Archiv für den Monat: Februar 2016

Für die IT-(Straf)Rechtler: Der „Unlock-Code“ fürs Mobiltelefon ist ein „Betriebsgeheimnis“

entnommen wikimedia.org Urheber Frijole

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Wir erleben es immer wieder: Neue Technik, neue Rechtsprobleme. Das sehen wir besonders beim Smartphone und/oder Mobiltelefon, was sicherlich mit deren hohem Verbreitungsgrad zu tun hat. Und das beweist dann einmal mehr der OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.01.2016 – 2 (6) Ss 318/15-AK 99/15. Der behandelt nämlich eins dieser Problem. Aber dieses Mal nicht im Hinblick auf den Begriff der Benutzung i.S. des § 23 Abs. 1a StVO, sondern es geht um den Entsperr-Code („Unlock-Code“) zur Aufhebung der Kartensperre eines Mobiltelefons („SIM-Lock“) .

Mit den damit zusammenhängenden Fragen musste sich das OLG auf der Grundlage dieses Tatgeschehens befassen:

„Der Angeklagte war im Jahr 2008 Geschäftsführer der S. GmbH mit Sitz in L., welche im Handelsregister des Amtsgerichts M. unter HRB XXX eingetragen war. Unter der lnternetadresse „s. .de“ bot er mit seinem Unternehmen neben Mobiltelefonen und diesbezüglichem Zubehör auch Dienstleistungen an.

In Kenntnis der unter a) geschilderten Umstände und im Bewusstsein der Tatsache, dass sein Vorgehen ohne Einwilligung des jeweiligen Netzbetreibers erfolgt und somit unbefugt ist, bot der Angeklagte gleichwohl wissentlich und willentlich an, den SIM-Lock von Mobiltelefonen gegen Entgelt zu entsperren. Auf Grund dessen wurde die von ihm geführte Gesellschaft von Kunden beauftragt, ihnen gegen ein Entgelt den benötigten Entsperr-Code zu übermitteln. Hierzu teilten sie die IMEI-Nummer ihres zu entsperrenden Mobiltelefons dem Angeklagten mit, der diese in aller Regel wiederum an einen tunesischen Kontaktmann weiterleitete. Dieser generierte oder beschaffte sodann selbst den Entsperr-Code oder ließ durch unbekannte Dritte den Entsperr-Code widerrechtlich generieren oder beschaffen und teilte diesen dem Angeklagten mit. Danach reichte der Angeklagte seinen Kunden den Code weiter, die diesen zum Entsperren verwenden konnten. In einigen seltenen Ausnahmefällen gelang es dem Angeklagten, im Internet über verschiedene Webseiten an Anleitungen zur Erstellung des Entsperr-Codes zu gelangen, wobei sich auch für ihn die Durchführung der Anleitungen und die Generierung des jeweiligen Entsperr-Codes aufwändig und schwierig gestalteten, weshalb er in aller Regel den Entsperr-Code gegen Entgelt über seinen tunesischen Kontaktmann bezog.

ln der Zeit von Februar bis Ende August 2008 reichte der Angeklagte in mindestens 137 Fällen die von ihm in unbefugter Weise beschafften Entsperr-Codes ohne Genehmigung der Netzprovider an Kunden weiter, wobei er jeweils handelte, um sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen. Der Preis der erbrachten Leistung lag zwischen 5,99 EUR und 64,50 EUR; im Durchschnitt betrug er knapp 18, – EUR. Der Gesamtbetrag belief sich auf 2.421,46 EUR.“

Das LG hatte hat die Taten als gewerbsmäßigen Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen gem. „§ 17 Abs. 2 Ziffer 2, Abs. 2 Ziffer 1, Abs. 1, Abs. 5 UWG“ in 137 Fällen gewerte. Das OLG schließt sich dem an. Die (amtlichen) Leitsätze seiner Entscheidung:

„1. Der Entsperr-Code („Unlock-Code“) zur Aufhebung der Kartensperre eines Mobiltelefons („SIM-Lock“) stellt ein Betriebsgeheimnis im Sinne des § 17 Abs. 2 UWG dar.

