Bei der zweiten heutigen Entscheidung aus dem Pflichtverteidigungsbereich handelt es sich um den LG Bremen, Beschl. v. 13.02.2017 – 5 Q s 28/17, schon etwas älter, aber erst vor kurzem von dem Kollegen Bayer, Leverkusen, übersandt bekommen. Der Beschluss nimmt noch einmal zum dem die Praxis immer wieder beschäftigenden Thema der Beiordnung eines Pflichtverteidigers, wenn die Bestellungsvoraussetzungen weggefallen sind, Stellung. Grundlage der Entscheidung ist (mal wieder) eine Konstellation, in der die notwendige Bestellung eines Pflichtverteidigers nach § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO versäumt worden ist – lassen wir dahingestellt, ob das AG fahrlässig oder vorsätzlich gehandelt hat. Und dann kommt (natürlich) im Ablehnungsbeschluss des AG der Hinweis: Jetzt brauchen wir keinen Pflichtverteidiger mehr, denn jetzt liegen die Voraussetzungen nicht mehr vor. Das sieht das LG aber anders:
„Ausweislich des Vollstreckungsblattes Bl.8 8 f. befand sich der Beschwerdeführer seit dem 10.08.2015 ununterbrochen bis zum 08.09.2016 — für diesen Tag ist die Entlassung und der Austritt aus der JVA vermerkt — in Untersuchungs- bzw. Strafhaft in den Justizvollzugsanstalten Köln und Wuppertal.
Mit Schriftsatz vom 15.12.2015 beantragte der Verteidiger seine Beiordnung als Pflichtverteidiger in diesem Verfahren.
Das Amtsgericht Bremen hat es mit der angefochtenen Entscheidung vom 10.12.2016 abgelehnt, dem Beschwerdeführer einen Verteidiger beizuordnen. Dabei hat es zu Recht ausgeführt, dass die Voraussetzungen einer Verteidigerbestellung zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr vorliegen bzw. — eine erfolgte Pflichtverteidigerbeiordnung unterstellt — die Bestellung eines Verteidigers nunmehr zurückgenommen werden könne, § 140 Abs.3 S.2 i.V.m. Abs.3 S.1, Abs.1 Nr.4 und 5 StPO. Auf die Begründung des Amtsgerichts Bremen wird zwecks Vermeidung von Wiederholungen insoweit Bezug genommen. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts Bremen war dem Beschwerdeführer aber für die Zeit seiner Inhaftierung ein Verteidiger notwendig beizuordnen. Zum Zeitpunkt der Antragstellung am 15.12.2015 befand sich der Beschwerdeführer noch und vom 22.01.2016 bis zum 23.02.2016 wieder in Untersuchungshaft, so dass ihm gemäß § 140 Abs.1 Nr.4 StPO ein Verteidiger zu bestellen war. In der Zeit vom 23.12.2015 bis zum 21.01.2016 hat der Beschwerdeführer eine Ersatzfreiheitsstrafe in diesem Verfahren und in der Zeit vom 24.02.2016 bis zum Austritt am 08.09.2016 eine Gesamtfreiheitsstrafe in anderer Sache verbüßt, so dass ihm gemäß § 140 Abs. 1 Nr. 5 StPO notwendig ein Verteidiger zu bestellen war. Allein durch das Zuwarten mit der Entscheidung über den Antrag auf Verteidigerbeiordnung erlischt der einmal verdiente Anspruch nicht.“
Ich will das mal lieber nicht weiter kommentieren. Egal, ob das AG „tricksen“ wollte bzw. getrickst hat: M.E. richtig. Ja, ja, die OLG…..
Der Kollege Bayer, Leverkusen. Großartig; bei dem Namen war die Wahl des Kanzleisitzes irgendwie zwangsläufig:-)