Am ersten Arbeitstag des Jahres 2018 zunächst noch einmal allen Lesern/Leserinnen, Followern usw. ein frohes und glückliches Neues Jahr, in dem wenn nicht alle, so aber doch zumindest viele Wünsche in Erfüllung gehen. Hier geht es dann „normal“ weiter, mit – wie gehabt – drei Beiträgen/Tag.
Und der erste Arbeitstag des Jahres ist dann – vor der Auflösung des letzten Gebührenrätsels 2017 – ein „Durchsuchungstag, und zwar zunächst mit dem LG Ansbach, Beschl. v. 19.10.2017 – 3 Qs 95/17. Nichts Besonderes, nur mal erst zum warm werden. 🙂 Das LG hat noch einmal zu den Anforderungen zum Anfangsverdacht als Grundlage einer Durchschungsmaßnahme und zum Beweisverwertungsverbot:
„Voraussetzung für jede Durchsuchung ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine bestimmte Straftat begangen wurde, wofür hinreichende Anhaltspunkte vorliegen müssen und vage Anhaltspunkte oder reine Vermutungen nicht genügen (Meyer-Goßner, 60. Aufl., 2017, § 102 StPO, Rn. 2).
Vorliegend sind die vorgenannten Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt, da sich allein aus den Angaben der Belastungszeugin keine entsprechende Wahrscheinlichkeit dafür ergibt, dass es durch die Beschuldigte zu einer Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz gekommen ist. Es hätte zunächst der Vernehmung des pp. bedurft. Denn aus der Aussage der Zeugin pp. ergibt sich nicht einmal, ob es bei der durch sie geschilderten Gelegenheit tatsächlich zu einem Kontakt zwischer pp. und der Beschuldigten gekommen ist, nachdem die Zeugin pp. lediglich zur Wohnung der Beschuldigten gefahren hat und ihn dann in einer gewissen Entfernung zum Wohnhaus aus dem Fahrzeug hat aussteigen lassen. Weiter vermochte die Zeugin pp. kein konkretes Betäubungsmittel oder eine bestimmte Menge, nicht einmal eine Mindestmenge zu benennen. Aufgrund dessen steht nicht fest, ob es sich überhaupt um Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes und den dazugehörigen Anlagen oder aber um sog. „legal highs“ gehandelt haben soll.
Mangels Kenntnis von Art, Menge und Qualität der Betäubungsmittel, mit denen die Beschuldigte Handel getrieben haben soll, ist eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht möglich.
Darüber hinaus fehlt es bei dem Durchsuchungsbeschluss an der Angabe der Tatsachen, auf denen der Anfangsverdacht beruht, da der reine Verweis auf die bisherigen Ermittlungen hierfür nicht ausreichend ist. Vielmehr bedarf es der Nennung der wesentlichen Verdachtsmomente einschließlich der Indiztatsachen gem. § 34 StPO, da dem Beschuldigten nur dann eine sachgerechte und umfassende Prüfung, ob der Beschluss rechtmäßig ergangen ist, möglich ist. Es ist vorliegend nichts dafür ersichtlich, dass eine Bekanntgabe der wesentlichen Verdachtsmomente den Untersuchungszweck gefährdet hätte und die Bekanntgabe deswegen unterbleiben durfte (BGH, Beschl. vom 18.12.2008 – NStZ-RR 2009, 142).
Aus der Rechtswidrigkeit der Durchsuchungsanordnung folgt noch nicht per se die Rechtswidrigkeit der auf ihr beruhenden Beschlagnahme. Die Beschlagnahme aufgrund einer rechtswidrigen Durchsuchung aufgefundener Beweisgegenstände ist nur dann rechtswidrig und führt zu einem Beweisverwertungsverbot, wenn schwerwiegende Verfahrensverstöße vorliegen oder Verfahrensverstöße willkürlich oder bewusst begangen wurden (Meyer/Goßner, aaO, § 94 StPO, Rn. 21; LG Wiesbaden, Besch. v. 04.10.2016 – 2 Os 74/16).
Liegen jedoch die Voraussetzungen für eine Durchsuchung gern. §§ 102 ff StPO nicht vor und wurde der Beschuldigte auch nicht über die Freiwilligkeit der Durchsuchung belehrt, sind die aufgefundenen Beweismittel nicht verwertbar (LG Berlin, Beschl. v. 27.06.2008 – StV 2011, 89). Nachdem es vorliegend aufgrund der vagen Angaben der Zeugin bereits an einem für eine Durchsuchungsanordnung erforderlichen auf Tatsachen gestützten Anfangsverdacht für das Vorliegen einer durch die Beschuldigte begangenen Straftat fehlt, hätte die Durchsuchungsanordnung nicht ergehen dürfen. Nachdem die Beschuldigte auch nicht über die Freiwilligkeit der Durchsuchung belehrt worden ist, ist die Beschlagnahme der aufgefundenen Gegenstände vorliegend ebenfalls rechtswidrig. Ein Anderes ergibt sich auch nicht aus einer Abwägung der Interessen der Beschuldigten, insbesondere, ihrem Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung gern. Art. 13 Abs. 1 GG und dem Interesse der Allgemeinheit an einer wirksamen Strafverfolgung, zumal es sich bei dem Vorwurf des vorsätzlich unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln bzw. dem unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln nicht um einen schwerwiegenden Vorwurf handelt.
Wenn ich die Entscheidung ricbtig interpretiere ist der „Zeuge pp“,, der laut Auffassung der Kammer vernommen werden müsste, wohl der mutmaßliche BtM-Käufer. Also den hätte man befragen sollen, ob er denn wirklich BtM gekauft hat, um zu einem Anfangsverdacht zu kommen. Unabhängig davon, ob dieser überhauot irgendetwas sagt (§ 55…) kann man ggf davon ausgehen, dass man nach seiner Vernehmung/Vorladung bei der Lieferantin überhaupt nichts mehr finden wird.
Mal abgesehen davon, dass eine signifikante Anzahl der Beschuldigten sich (immer noch) bei der Polizei verplappert, anstatt einfach nichts zu sagen (in so einem Fall vom Neunmalklugen gern vorgetragen: „Aber ich habe doch nur zum Eigenkonsum gekauft, das ist doch legal“), viele danach nicht mit einer Durchsuchung rechnen und man auch direkt nach / während der Vernehmung durchsuchen kann (ruft man halt in der Pinkelpause der Vernehmung den Richter an und fährt den Beschuldigten dann gleich nach Hause):
Wenn nun mal kein hinreichender Verdacht da ist, ist er nun mal nicht da. Alles andere hieße de facto, dass die Polizei einfach so bei jedem durchsuchen darf.