2. Der Entsperr-Code wird nicht dadurch offenkundig, dass er im Internet – gesondert für jedes einzelne Mobiltelefon – unter erheblichen Schwierigkeiten unbefugt in Erfahrung zu bringen ist.

3. Die dauerhafte Sperrung des Entsperr-Codes nach dreimaliger Fehleingabe und die Kosten der Beschaffung eines Entsperr-Codes sind allgemeinkundige Tatsachen.“

„Strafkammertag“ – ein „Aufrüstungstag“? oder: Strafverfahren quo vadis?

© bluedesign - Fotolia.com

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Ich habe hier ja in der letzten Zeit schon ein paar Mal zu der geplanten Änderung der StPO – oder auch StPO-Reform – gepostet, angefangen mit Unbemerkt, oder: Kommt eine große StPO-Reform zur „Effektivierung unseres Strafverfahrens?) zur Einsetzung und Arbeitsaufnahme der Expertenkommission über Kommt jetzt eine große StPO-Reform zur „Effektivierung unseres Strafverfahrens? zu den Ergebnissen (vgl. auch noch „Richtervorbehaltsgötterdämmerung“, oder: Finger weg vom Richtervorbehalt bei der Blutentnahme!!!!). Nun scheinen die Dinge voran zu gehen oder getrieben zu werden. Es existiert nämlich ein erster Rohentwurf aus dem BMJV, der vor einigen Tagen an die Landesjustizverwaltungen versendet worden ist (vgl. hier bei LTO).

Was drin steht, ich weiß es nicht, bisher hatte ich keine Gelegenheit, den „Rohentwurf“ zu sehen. Ich vermute mal auf jeden Fall die Änderung des § 81a Abs. 2 StPO und wahrscheinlich auch die Einführung einer Anwesenheitspflicht bei/zu polizeilichen Vernehmungen. Über alles anders kann man nur spekulieren.

Und ob es ein „großer Wurf“ ist, das wird man auch bezweifeln können/dürfen, wenn er auf den Vorschlägen der Kommission beruht (ich verweise nur auf Schünemann in StraFo 2016, 45 ff., der den Vorschlägen der Expertenkommission eine – gelinde ausgedrückt – nicht gute Kritik erteilt hat).

Was mich umtreibt, sind die Nachrichten der vergangenen Woche über den „Strafkammertag“ in Hannover, an dem rund 70 Richter teilgenommen haben – jeweils zwei bis drei vornehmlich Richter am LG aus allen 24 Oberlandesgerichtsbezirken (vgl. hier bei LTO). Ich hatte erst angenommen, es handle sich um eine Konkurrenzveranstaltung zum „Strafverteidigertag“, aber mich dabei getäuscht. Denn es handelte sich um eine Veranstaltung, die den Richtern bei den Plänen zur Reform StPO mehr Gehör zu verschaffen soll. Sie fühlten sich in der Experten-Kommission unterrepräsentiert. Und die Ergebnisse gehen der Richterschaft, vor allem offenbar den OLG-Präsidenten/innen nicht weit genug. Dazu aus dem Interview, das LTO mit Götz von Olenhusen, dem Präsidenten des OLG Celle, geführt hat:

„Götz von Olenhusen: Die Vorschläge reichen aus unserer Sicht nicht aus. Vor allem betreffen die Empfehlungen im Wesentlichen Veränderungen im Ermittlungsverfahren. Unser Fokus liegt dagegen auf den Reformerfordernissen für das Hauptverfahren. Die kommen nach dem Verständnis der Richterschaft viel zu kurz. Die Vorschläge der Kommission sehen zwar auch eine Frist für Beweisanträge und etwa eine Videoaufzeichnung vor, das ist aber wirklich nicht genug.“

Also war der „Strafkammertag“ dann wohl eher ein „Aufrüstungstag“. Und dass das nicht verkehrt ist, beweist mir die gemeinsame PM des KG und der OLG v. 16.02.2106, unter dem schönen Titel: „Reform des Strafprozesses – Praktiker melden sich zu Wort“ und dem „Obersatz“: „Der Strafprozess muss effektiver gestaltet werden, so lautet das klare Fazit des bundesweiten Strafkammertages, der heute am Landgericht Hannover stattfand.“ Und da ist dann viel die Rede von Flexibilität, Beschleunigung usw. Auf dem Altar wird man – befürchte ich – manches opfern oder will opfern, aber das war leider zu erwarten bei einer Kommission, die ein „StPO-Reform zur „Effektivierung unseres Strafverfahrens“ einleiten sollte.

