Auf das AG Stuttgart, Urt. v. 08.08.2017 – 203 Cs 66 Js 36037/17 jug – bin ich durch die Berichterstattung des Kollegen Gratz im VerkehrsrechtsBlog aufmerksam geworden. Das AG nimmt zu der Frage Stellung: Ab wann ist eigentlich von einem „bedeutenden Schaden“ i.S. des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB auszugehen? Die Grenze liegt derzeit in der Rechtsprechung sicher bei 1.300 €, wird aber auch schon höher angenommen – bei 1.400 € oder 1.500 € oder sogar schon bei 2.500 €. Ich habe über einige der Entscheidungen in der Vergangenheit ja berichtet.
Das AG zieht die Grenze nun bei 1.600 € und begründet das mit dem Ansteigen des Verbraucherpreisindex:
„Eine Entziehung der Fahrerlaubnis mit Verhängung einer Sperrfrist gem. § 69 f. StGB war indes vorliegend nicht angezeigt.
Das Gericht sieht bereits die Voraussetzungen des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB nicht für gegeben an, da die seit dem Jahre 2002 in ständiger Rechtsprechung angewandte Wertgrenze von 1.300 Euro für die Annahme eines „bedeutenden Schadens“ nach nunmehr 15 Jahren und bekanntermaßen erfolgten Preisentwicklung dringend angepasst werden muss (vgl. u.a. Beschluss des LG Braunschweig vom 03.06.2016 – 8 Qs 113/16).
Als Vergleichsmaßstab bietet sich der jährlich vom Statistischen Bundesamt berechnete und veröffentlichte Verbraucherpreisindex an. Der aktuell geltende Verbraucherpreisindex in Deutschland hat das Jahr 2010 als Basisjahr (2010 = 100). Im Jahr 2002 erreichte der Verbraucherpreisindex einen Jahresdurchschnittswert von 88,6 und zum Stichtag Mai 2017 einen Wert von 108,8. Die Veränderungsrate beträgt somit 22,80 % (108,8 / 88,6 x 100 – 100). Der Wert von 1.300 Euro aus dem Jahr 2002 stieg somit unter Berücksichtigung dieser Preissteigerungsrate von 22,80 % im relevanten Vergleichszeitraum auf 1.596 Euro. Leicht gerundet erscheint es daher sachgerecht und die allgemeine Preisentwicklung angemessen berücksichtigend, die Wertgrenze für die Annahme eines bedeutenden Schadens i.S.d. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB nunmehr auf 1.600 Euro festzusetzen.
Nachdem keine Erkenntnisse über eine tatsächlich durchgeführte Reparatur vorliegen, war vom Kostenvoranschlag in Höhe von 1.469,04 Euro netto auszugehen. Mithin lag nach Auffassung des Gerichts bereits keine Indiztat gem. § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB vor, sodass Erwägungen zu einer möglichen Ausnahme von der Regelvermutung im konkret vorliegenden Fall entbehrlich waren.“
Aber: Es wird nach § 44 StGB ein Fahrverbot von einem Monat verhängt.
Achtung: Entscheidung ist wohl nicht rechtskräftig. Wir werden dazu dann im Zweifel etwas vom OLG Stuttgart hören.