Die zweite „Identifizierungsentscheidung“ ist der BGH, Beschl. v. 22.06.2017 – 5 StR 606/16. Er behandelt die Frage, wie die Urteilsgründe beschaffen sein müssen, wenn der Verurteilung/Überführung des Angeklagten ein DNA-Gutachten zugrunde gelegt worden ist. Das ist eine Frage, die der BGH immer wieder entscheiden muss, weil die LG an der Stelle doch noch häufig Fehler machen. Das Ganze ist ein Unterfall von „Urteilsgründe bei einem Sachverständigengutachten“.
So auch hier. Verurteilt worden ist der Angeklagte wegen verschiedener Verstöße gegen das BtMG. Bei einer Durchsuchung des Pkws des Angeklagten und seiner Wohnung waren verschiedene Gegenstände sicher gestellt worden. Dazu hatte man ein DNA-Gutachten des Landeskriminalamts zur Auswertung molekulargenetischer Spuren eingeholt und auf dessen Ergebnis dann die Verurteilung gestützt. Nähere Ausführungen zu den DNA-Gutachten enthielt das LG-Urteil aber nicht. Das ist das „Einfallstor“ für die Revision. Dazu nämlich der BGH:
„Das Tatgericht hat in den Fällen, in denen es dem Gutachten eines Sachverständigen folgt, die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Ausführungen des Gutachters so darzulegen, dass das Rechtsmittelgericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind. Für die Darstellung des Ergebnisses einer auf einer molekulargenetischen Vergleichsuntersuchung beruhenden Wahrscheinlichkeitsberech-nung ist nach bisheriger Rechtsprechung in der Regel zumindest erforderlich, dass das Tatgericht mitteilt, wie viele Systeme untersucht wurden, ob und in-wieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben und mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination zu erwarten ist (BGH, Beschluss vom 12. April 2016 – 4 StR 18/16 mwN; zu ggf. geringeren Anforderungen bei einer Reihe weiterer gewichtiger Indizien BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2012 – 1 StR 377/12, NStZ 2013, 179, 180 mwN; vgl. zur Entwicklung des Maßstabs für die sachlich-rechtlichen Anforde-rungen an die Darstellung von DNA-Vergleichsuntersuchungen im tatrichterlichen Urteil auch BGH, Urteile vom 21. März 2013 – 3 StR 247/12, BGHSt 58, 212, 217, vom 5. Juni 2014 – 4 StR 439/13, NJW 2014, 2454, 2455 f., und vom 24. März 2016 – 2 StR 112/14, NStZ 2016, 490, 491).
Hier hat das Landgericht mit seinen pauschalen Verweisungen auf Gutachten des Landeskriminalamts nicht nur davon abgesehen, deren wesentliche Anknüpfungstatsachen im Urteil anzugeben, sondern nicht einmal als Ergebnisse der Analysen die Seltenheitswerte der Spuren mitgeteilt, aus denen sich ableiten ließe, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Angeklagte als Spurenleger an den sichergestellten Betäubungsmitteln und (im Fall II.4) an dem Teleskopschlagstock anzusehen ist.“
M.E. ein Anfängerfehler. Denn die Auffassung der obergerichtlichen Rechtsprechung sollte bekannt sein. Der BGH und die OLG „beten“ diese Fragen rauf und runter. Beim LG Dresden liest das aber wohl keiner.
Ist es möglich, dass Spuren von Person 1 auf einen Geldschein von Person 2 übertragen werden können, ohne dass Person 1 mit dem Geldschein 2 in Berührung gekommen ist?