Und wenn man dann
Einige Thesen und Forderungen der Praktikerinnen und Praktiker:

  • bindende Vorabentscheidung über Besetzungsrügen wegen falscher Gerichtsbesetzung
  • Beschleunigung des Verfahrens durch Geltendmachung von Einwendungen schon im sog. Zwischenverfahren zwischen Anklageerhebung und Eröffnung der Hauptverhandlung
  • Strafabschläge wegen überlanger Verfahrensdauer durch flexiblere Möglichkeiten der Geschäftsverteilung innerhalb der Gerichte vermeiden
  • Fristsetzung für Beweisanträge, die nach Abschluss der von Amts wegen durchgeführten Beweisaufnahme gestellt werden
  • mehr Möglichkeiten zum Verlesen von Zeugenantworten in Fragebögen in gleichgelagerten Masseverfahren (bspw. Internetkriminalität)
  • Behandlung von Befangenheitsanträgen außerhalb der Hauptverhandlung: Fortsetzung der Verhandlung; Entscheidung über das Befangenheitsgesuch spätestens binnen 3 Wochen
  • Konzentration der Wirtschaftsstrafkammerstandorte in den Ländern und länderübergreifend
  • Unterstützung von Richterinnen und Richtern in Wirtschaftsstrafverfahren – Fachkräftepool bilden (Sachbearbeiter, Wirtschaftsreferent, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer)

liest, dann fragt man sich „Strafverfahren, qou vadis“?

Denn was soll sie z.B. bringen, eine „bindende Vorabentscheidung über Besetzungsrügen wegen falscher Gerichtsbesetzung„? Wer soll entscheiden? Wahrscheinlich das OLG. Aber was hat das mit dem Verfahren zu tun? Und warum nur eine bindende Vorabentscheidung über Besetzungsrügen? Dann könnte man doch gleich auch alle Beanstandungen von Vorsitzendenmaßnahmen (§ 238 Abs. 2 StPO) mitaufnehmen, was sicherlich die Revisionsgerichte entlasten würde.

Und warum eine „Beschleunigung des Verfahrens durch Geltendmachung von Einwendungen schon im sog. Zwischenverfahren zwischen Anklageerhebung und Eröffnung der Hauptverhandlung“? Wenn man mit Verteidigern spricht, hört man doch immer wieder die Klage, dass sie den Eindruck haben, dass das, was im Zwischenverfahren vorgetragen wird, eh keinen interessiert, sondern i.d.R. eröffnet wird.

Und was soll ein „Fachkräftepool“ bringen? Sind das Hilfsrichter? Welche Stellung haben sie und wie wird deren Arbeit  kontrolliert?

Alles in allem: Ich habe ein ungutes Gefühl. Aber es kann ja noch werden…..

Sonntagswitze, heute das Wetter…..das ist ein Witz

© Teamarbeit - Fotolia.com

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Sonntagswitze heute mal über das Wetter, bietet sich m.E. an, wenn man so nach draußen schaut und sich den Winter „ansieht“. Das/der ist ein Witz. Da habe ich dann (gefunden):


 

Passte auch zu den Ostfriesenwitzen:

Immer wenn es blitzt und donnert, stehen die Ostfriesen auf ihrem Balkon und schauen freundlich in den Himmel.
Warum?
Weil sie meinen, der liebe Gott fotografiere sie.


