Manchmal kann ich nur den Kopf schütteln, wenn ich eine Entscheidung lese. So ist es mir beim OLG Koblenz, Beschl. v. 29.07.2016 – 2 Ws 335/16 – ergange, bei dem es sich um eine Entscheidung des OLG im Haftbeschwerdeverfahren handelt. Es ist u.a. um den Beschleunigungsgrundsatz gestritten worden. Das OLG hat die Haftbeschwerde des Angeklagten verworfen, es sieht den Beschleunigungsgrundsatz als nicht verletzt. Und in dem Zusammenhang ist mir eine Passage im OLG-Beschluss sauer augestoßen und hat zu Kopfschütteln geführt. Aber nicht über das OLG – lassen wir mal die Frage der Beschleunigung außen vor – sondern über das Verteidigerverhalten und/oder ein Schreiben, das der Verteidiger im Verfahren an das LG gerichtet hatte und dessen Inhalt ihm jetzt das OLG entgegenhält:
„Dass vom Vorsitzenden der Jugendkammer eine vorausschauende, straffe und effiziente Verhandlungsplanung (vgl. zu diesem Erfordernis BVerfG NJW 2006, 672) beabsichtigt war, kommt in seinen eingangs ausführlich dargestellten Bemühungen zum Ausdruck, durch eine die terminlichen Belange der Verteidiger nach Möglichkeit berücksichtigende und ausdrücklich am Beschleunigungsgebot orientierte Kommunikation mit den Beteiligten eine zeitnahe und hochfrequente Verhandlungsfolge zu gewährleisten. Die vom Vorsitzenden mit Verfügung vom 26. Januar 2016 vorgeschlagenen 21 Terminstage zwischen dem 23. März und dem 3. Juni 2016 hätten – Verfügbarkeit der Verteidiger vorausgesetzt – zwanglos eine Verhandlungsfrequenz von durchschnittlich mehr als einem Verhandlungstag pro Woche ermöglicht.
Es war jedoch insbesondere der Verteidiger des Beschwerdeführers, der diese Bemühungen unter anderem mit einem Widerspruch gegen die vom Vorsitzenden beabsichtigte Beiordnung von Pflichtverteidigern zur Verfahrenssicherung unterlief und sich hierbei des das Beschleunigungsgebot missachtenden Argumentes bediente, sein Mandant befinde sich erst (Hervorhebung durch den Senat) seit vier Monaten in Untersuchungshaft, was als Anregung an den Vorsitzenden verstanden werden musste, sich mit der Terminierung mehr Zeit zu lassen als von diesem beabsichtigt. Der Vorsitzende ließ sich hierauf nicht ein und verwies darauf, dass das Beschleunigungsgebot die Beiordnung von Sicherungspflichtverteidigern und eine Durchführung von Teilen der Hauptverhandlung in Abwesenheit der originär tätigen Verteidiger gebiete.“
Sorry Herr Kollege, aber wenn ich so formuliere/schreibe, ist das doch eine Steilvorlage an das Gericht. Man fragt sich was das soll, zumal sich m.E. in Zusammenhang mit U-Haft die Formulierung eines Verteidigers mit „erst“ von vornherein verbietet.
Auch im Übrigen: Ein Verteidiger muss nicht kooperativ sein, ich kann aber m.E. nicht die Verletzung des Beschleunigungsgrundsatzes rügen, wenn ich – so mein Eindruck in dieser Sache – selbst nichts dazu beitragen kann – oder will -, dass es voran geht.