Heute werde ich dann drei Entscheidungen des BGH zu Beweiswürdigungsfragen vorstellen. Das ist an sich die Domäne des Tatrichters, in die das Revisionsgericht nicht eingreift. Manchmal aber ist es dann eben doch nötig, vor allem, wenn ein klassischer Anfängefehler vorliegt. Und das war bei dem dem BGH, Urt. v. 16.09.2015 – 2 StR 483/14 – zugrunde liegenden Urteil des Schwurgerichts des LG Gießen (leider) der Fall. Verurteilt worden ist der Angeklagte wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten. Der BGH hebt auf. Begründung: Zwei Beweiswürdigungsfehler, davon einer eben ein Anfängerfehler. Denn grds. muss die Einlassung des Angeklagten im Urteil mitgeteilt werden:
„1. Das Landgericht hat festgestellt, dem Angeklagten sei trotz seiner Al-koholisierung bewusst gewesen, dass V. durch die zahlreichen wuchtigen Schläge und Tritte gegen Kopf, Hals und Oberkörper zu Tode kom-men konnte. Dies habe er bei Ausführung der Tat zumindest billigend in Kauf genommen.
2. Eine Beweiswürdigung hierzu fehlt in den Urteilsgründen. Dies erweist sich aus zwei Gründen als fehlerhaft.
a) Das Landgericht hat nicht mitgeteilt, wie sich der Angeklagte hinsicht-lich der subjektiven Tatseite eingelassen hat. Aus den Ausführungen der Strafkammer ergibt sich zwar, dass die Feststellungen zur Sache auf dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere auf dem glaubhaften Geständnis des Angeklagten, beruhen. Die im Folgenden wiedergegebenen Angaben des Ange-klagten beziehen sich aber lediglich auf den äußeren Geschehensablauf und enthalten keinerlei Hinweise, ob und in welcher Weise der Angeklagte sich hinsichtlich des Tatvorsatzes eingelassen hat.
Aus § 267 StPO, der den Inhalt der Urteilsgründe festlegt, ergibt sich zwar nicht, dass das Gericht verpflichtet ist, eine Beweiswürdigung im Urteil vorzunehmen, in der die Einlassung des Angeklagten mitgeteilt und diese Ein-lassung unter Bewertung der sonstigen Beweismittel gewürdigt wird. Doch ist unter sachlich-rechtlichem Blickwinkel regelmäßig eine Wiedergabe der Einlassung des Angeklagten erforderlich, damit das Revisionsgericht nachprüfen kann, ob sich der Tatrichter unter Berücksichtigung der erhobenen Beweise eine tragfähige Grundlage für seine Überzeugungsbildung verschafft und das materielle Recht richtig angewendet hat (vgl. BGH NStZ 2015, 299; NStZ-RR 2013, 134, 135 m.w.N.; NStZ-RR 1999, 45; siehe auch: OLG Hamm StraFO 2003, 133; OLG Köln StraFO 2003, 313). Es bedarf somit einer geschlossenen und zusammenhängenden Wiedergabe wenigstens der wesentlichen Grundzüge der Einlassung des Angeklagten, regelmäßig auch mit Blick auf die subjektive Tatseite, um die Beweiswürdigung des Tatrichters auf sachlichrechtliche Fehler hin überprüfen zu können. In den Urteilsgründen fehlt dies ebenso wie eine Auseinandersetzung mit der Einlassung des Angeklagten. Schon deshalb ist das Urteil aufzuheben.
b) Die Strafkammer hat auch nicht dargelegt, wie sie zu den Feststellun-gen zur subjektiven Tatseite gelangt ist. Darauf konnte im vorliegenden Fall auch nicht deshalb verzichtet werden, weil die Annahme bedingten Tötungsvorsatzes auf der Hand gelegen hätte. Vielmehr machten die Umstände des Falles eine eingehende Darlegung der Beweiswürdigung zur subjektiven Tatseite erforderlich……“
M:E. Fehler, die einem Schwurgericht nicht unterlaufen dürften….