Die zweite BtM-Entscheidung stammt ebenfalls vom 1. Strafsenat des BGH. Der BGH, Beschl. v. 20.06.2017 – 1 StR 227/17 – behandelt einen Klassiker. Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Bei ihm waren Betäubungsmittel sicher gestellt worden. Deren Wirkstoffgehalt hat das LG geschätzt. Das geht natürlich nicht, so dass der BGH auf die Revision hin aufgehoben hat:
1. Die Verurteilung des Angeklagten im Fall III.1. der Urteilsgründe hat keinen Bestand, weil die Strafkammer den Wirkstoffgehalt des abgegebenen Betäubungsmittels nicht rechtsfehlerfrei festgestellt hat.
Es unterliegt durchgreifenden rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht den Wirkstoffgehalt des sichergestellten Betäubungsmittels mit 5 % THC geschätzt hat (UA S. 11). Wegen der Bedeutung der Wirkstoffmenge für eine sachgerechte, schuldangemessene Festsetzung der Strafen im Betäubungsmittelstrafrecht kann auf eine nach den Umständen des Falles mögliche genaue Feststellung des Wirkstoffgehalts nicht verzichtet werden (BGH, Beschluss vom 14. Juni 1996 – 3 StR 233/96, NStZ 1996, 498 mwN). Da nach den Feststellungen des Landgerichts bei einer Kontrolle des Abnehmers des Angeklagten Marihuana aufgefunden wurde (UA S. 11), wäre ohne weiteres eine exakte Feststellung des Wirkstoffgehalts durch das Gutachten einer Untersuchungsstelle möglich gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass das sichergestellte Marihuana für eine Untersuchung nicht mehr zur Verfügung gestanden haben könnte, bestehen nicht.
Der Senat kann nicht ausschließen, dass die Verurteilung in diesem Fall auf dem aufgezeigten Rechtsfehler beruht. Da das Landgericht nur von einem relativ geringen Überschreiten der nicht geringen Menge ausgegangen ist, erscheint es nicht ausgeschlossen, dass eine exakteFeststellung des Wirkstoffgehalts zu einer geringeren Wirkstoffmenge und damit auch zu einem anderen Schuldspruch des Angeklagten sowie niedrigeren Freiheitsstrafen geführt hätte.“
Die entschiedene Frage ist m.E. Mantra des BGH. Daher fragt man sich, warum das LG den Wirkstoffgehalt nicht sicher feststellt, sondern schätzt.
Und dass die Problematik den BGH immer wieder beschäftigt, beweist sehr schön der BGH, Beschl. v. 20.06.2017 – 1 StR 213/17, der gerade gestern auf der Homepage des BGH veröffentlich worden ist.