Und als dritte Entscheidung weise ich heute dann auf das BGH, Urt. v. 16.11.2107 – 3 StR 262/17 – hin. Inhalt ist der Dauerbrenner: Höchstfrist der Unterbrechung (§ 229 StPO), mit dem häufig ein Erfolg in der Revision zu erzielen ist. Hier mal nicht.
Der Angeklagte hatte eine Verletzung der § 229 Abs. 1 und 4 StPO gerügt, und zwar auf der Grundlage folgenden Verfahrensgeschehens:
„Der 5. Tag der Hauptverhandlung fand am 19. Dezember 2016 statt. Nach der Vernehmung von Zeugen und anderem wurde sie unterbrochen und bestimmt, dass sie am 4. Januar 2017 fortgesetzt werden solle. An diesem Tag erhielten zunächst die Verteidiger Abschriften des Prozesskostenhilfeantrags der Zeugin Ka. . Außerdem wurde festgestellt, dass die nicht erschienene Zeugin A. ordnungsgemäß zu dem Termin geladen worden war. Sodann wurde die Hauptverhandlung für 40 Minuten unterbrochen. Anschließend wurden der Vertreterin der Staatsanwaltschaft ebenfalls eine Abschrift des Prozesskostenhilfeantrags der Zeugin Ka. übergeben sowie ein Vermerk der Geschäftsstelle vom gleichen Tag bezüglich der Zeugin A. verlesen. Danach hatte die Polizeistation L. in der Zwischenzeit telefonisch mitgeteilt, dass die Zeugin zu Hause angetroffen werden konnte. Sie habe sich dahin geäußert, ihre fünf Kinder seien alle in der Kinderkrippe und müssten um 12.00 Uhr abgeholt werden. Dies habe sie in einem Anruf beim Landgericht kundgetan. Ein solcher Anruf sei allerdings auf der Geschäftsstelle der Strafkammer nicht entgegengenommen worden. Nachdem die Verteidiger erklärt hatten, zu dem Prozesskostenhilfeantrag keine Stellung zu nehmen, und für den Fall der Bewilligung ebenfalls die Gewährung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung für das Adhäsionsverfahren beantragt hatten, wurde die Hauptverhandlung erneut unterbrochen und bestimmt, dass sie am 17. Januar 2017 fortgesetzt werden solle. Zu diesem Termin solle die Zeugin A. polizeilich vorgeführt werden. Am 17. Januar 2017 wurde die Hauptverhandlung fortgesetzt und dabei u.a. die Zeugin A. vernommen, die Beweisaufnahme geschlossen sowie das angefochtene Urteil verkündet.
Der BGH meint: Kine Verletzung der Vorschriften über die Höchstdauer der Unterbrechung der Hauptverhandlung gemäß 229 Abs. 1, 4 Satz 1 StPO. Am 04.01.2017 sei im Sinne dieser Vorschriften zur Sache verhandelt worden. Denn auch in der Befassung lediglich mit Verfahrensfragen kann eine Förderung des Verfahrens in der Sache liegen, wenn deren Ziel die Klärung ist, durch welche Untersuchungshandlungen der Aufklärung des Sachverhalts Fortgang gegeben werden kann:
„bb) Nach diesen Maßstäben wurde hier im Zusammenhang mit den Geschehnissen betreffend die Zeugin A. in genügender Weise zur Sache verhandelt. Die Strafkammer ließ ermitteln, weshalb die für das Gericht unvorhersehbar nicht erschienene Zeugin A. der Hauptverhandlung ferngeblieben war und führte das Ergebnis dieser Ermittlungen in die Hauptverhandlung ein. Sodann bestimmte sie einen Fortsetzungstermin, zu dem die Zeugin vorgeführt werden sollte. Damit wurde unter Berücksichtigung der Situation, die durch das unerwartete Ausbleiben der Zeugin entstanden war, die Sache ausreichend auf den abschließenden Urteilsspruch hin gefördert. Mehr war in der konkreten Lage – zumal vor dem Hintergrund der ersichtlich kurz vor dem Abschluss stehenden Beweisaufnahme – nicht erforderlich; das Landgericht war insbesondere nicht gehalten, die Beweisaufnahme etwa mit einem weiteren, ursprünglich für diesen Termin nicht vorgesehenen Inhalt fortzusetzen, der mit Blick auf das später zu fällende Urteil von möglicherweise zu vernachlässigender Bedeutung war, nur um auf diese Weise und damit unter Umständen rein formal die vermeintlichen Anforderungen des 229 Abs. 1, 4 Satz 1 StPO zu erfüllen.“