In der zweiten OWi-Entscheidung handelt es sich um den OLG Bamberg, Beschl. v. 02.07.2018 – 3 Ss OWi 754/18 – zu den Voraussetzungen für die Abkürzung eines an sich nach § 24a Abs. 1 StVG wegen einer Voreintragung verwirkten Fahrverbots von drei Monaten auf einen Monat. Das AG hatte auf einen Monat verkürzt, aber das hat natürlich – Bayern! – die GStA nicht hingenommen und sie hat Rechtsbeschwerde eingelegt, die vom OLG Bamberg Erfolg hatte. Das moniert mal wieder nicht ausreichende Prüfung der Einlassung des Betroffenen, der sich „auf die durch seinen Arbeitgeber als Zeuge in der Hauptverhandlung bestätigte Kündigung seines Beschäftigungsverhältnisses als Bäcker in einer Kleinbäckerei mit branchentypischen nächtlichen Arbeitszeiten“ berufen hatte.
„3. Es entspricht andererseits ständiger obergerichtlicher Rspr., dass Angaben eines Betr., es drohe bei Verhängung eines Fahrverbots der Existenzverlust, nicht ungeprüft übernommen werden dürfen. Vielmehr ist ein derartiger Vortrag vom Tatrichter kritisch zu hinterfragen, um das missbräuchliche Behaupten eines solchen Ausnahmefalles auszuschließen. Zugleich wird das Rechtsbeschwerdegericht nur so in die Lage versetzt, die Rechtsanwendung nachzuprüfen (st.Rspr., vgl. zuletzt nur OLG Bamberg, Beschl. v. 04.05.2017 – 3 Ss OWi 550/17 = BA 54, 383 und v. 30.10.2017 – 3 Ss OWi 1206/17 = ZfS 2018, 114 = VM 2018, Nr 7, jeweils m.w.N.).
4. Dies ist hier zumindest nicht mit der gebotenen Sorgfalt geschehen:
a) So kann der Senat anhand der Urteilsgründe schon nicht übersehen, ob die vom Betr. vorgebrachte eingeschränkte Erreichbarkeit seines Arbeitsplatzes mit öffentlichen Verkehrsmitteln den Tatsachen entspricht. Insoweit ist überdies zu beachten, dass für den Betr. im Zweifel auch angesichts einer drohenden Fahrverbotsdauer von 3 Monaten eine tägliche Anfahrt zu seiner Arbeit zeitlich deutlich vor deren effektivem Beginn um 2.00 Uhr, als zumutbar anzusehen sein wird, gleichgültig ob der Betr. für einen Teilzeitraum eine Mitfahrgelegenheit in Anspruch nehmen könnte oder nicht.
b) Entsprechendes gilt, soweit der Betr. zum Beleg der Notwendigkeit einer alternativlosen eigenen Kraftfahrzeugnutzung vorbringt, erfolglos „versucht“ zu haben, am Ort der Bäckerei „vorübergehend eine kleine Wohnung anzumieten“, ohne dass das AG die insoweit vom Betr. unternommenen konkreten Anstrengungen im Urteil dargestellt oder nach den Urteilsgründen hinterfragt hätte. Auch in dieser Hinsicht wird dem Betr. im Zweifel auch die vorübergehende Einmietung etwa in einer Pension oder die Anmietung eines Ein-Zimmer-Appartements in Arbeitsplatznähe oder in einem benachbarten Ort auf eigene Kosten zuzumuten sein, und sei es nur, um so nach der Nutzung öffentlicher Verkehrsanbindungen die Zeiträume bis zum effektiven täglichen Arbeitsantritt zu überbrücken. Die in diesem Zusammenhang anfallenden Aufwendungen wären schon deshalb als grundsätzlich zumutbar anzusehen, weil ihnen die vom Betr. ersparten Aufwendungen aus der dann zumindest weitgehend entfallenden werktäglichen Pkw-Nutzung gegenüber zu stellen wären (OLG Bamberg, Beschl. v. 18.03.2009 – 3 Ss OWi 196/09 = DAR 2009, 401 = VM 2009, Nr 63 = OLGSt StVG § 25 Nr 46).“
In meinen Augen: Typisch OLG Bamberg: Also ggf. Anreise „zeitlich deutlich vor deren effektivem Beginn um 2.00 Uhr, als zumutbar anzusehen sein wird“, d.h. also, ggf. Stunden vorher anfahren und dann auf den Arbeitsbeginn warten. Und dann wieder die Geschichte mit der Anmietung der Wohnung. Das hatten wir schon mal aus Bamberg. In meinen Augen unzumutbar. Im Übrigen kann ich mit der Kombination: Frühe Anreise und Anmieten einer Wohnung in der Nähe des Arbeitsplatzes jedes Absehen vom Fahrverbot ablehnen., Aber das will man in Bamberg auch wohl.
Vielleicht sollte man einfach nicht wiederholt unter Alkohol- oder Drogeneinfluss Auto fahren. Mein Mitleid hält sich da in Grenzen.
Das ist doch nicht allein das Problem. Das OLG macht es doch offenbar in allen Fällen so. Und darauf, ob Sie Mitleid haben, kommt es wohl nicht an
Besser als umgekehrt.
Fahrverbote werden nicht wegen Bagatellen verhängt. Vielleicht nutzt der Betroffene vor der nächste Autofahrt zur Abwechslung doch mal sein Hirn, bevor er leichtfertig das Leben anderer Verkehrteilnehmer gefährdet.
3.177 Tote im Straßenverkehr hatten wie letztes Jahr, also im Schnitt 9 katastrophale Selbstüberschätzungen pro Tag, und alle dachten sie „Hohe Geschwindigkeiten und Alkohol? Kein Problem, das hab ich im Griff!“
Ach, was ist das schön 🙁
Ich habe den selben Gedankengang gehabt. Mit dieser Argumentationkombi kann man das „Abesehen vom Fahrverbot“ eigentlich gleich beerdigen.
Schon erstaunlich, was alles zumutbar sein soll.