Und als dritte BGH-Entscheidung dann der BGH, Beschl. v.30.11.2017 – 3 StR 539/17. Es geht um den verfahrensrechtlichen Dauerbrenner der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§§ 44 ff. StPO), undzwar gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision.Die Angeklagte hatte gegen das das am 02.08.2017 in ihrer Anwesenheit verkündete Urteil mit einem (erst) am 18.09.2017 beim LG eingegangenen Schriftsatz ihres Verteidigers vom selben Tage Revision eingelegt. Zugleich hat sie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision beantragt. Den Antrag hat der BGH als unzulässig angesehen:
„Er ist nicht innerhalb der Wochenfrist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO gestellt, da die Angeklagte nach ihrem Vortrag bereits am 4. September 2017 Kenntnis von der Fristversäumung erlangte. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde jedoch erst am 18. September 2017 und mithin verspätet gestellt.
Auch mit ihrem Vorbringen, der Verteidiger, Rechtsanwalt D. , sei vom 4. September 2017 bis zum 13. September 2017 nicht erreichbar gewesen und wegen der versäumten Revisionseinlegung nicht tätig geworden, dringt die Antragstellerin nicht durch. Soweit hierin ein Wie-dereinsetzungsantrag wegen Versäumung der Frist nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO zu sehen ist, war die Antragstellerin nicht ohne eigenes Verschulden im Sinne des § 44 Abs. 1 StPO an einer rechtzeitigen Antragstellung gehindert. Bereits aus dem eigenen Vortrag ergibt sich, dass die Antragstellerin spätestens am 4. September 2017 Kenntnis davon erlangte, dass ihr Verteidiger die Revision aufgrund mangelnder Kenntnis der Rechtsmittelfrist nicht fristgerecht eingelegt hatte. Folglich musste die Antragstellerin ab diesem Zeitpunkt und damit bereits wesentlich vor dem Datum der Stellung des Wiedereinsetzungsantrags vom 18. September 2017 Zweifel an der Zuverlässigkeit des Verteidi-gers haben. Zur Vermeidung eines eigenen Verschuldens hätte sie einen Antrag auf Wiedereinsetzung binnen der Wochenfrist entweder selber stellen oder durch einen zuverlässigen Verteidiger einreichen lassen müssen (vgl. Senat NStZ-RR 2017, 149). Die Unkenntnis von gesetzlichen Bestimmungen – hier der Wiedereinsetzungsfrist – vermag fehlendes Verschulden ebenfalls nicht zu begründen (BGH NStZ-RR 2017, 48 mwN).
Schließlich fehlt es hinsichtlich der Gespräche mit der Kanzlei oder dem Verteidiger ab dem 4. September 2017 – und damit einem eigenen Unverschulden an der rechtzeitigen Stellung eines Wiedereinsetzungs-antrags – an der erforderlichen Glaubhaftmachung (§ 45 Abs. 2 Satz 1 StPO). Die eigene Erklärung der Angeklagten reicht hierfür nicht aus (BGHR StPO § 45 Abs. 2 Glaubhaftmachung 3; Senat NStZ-RR 2010, 378 mwN; Meyer-Goßner, aaO, § 45 Rdn. 9). Die eidesstattliche Versicherung des Ehemannes verhält sich hierzu nicht und eine Erklärung des Rechtsanwalts D. hat die Angeklagte nicht vorgelegt.“
Ich frage mich: Wie ist die auf den Verteidiger bezogene Formulierung: „ihr Verteidiger die Revision aufgrund mangelnder Kenntnis der Rechtsmittelfrist nicht fristgerecht eingelegt hatte“, zu verstehen? Hat der Verteidiger wirklich nicht gewusst, dass die Revisionsfrist nach § 341 Abs. 1 StPO eine Woche beträgt? Das wäre kaum zu glauben, oder? Aber dafür, dass der Verteidiger nicht viel Ahnung zu haben scheint, könnte sprechen, dass das Wiedereinsetzungsverfahren ja nun auch nicht profimäßig gelaufen ist.
Wie so oft gibt es zwei Möglichkeiten, bei denen man nicht so genau weiß, welche die bessere ist:
Entweder hat der Verteidiger wirklich keine Kenntnis von der Frist zur Revisionsfristeinlegung gehabt – was vorkommen mag, wenn er nur über sehr geringe strafrechtliche Kenntnisse verfügt (in seltenen Ausnahmefällen passiert Vergleichbares tatsächlich realiter).
Oder es gibt andere Gründe für die Verzögerung, sei es ein Vergessen, sei es ein erst später aufgetretener Wunsch oder Auftrag, und der dann falsche Vortrag hatte das Ziel der Wiedereinsetzung.
das passt dann aber nur, wenn der Verteidiger nicht in der HV anwesend war 🙂