Heute ist ja an sich Gebührentag. Leider reicht mein Material aber nur für eine gebührenrechtliche Entscheidung, die ich dann heute Mittag vorstelle. Vorher bringe ich dann den BGH, Beschl. v. 07.09.2017 – 1 StR 329/17. In ihm nimmt der BGH noch einmal zur Frage der Beweiswürdigung bei Angaben von Vertrauenspersonen Stellung.
Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen besonders schweren Raubes verurteilt. Der Angeklagte hatte die Tat bestritten hat. Das LG stützt seine Überzeugung im Wesentlichen auf die Angaben einer Vertrauensperson, die diese gegenüber einem Kriminalbeamten gemacht hat. Der hatte erklärt, eine von ihm geführte Vertrauensperson habe berichtet, sie habe gehört, dass der Angeklagte das Uhrengeschäft überfallen habe, nachdem ein Mittäter bereits vorher das Geschäft betreten habe. Dieselbe Vertrauensperson habe zudem später telefonisch mitgeteilt, dass der Angeklagte plane, am 8. Mai 2016 die S. -Tankstelle in Er. zu überfallen, was sich als zutreffend erwiesen habe. Das LG hat die Angaben der Vertrauensperson aufgrund weiterer Indizien als bestätigt angesehen. Dem BGH reicht die Beweiswürdigung des LG nicht:
„3. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters (§ 261 StPO). Ihm obliegt es, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Seine Schlussfolgerungen brauchen nicht zwingend zu sein, es genügt, dass sie möglich sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 – 4 StR 420/14, NStZ-RR 2015, 148 mwN). Das Revisionsgericht hat die tatrichterliche Beweiswürdigung selbst dann hinzunehmen, wenn eine andere Beurteilung näher gelegen hätte oder überzeugender gewesen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 2015 – 5 StR 521/14, NStZ-RR 2015, 178, 179). Die revisionsgerichtliche Prüfung erstreckt sich allein darauf, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unter-laufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 1. Februar 2017 – 2 StR 78/16, NStZ-RR 2017, 183 [insoweit nicht abgedruckt] und vom 13. Juli 2016 – 1 StR 94/16, juris Rn. 9). Insbesondere sind die Beweise erschöpfend zu würdigen. Dabei ist der Tatrichter gehalten, sich mit den von ihm festgestellten Tatsachen unter allen für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten auseinanderzusetzen, wenn sie geeignet sind, das Beweisergeb-nis zu beeinflussen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 – 4 StR 420/14, NStZ-RR 2015, 148 mwN). Aus den Urteilsgründen muss sich außerdem ergeben, dass der Tatrichter die einzelnen Beweisergebnisse nicht nur isoliert ge-wertet, sondern in eine umfassende Gesamtwürdigung eingestellt hat (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 2. Februar 2017 – 4 StR 423/16, NStZ-RR 2017, 223).
4. Nach diesem Maßstab begegnet die Beweiswürdigung des Land-gerichts durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Die Beweiserwägungen sind lückenhaft, da das Landgericht sich nicht mit den von ihm festgestellten Tatsachen unter allen für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten auseinan-dergesetzt hat. Zudem hat es die erhobenen Beweise nicht erschöpfend gewürdigt und die einzelnen Beweisergebnisse nicht in eine umfassende Gesamt-abwägung eingestellt. Dabei kann dahinstehen, ob die vom Landgericht gegenübergestellten Gesichtspunkte, die für und gegen die Annahme der Täterschaft des Angeklagten sprechen, schon die Anforderungen an eine Gesamtwürdigung erfüllen, weil das übergreifende wertende Element nicht erkennbar ist. Jedenfalls wäre eine solche Gesamtwürdigung lückenhaft.
a) Das Landgericht ist im Ansatz hinsichtlich der mittelbar eingeführten Angaben der Vertrauensperson zwar zutreffend von einem lediglich eingeschränkten Beweiswert ausgegangen und hat gesehen, dass die Bekundungen äußerst sorgfältig und zurückhaltend zu würdigen sind und durch andere ge-wichtige Beweisanzeichen außerhalb der Aussage bestätigt werden müssen (BVerfG, Beschluss vom 8. Oktober 2009 – 2 BvR 547/08, NJW 2010, 925, 926 Rn. 14 f.; BGH, Urteil vom 25. Juli 2000 – 1 StR 169/00, BGHSt 46, 93, 106; Beschluss vom 29. November 2006 – 1 StR 493/06, BGHSt 51, 150, 155 je-weils mwN; Sander in Löwe/Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 261 Rn. 83a f.; KK-StPO/Ott, 7. Aufl., § 261 Rn. 29a). Es hat diese Beweisanzeichen jedoch nicht unter allen für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten erschöpfend gewürdigt…………….“
Ein Zeuge hat also gehört, dass jemand drittes gehört hat, dass der Angeklagte die Tat begangen hat… Dass sowas grundsätzlich zu einer Verurteilung ausreichen kann schockiert mich doch jetzt schon ein bisschen.