Im Moment gibt es nicht ganz so viel Entscheidungen zur Verständigung (§ 257c StPO) bzw. zur damit korrespondierenden Mitteilungspflicht (§ 243 Abs. 4 Satz 1 StPO). Da erweckt dann ein Beschluss, der für BGHSt vorgesehen ist, schon (besonderes) Interesse, zumal es auch um den zulässigen Inhalt einer Verständigung geht. Dazu hat der 1. Strafsenat des BGH im BGH, Beschl. v. 29.11.2015 – 1 StR 79/15 – ausgeführt, dass die Höhe der Kompensation für eine hinsichtlich Art, Ausmaß und ihrer Ursachen prozessordnungsgemäß festgestellte überlange Verfahrensdauer ein zulässiger Verständigungsgegenstand ist:
„b) Danach erweist sich die Verständigung über Art und Ausmaß einer Kompensation für eine überlange Verfahrensdauer als zulässiger Verständigungsgegenstand (Moldenhauer/Wenske in KK-StPO, 7. Aufl., § 257c Rn. 15; Temming in Gercke/Julius/Temming/Zöller, StPO, 5. Aufl., § 257c Rn. 23; Wenske, DRiZ 2011, 393, 395; vgl. hierzu auch Eschelbach in BeckOK-StPO, 23. Ed., § 257c Rn. 11.3, der zwar Bedenken anmeldet, diese aber an der als problematisch erachteten Vollstreckungslösung festmacht, die jedoch st. Rspr. entspricht; aA Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 257c Rn. 10 freilich ohne Begründung).
aa) Die tatsächlichen Grundlagen, aufgrund derer das Gericht Art und Ausmaß der Verzögerung sowie ihre Ursachen ermittelt hat, sind – ungeachtet der nicht mit dieser Angriffsrichtung erhobenen Rüge – nicht Verständigungsgegenstand gewesen. Anhaltspunkte dafür, dass das Gericht eine Verbindung zwischen der Feststellung einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung oder deren Umfang mit dem Einlassungsverhalten des Angeklagten hergestellt oder diese Feststellung als bloße Honorierung sonstigen prozessualen Wohlverhaltens des Angeklagten behandelt hätte (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 23. Juli 2015 – 3 StR 470/14), ergeben sich weder aus dem vorgetragenen Verfahrensgeschehen noch aus dem vom Gericht unterbreiteten Verständigungs-vorschlag. Zwar ist dem von der Revision vorgetragenen Schreiben der Verteidigung, welches an die Vorgespräche anknüpfte, zu entnehmen, dass das Gericht seine vorläufige Bewertung zu der sich aus den Akten ergebenden Dauer der Verzögerung, insbesondere des der Justiz zuzurechnenden Anteils, kundgetan und diese letztlich auch seinem Verständigungsvorschlag zugrunde gelegt hat. Das ist aber nicht zu beanstanden, vielmehr ist eine Klarstellung der materiellen Grundlagen der zu gewährenden Kompensation Voraussetzung für eine nachvollziehbare Bemessung derselben (vgl. zur strafzumessungsrechtlichen Bewertung des Anklagevorwurfs BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2013 – 3 StR 210/13 mit insoweit zust. Anm. Kudlich NStZ 2014, 284, 286).
Anders als in dem Sachverhalt, der dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 6. Oktober 2010 – 2 StR 354/10 (JR 2011, 167) zugrunde lag, gab es kein gerichtliches „Angebot“ einer die tatsächlichen Grundlagen entbehrenden Feststellung einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung. Lag es dort „auf der Hand, dass eine Art. 6 Abs. 1 MRK widersprechende Menschenrechtsverletzung nicht vorlag“ (BGH aaO; abl. auch Ignor in Satzger/Schluckebier/ Widmaier, StPO, 2. Aufl., § 257c Rn. 43), konnte hier angesichts des zwischen der ersten Anklage und der Eröffnungsentscheidung liegenden Zeitraums von annähernd 45 Monaten – auch unter Berücksichtigung von Phasen nicht der Justiz zuzurechnender Verzögerung – ein kompensationspflichtiger Konventionsverstoß gegen den Beschleunigungsgrundsatz des Art. 6 Abs. 1 MRK nicht zweifelhaft sein.“