Heute dann mal in der Woche Zivilrecht, und zwar ein Hinweis auf den BVerfG, Beschl. v. 24.03.2016 – 1 BvR 2012/13. Er ist in einem Zivilverfahren ergangen, in dem die Klägerin, die auf die Benutzung einesRollstuhls angewiesen ist, von einer Gemeinde Schmerzensgeld und Schadensersatz verlangt hat. Die Klägerin hatte ihren Pkw auf einem Behindertenparkplatz vor dem Rathaus der Beklagten geparkt. Diese Parkplätze waren/sind mit unregelmäßigen Kopfsteinen gepflastert. Als die Klägering vom Fahrersitz auf den durch Bremsen gesicherten Rollstuhl neben ihrem Pkw (um)steigen wollte, stürzte sie und verletzte sich. Sie hat behauptet, dass der Rollstuhl auf Grund des unebenen Bodenbelages weggerutscht ist. Die Klägerin hat beim LG verloren. Das OLG Schleswig hat ihre Berufung zurückgewiesen, da die Klägerin ein überwiegendes Mitverschulden an dem Unfall gegen sich gelten lassen müsse. Sie habe sich nämlich durch die Nutzung des Parkplatzes einer ihr bekannten und vermeidbaren Gefahr ausgesetzt. Das ergebe sich u.a. auch daraus, dass sie sich in der Vergangenheit öffentlich kritisch u. a. über die mangelnde Rollstuhltauglichkeit des Kopfsteinpflasters in der Stadt geäußert habe. Nach Auffassung des OLG sei es der Klägerin zuzumuten gewesen, einen entfernten Parkplatz zu benutzen, auch wenn sie dadurch Umwege nehmen müsse.
Das BVerfG hat es anders gesehen und hat die OLG-Entscheidung wegen einer Verletzung von Art. 3 Abs. 3 S. 2 GG aufgehoben:
b) Nach diesen Grundsätzen ist die zu einem vollständigen Anspruchsausschluss führende Anwendung von § 254 Abs. 1 BGB zu Lasten der Beschwerdeführerin durch die angegriffene Entscheidung mit Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG unvereinbar, weil sie die Ausstrahlungswirkung von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG ins Zivilrecht außer Acht lässt. Dabei kommt es auf die – nach den von der Verfassungsbeschwerde nicht angegriffenen Feststellungen des Oberlandesgerichts gegebene – Kenntnis der Beschwerdeführerin vom Zustand des in Rede stehenden Behindertenparkplatzes nicht entscheidend an. Denn auch wenn die Beschwerdeführerin die Beschaffenheit des konkreten Parkplatzes kannte, so nutzte sie doch einen Parkplatz, der gerade für Menschen mit Behinderung vorgesehen und somit dazu bestimmt war, in Befolgung des Förderungsauftrags des Staates die gleichberechtigte Teilhabe am Alltagsleben zu ermöglichen, und so den Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten zu kompensieren. Eine etwaige – im Ausgangsverfahren bislang offengebliebene – nicht rollstuhlgerechte Ausgestaltung des Behindertenparkplatzes stellt eine Benachteiligung in diesem Sinne dar, weil die Kompensation des Nachteils in diesem Fall an der Gefährdung der Nutzer scheitert. Daraus ist eine entsprechende Verkehrssicherungspflicht der Beklagten abzuleiten, auf deren Erfüllung sich die Beschwerdeführerin verlassen durfte. Wenn die im Ausgangsverfahren beklagte Stadt einen Behindertenparkplatz ausweist, ihn jedoch nicht entsprechend sachgerecht ausgebaut haben sollte, wofür es bislang an Feststellungen im fachgerichtlichen Verfahren fehlt, kann ein etwaiges Mitverschulden der Beschwerdeführerin zumindest kein solches Gewicht erreichen, dass ein vollständiger Ausschluss eines Schadensersatzanspruchs in Betracht kommt. Dies gilt jedenfalls dann, wenn eine etwaige Verletzung der Verkehrssicherungspflicht tatsächlich für den Unfall ursächlich gewesen sein sollte. Auch dazu bedarf es gegebenenfalls der erforderlichen fachgerichtlichen Feststellungen.“
Also: Auf ein Neues…..
Erschreckene, daß erst das BVerfG gesunden Menschenverstand benutzt hat.
Wenn ein Parkplatz als Behindertenparkplatz ausgewiesen ist (mithin nur von dieser bestimmten Personengruppe überhaupt genutzt werden darf), dann muß er auch für eine -sichere- Nutzung durch diese Personengruppe geeignet sein.