Die dritte OWi-Entscheidung ist dann noch eine Fahrverbotsentscheidung. Im KG, Beschl. v. 11.05.2018 – 3 Ws (B) 140/18 – geht es (noch eimal) um die Voraussetzungen des rechtfertigenden Notstands bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung, wenn ein ärztlicher Notfall geltend gemacht worden ist. Das AG hatte verurteilt. Das KG lässt die Rechtsbeschwerde nicht zu, und zwar:
„Unter welchen Voraussetzungen sich ein Verkehrsteilnehmer auf den Rechtfertigungsgrund des Notstands nach § 16 OWiG berufen kann, ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung bereits hinreichend geklärt und bedarf daher keiner (erneuten) Entscheidung durch den Senat. Es ist anerkannt, dass die Verletzung von Verkehrsvorschriften, z.B. die Überschreitung der höchstzulässigen Geschwindigkeit, durch Notstand gerechtfertigt sein kann, wenn nur so die erforderliche schnelle Hilfe für einen Schwerkranken geleistet werden kann (vgl. BayObLG NJW 00, 888). Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn ein Arzt in eine Belegklinik zu einem Patienten gerufen wird, bei dem die Notwendigkeit einer unverzüglichen Notoperation als möglich erscheint, wobei es bei der Prüfung der Frage, ob bei Abwägung der widerstreitenden Interessen die Einhaltung von Verkehrsvorschriften wie der vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeit gegenüber der dringenden Behandlungsbedürftigkeit eines akut erkrankten Patienten zurückzustehen hat, auf die Umstände des Einzelfalls ankommt (vgl. BayObLGSt 1990, 105). Auch in einem solchen Fall ist eine Geschwindigkeitsüberschreitung unzulässig, wenn auf dieser Fahrt andere Verkehrsteilnehmer gefährdet werden oder wenn die Fahrweise des Arztes eine solche Gefährdung auch nur befürchten lässt. Es kommt deshalb entscheidend auch darauf an, welche Gefahren mit der Einhaltung der unzulässig hohen Geschwindigkeit im konkreten Fall verbunden waren, ferner darauf, wie die allgemeine Verkehrslage und Verkehrsdichte zur Tatzeit waren. Auch ist im Hinblick auf die den übrigen Verkehrsteilnehmern drohenden Gefahren der Einhaltung der Höchstgeschwindigkeit der Vorrang jedenfalls dann einzuräumen, wenn der durch die Geschwindigkeitsüberschreitung erreichte Zeitgewinn gering ist und zur Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer außer Verhältnis steht (vgl. BayObLGSt 1990, 105).
Die Nachprüfung des Urteils bliebe hier dem Einzelfall verhaftet und böte keine Veranlassung zu einer Klarstellung von darüberhinausgehender Bedeutung. Rechtsfehler im Einzelfall rechtfertigen die Zulassung der Rechtsbeschwerde jedoch selbst dann nicht, wenn sie eindeutig und offensichtlich sind (vgl. BGHSt 24, 15 m.w.N.; Senat, Beschlüsse vom 22. März 2018 – 3 Ws (B) 93/18 – und 3 Ws (B) 597/14 – m.w.N.).“
Ob den Richtern klar ist daß Sie selbst mal Notfallpatient werden können?
Und werden in dem Fall Ihre Entscheidung bedauern?
Manchmal kann man nur noch mit dem Kopf auf den Tisch schlagen.
Wieso denn Fahrverbotesentscheidung? Da der Beschluss im Verfahren über die Zulassung der Rechtsbeschwerde ergangen ist, dürfe alleine ein Bußgeld festgesetzt worden sein.
„Rechtsfehler im Einzelfall rechtfertigen die Zulassung der Rechtsbeschwerde jedoch selbst dann nicht, wenn sie eindeutig und offensichtlich sind.“
Wie, das AG kann ganz offen sagen „Was scherrt mich das Geschwätz des KG“, und das KG kann nichts machen, weil die Rechtsfrage schon entschieden wurde?
Stimmt.
Würde aber bei einer Fahrverbotsentscheidung ähnlich argumentiert.
„Wie, das AG kann ganz offen sagen “Was scherrt mich das Geschwätz des KG”, und das KG kann nichts machen, weil die Rechtsfrage schon entschieden wurde?“
In so einem Fall läge kein Rechtsfehler im Einzelfall vor, sondern ein Fehler, der sich fortsetzen wird, und dann dürfte das OLG – je nach Bußgeldhöhe – über den Zulassungsgrund der Sicherung der einheitlichen Rechtsprechung nachdenken.
Aber der Sinn der Zulassung der Rechtsbeschwerde liegt eben nicht darin, Einzelfallgerechtigkeit herzustellen. Das soll nach der Systematik eben schon das Amtsgericht als eine Art Rechtsmittelgericht gegen die Entscheidung der Verwaltungsbehörde tun.