Der Kollege M. Hayn aus Köln hat mir den LG Köln, Beschl. v. 09.04.2018 – 101 Qs 21/18 – übersandt. Es ging mal wieder um die nachträgliche Pflichtverteidigerbestellung. Der Kollege stellt seinen Antrag in einem Zeitpunkt, zu dem sich der Mandant in U-Haft befindet, also ein Fall des § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO. Und dann das häufog zu beobachtende „Spiel“: Es passiert nichts, das Verfahren wird dann aber nahc § 154 StPO eingestellt und dann heißt es: Nachträglich Pflichtverteidigerbestellung gibt es nicht. Das LG Köln sagt: So nicht:
„Die Voraussetzungen für die Bestellung eines Pflichtverteidigers gemäß § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO lagen zum Zeitpunkt der Antragstellung vor, da der Angeschuldigte sich in anderer Sache in Untersuchungshaft befand. Soweit das hiesige Verfahren mittlerweile gemäß § 154 StPO im Hinblick auf das Verfahren in dem Untersuchungshaft vollstreckt wird, eingestellt worden ist, macht die Beschwerdebegründung zu Recht geltend, dass eine Pflichtverteidigerbeiordnung ausnahmsweise auch nachträglich nach einer Verfahrenseinstellung zu erfolgen hat.
Die Kammer schließt sich insoweit der Auffassung des LG Mühlhausen (Beschluss v. 01.12.2017—3 Qs 205/17 — juris) an, dass die Unzulässigkeit einer rückwirkenden Pflichtverteidigerbestellung nicht ausnahmslos gelten darf. Entscheidend für eine Ausnahme ist demnach, dass der Antrag auf Beiordnung rechtzeitig gestellt wurde und die Frage einer Beiordnung entscheidungsreif war. Dies ist vorliegend der Fall. Der Angeschuldigte befindet sich seit dem 24.08.2017 in Untersuchungshaft, der Antrag auf Beiordnung wurde durch die Verteidigung am 06.12.2017 gestellt und war mithin entscheidungsreif. Die Einstellung des Verfahrens erfolgte jedoch erst am 29.12.2017 (BI. 22 dA). Ob die Gründe, warum der Antrag nicht zeitnah beschieden worden ist, nachvollziehbar ist oder nicht, ist aus Sicht der Kammer ohne Bedeutung. Hierbei handelt es sich um Umstände, die dem Einfluss der Verteidigung vollständig entzogen sind und aus denen daher auch kein Nachteil erwachsen kann.“
Diese Vorgehensweise ist so häufig festzustellen/zu beobachten, dass man m.E. nicht mehr von einem „Versehen“ sprechen kann.
Den vom LG Köln erwähnten LG Mühlhausen, Beschl. v. 01.12.2017 – 3 Qs 205/17 – hatte ich hier übrigens auch (s. dazu Pflichti III: Abwarten mit der Beiordnung geht nicht, oder: Diese “Kungelei”…..).