Im „Kessel Buntes“ ist heute zunächst der OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 11.02.2017 – OVG 3 N 137.16. In ihm geht es um die Frage der Zulässigkeit eines Antrags auf Zulassung der Berufung. In dem Zusammenhang hat die Frage eine Rolle gespielt, wann das VG-Urteil, das angegriffen werden soll, wirksam zugestellt worden war. Unterschriebenw ar das „Zustellungs-EB“ nämlich von einem Referendar. Dazu das OVG:
a) Das am 23. August 2016 an das Verwaltungsgericht per Telefax zurückgesandte Empfangsbekenntnis ist allerdings nicht vom anwaltlichen Verfahrensbevollmächtigten des Klägers unterschrieben worden, sondern einem Rechtsreferendar, der dem Verfahrensbevollmächtigten nach dessen Angaben zur Ausbildung zugewiesen sei. Ein Rechtsreferendar ist ein Rechtskandidat im Vorbereitungsdienst (vgl. § 10 Abs. 1 Berliner JAG) und keine der in § 174 Abs. 1 ZPO genannten Personen, bei denen die Zustellung gegen Empfangsbekenntnis zulässig ist. Der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers hat dem Rechtsreferendar zwar eine Generaluntervollmacht zur Wahrnehmung aller bei der Führung seiner Mandate und in der Kanzlei anfallenden Tätigkeiten erteilt, doch steht die Befugnis, eine Zustellung im Wege des anwaltlichen Empfangsbekenntnisses zu beurkunden, nur dem Rechtsanwalt und den weiteren in § 174 Abs. 1 ZPO Aufgeführten zu; sie ist ein Bestandteil der privilegierten Stellung, die ein Rechtsanwalt als Organ der Rechtspflege hat. Aus diesem Grund kann sie nicht in beliebiger Weise auf Nichtanwälte – weder auf Büropersonal noch außenstehende Dritte – übertragen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 16. März 1994 – XII ZB 159/93 – juris Rn. 5). Der Rechtsreferendar des Verfahrensbevollmächtigten ist auch nicht nach § 53 Abs. 4 Satz 2 Alternative 2 BRAO als dessen Vertreter bestellt worden. Anderenfalls wäre im Hinblick auf § 53 Abs. 7 BRAO die Erteilung der Generalunteruntervollmacht überflüssig gewesen. Zudem ist der Rechtsreferendar dem Verfahrensbevollmächtigten des Klägers ausweislich der Generaluntervollmacht zur Ausbildung zugewiesen worden, das heißt, nicht nach § 53 BRAO bestellt worden. Außerdem setzt die Bestellung nach § 53 BRAO voraus, dass der Rechtsanwalt länger als eine Woche daran gehindert ist, seinen Beruf auszuüben, oder sich länger als eine Woche von seiner Kanzlei entfernen will (§ 53 Abs. 1 BRAO). Der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers war nach eigenen Angaben in der 37. Kalenderwoche kanzleiabwesend, mithin nicht länger als eine Woche. Er hat auch nicht erklärt, beabsichtigt zu haben, sich für einen längeren Zeitraum von seiner Kanzlei zu entfernen.
Zur Wirksamkeit der Zustellung dann aber:
b) Der Schriftsatz des Verfahrensbevollmächtigten des Klägers vom 26. September 2016 enthält das Empfangsbekenntnis des Verfahrensbevollmächtigten. Ein Rechtsanwalt kann seinen Annahmewillen auf beliebige Weise schriftlich betätigen. Dies kann – auch rückwirkend (vgl. BGH, Urteile vom 14. Juni 1961 – IV ZR 56/61 – BGHZ 35, 236 [239] und vom 13. Mai 1992 – VIII ZR 190/91 – juris Rn. 12) – in einem Schriftsatz geschehen (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Mai 2000 – XII ZB 211/99 – juris Rn. 10). Im Schriftsatz vom 26. September 2016, der mit seiner Unterschrift versehenen ist, hat der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers mitgeteilt, das angefochtene Urteil sei am 23. August 2016 zugestellt worden. Hiermit hat er bekundet, dass er an diesem Tag das Urteil entgegengenommen habe und zur Entgegennahme bereit gewesen sei. Der Empfangswille findet in der Formulierung „zugestellt am 23. August 2016“ sinnfälligen Ausdruck (vgl. BGH, Urteil vom 13. Mai 1992 – VIII ZR 190/91 – juris Rn. 13). Hiernach ist die Zustellung als an diesem Tag bewirkt anzusehen. Ein Empfangsbekenntnis erbringt als Privaturkunde im Sinne von § 416 ZPO grundsätzlich Beweis für die Entgegennahme des darin bezeichneten Schriftstücks als zugestellt, den Zeitpunkt der Entgegennahme durch den Unterzeichner und damit die Zustellung (vgl. BGH, Beschluss vom 19. April 2012 – IX ZB 303/11 – juris Rn. 6).