wenn mithin unverzüglich bei Vorlage des zweiten Gutachtens des Prof. Dr. M. (spätestens Anfang Mai 2012 nach dem Vorbringen des Beklagten) entsprechende Vollzugslockerungsmaßnahmen eingeleitet worden wäre, wäre mit 11 Monaten noch ein ausreichender Zeitraum zur Erprobung für die Dauer bis Ende März 2013 gegeben gewesen, so dass in diesem Fall das Oberlandesgericht bei der Entscheidung am 13.12.2012 aller Voraussicht nach eine Verlängerung über den 27.3.2013 hinaus nicht hätte anordnen müssen. Somit besteht eine schadensausfüllende Kausalität jedenfalls für den vom Kläger geltend gemachten Zeitraum von 5,7 Monate. Zu Recht wurde daher vom Landgericht ein Betrag von 2.850,- € als Schadensersatz samt Zinsen ab Rechtshängigkeit zugesprochen.“