Nach dem erfreulichen OLG Celle, Beschl. v. 16.06.2016 – 1 Ss (OWi) 96/16 (dazu OLG Celle: Messdaten und Token sind herauszugeben, oder: Sie – die OLG Rechtsprechung – bewegt sich doch) hier dann eine weitere „schöne“ OLG Celle-Entscheidung, und zwar: Ich habe ja schon häufiger über die Ablehnung von Beweisanträgen im Bußgeldverfahren und die ggf. darauf gestützte Aufhebung es Urteils wegen Versagung des rechtlichen Gehörs (§ 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG) berichtet (vgl. u.a. den OLG Hamm, Beschl. v. 13.01.2016 – 2 RBs 181/15 und den OLG Hamm, Beschl. v. 15.12.2015 – 3 RBs 352/15 und dazu Nicht so hurtig mit der Ablehnung von Beweisanträgen, oder: Versagung des rechtlichen Gehörs). Fakt ist, dass nach der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht jede Ablehnung eines Beweisantrages zur Verletzung des rechtlichen Gehörs führt, sondern grdunsätzlich nur dann, wenn – so die Formulierung der Obergerichte – „der Beweisantrag ohne nachvollziehbare, auf das Gesetz zurückführbare Gründe in willkürlicher Weise abgelehnt worden ist“. Und von einem solchen Fall ist das OLG Celle im OLG Celle, Beschl. v. 28.06.2016 – 2 Ss (OWi) 125/16 – ausgegangen.
Er hat eine mal etwas anderes Konstellation zum Gegenstand. Der Betroffene, der gegen den gegen ihn ergangenen Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt hatte, hatte über seinen Verteidiger vor Beginn der Hauptverhandlung verschiedene Beweisanträge stellen lassen. Der Betroffene nahm an der Hauptverhandlung dann aber nicht teil, er war vom persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden; auch der Verteidiger des Betroffenen nahm an der Hauptverhandlung nicht teil. Das AG hat den Betroffenen wegen einer Geschwindigkeitesüberschreitung verurteilt. Im Urteil heißt u.a.:
„Anträge wurden in der Hauptverhandlung nicht gestellt. Soweit der Verteidiger beantragt hat, den Schriftsetz vom 25.01.2016 zu verlesen, der (wohl: diesen) als Anlage zum Protokoll zu nehmen, sehen weder die Strafprozessordnung noch das Ordnungswidrigkeitengesetz ein solches Verfahren vor.“
Da irrt der Amtsrichter aber, was ihm dann auch das OLG bescheinigt:
„b) Nach diesen Grundsätzen rechtfertigt das Beschwerdevorbringen die Annahme der Verletzung des rechtlichen Gehörs des Betroffenen, da nicht erkennbar ist, dass das Amtsgericht die vor der Hauptverhandlung abgegebenen Erklärungen und Anträge des Betroffenen zur Kenntnis genommen und diese erwogen hat.
§ 74 Abs. 1 Salz 1 OWG bestimmt, dass die Hauptverhandlung dann in Abwesenheit des Betroffenen durchgeführt wird, wenn er nicht erschienen ist und von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen entbunden war, § 74 Abs. 1 Satz 2 OWiG bestimmt weiter, dass frühere Vernehmungen des Betroffenen und seine schriftlichen oder protokollierten Erklärungen durch Mitteilung ihres wesentlichen Inhalts oder durch Verlesung in die Hauptverhandlung einzuführen sind. Gegen diese Vorschrift hat das Amtsgericht verstoßen, indem es sich ausweislich des Urteilsinhaltes geweigert hat, die vor der Hauptverhandlung schriftsätzlich gestellten Anträge zum Gegenstand der Hauptverhandlung zu machen. § 74 Abs. 1 Satz 2 OWIG soll sicherstellen, dass zum Ausgleich für die weitgehende Durchbrechung der auch im Bußgeldverfahren zu beachtenden Mündlichkeits- und Unmittelbarkeitsgrundsätze alle wesentlichen Erklärungen, die der Betroffene In irgendeinem Stadium des Verfahrens zu der gegen ihn erhobenen Beschuldigung abgegeben hat im Falle des ihm gestatteten Fernbleibens von der Hauptverhandlung bei der Entscheidung berücksichtigt werden; es handelt sich hierbei um zwingendes Recht (vgl. Senge in: KK-OWiG, 4. Aufl. § 74 Rn. 11 m.w.N.).
Da das Amtsgericht – auch ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls – die Äußerungen und Anträge des Betroffenen nicht zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemacht hat und diese weder in der Hauptverhandlung noch in den Urteilsgründen beschieden hat, hat es hierdurch das Recht des Betroffenen auf rechtliches Gehör verletzt (vgl, zu einer ähnlichen Fallgestaltung OLG Dresden DAR 2014, 708 f.). Dies nötigt zur Aufhebung des amtsgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache.“
Tja, ein Blick ins Gesetz….
Richtige und leider viel zu seltene Entscheidung.
Gerade in Dingen die nicht berufungsfähig sind entscheiden Amtsrichter viel zu oft nach Gusto statt nach Gesetz. Dem ist wohl auch nicht beizukommen. Anzeigen wegen Rechtsbeugung werden ja aus Prinzip nicht verfolgt, kann man also auch gleich sein lassen.
si tacuisses….
Endlich konnte mal wieder Amtsrichterbashing betrieben werden!
Wenn Sie das so sehen…..
Es betrifft ja bei weitem nicht alle Amtsrichter.
Ich kenne welche die Ihre Examen offensichtlich in der Lotterie gewonnen haben, Gesetzestexte können Sie jedenfalls nicht verstehen – auch nicht die eindeutigsten und Andere die einen ausgezeichneten Job machen und sogar Dinge in den Akten erkennen die den Parteien und den Anwälten entgangen sind.
Es ist in Amtsgerichten halt wie überall auf der Welt. Problematisch wird es bei unanfechtbaren Entscheidungen …