 

Die Meteorologen beim Fernsehen verlangen mehr Geld.
Der Intendant: „Dann werden die Wettervorhersagen eben gekürzt und die besten Folgen wiederholt!“


Der Pilot der bald landenden Maschine fragt den Flughafentower: „Wie ist das Wetter bei Ihnen?“
Tower: „Wir haben zehn Achtel Bewölkung“
Pilot: „Wie können Sie zehn Achtel haben?“
Tower: „Ganz einfach. Gestern hatten wir acht Achtel – und heute sieht es viel schlechter aus.“


 

Und dann war da noch:

Fliegen zwei Engel durch den Himmel.
Fragt der eine den anderen: „Sage mal, weißt Du eigentlich, wie morgen das Wetter wird?“
„Ich glaube wolkig.“
„Gut, dann können wir uns endlich mal wieder hinsetzen!“

Wochenspiegel für die 7. KW., das war Unschuldsvermutung, Papierakte, Wohnraum für Flüchtlinge und die Schrittgeschwindigkeit von Verteidigern

© Aleksandar Jocic - Fotolia.com

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Eine m.E. – was die Blogbeiträge/-themen angeht – eher unspektakuläre Woche geht zu Ende, so wie sie begonnen hat, mit Regen- und Schmierwetter. Wer noch auf ein wenig Winter gehofft hatte, der ist auch in dieser Woche enttäuscht worden. Ich berichte aus dieser Woche dann ber dennoch über:

  1. Prominente Juristen machen sich für Unschuldsvermutung stark, nicht nur für SchalkeSchlake-Fans,

  2. Jetzt als Rechtsanwalt schon komplett auf die Papierakte verzichten?,

  3. Update: Beschlagnahmeverfügung zur Bereitstellung von Wohnraum für Flüchtlinge,

  4. Joint am Vorabend, mor­gens ein Medikament mit THC, abends am Steuer – AG muss Gutachten ein­ho­len,

  5. Aufgepasst… Arbeitgeber liest mit und darf es auch,

  6. Fahrzeug spei­chert Daten zum Fahrverhalten und sen­det sie an den Hersteller: Sachmangel?,

  7. OLG Koblenz: Amtshaftung bei schwerwiegenden prozessualen Fehlern,

  8. was man immer schon mal wissen wollte: Urteil: 4,3 km/h – so schnell müssen Strafverteidiger gehen,

  9. und dann war da noch: Juristische Staatsprüfung: Besitz einer nicht zugelassenen Vorschriftensammlung

  10. und ganz zum Schluss: Juristenwitze und Gerichte.

Eine Fußballkarte für 30.000 €?, oder: Ein teurer Böllerwurf

entnommen wikimedia.org Urheber Amarhgil

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Passend zu den samstäglichen Fußballbundesliga-Spielen dann das OLG Köln, Urt. v. 17.12.2015 – 7 U 54/15. Das ist die Sache mit dem „Böllerwurf“, der für einen Zuschauer des Spiels 1 FC. Köln/SC Paderborn im Februar 2014 – ja da waren die Paderborner noch in der 1. Fußballbundesliga – einen Böller auf die Nordtribüne des Kälner Fußballstadions geworfen hatte. Der DFB hatte dann später gegen de. 1. FC Köln u.a. auch wegen dieses Wurfs eine Verbandsstrafe über insgesamt 50.000 € festgesetzt. 30.000 € wollte der 1. FC Köln von dem „Fan“/Zuschauer wieder haben und hat den auf Zahlung verklagt. Das LG hatte der Klage statt gegeben, das OLG hat sie dann abgewiesen:

„Es fehlt jedoch an dem erforderlichen Zurechnungszusammenhang. Denn die Verhängung der Verbandsstrafe unterfällt nicht mehr dem Schutzzweck der vom Beklagten verletzten Pflichten.

Nach der Lehre vom Schutzzweck besteht eine Schadensersatzpflicht nur dann, wenn der geltend gemachte Schaden nach Art und Entstehungsweise unter den Schutzzweck der verletzen Norm fällt (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 74. Aufl., 2015, vor § 249 Rn. 29 m.w.N.). Es muss sich um Nachteile handeln, die aus dem Bereich der Gefahren stammen, zu deren Abwendung die verletzte Norm erlassen oder die verletzte vertragliche oder vorvertragliche Pflicht übernommen worden ist. Der Nachteil muss zu der vom Schädiger geschaffenen Gefahrenlage in einem inneren Zusammenhang stehen; eine bloß zufällige äußere Verbindung genügt nicht. Der Schaden muss auch gerade durch die Pflichtwidrigkeit der Handlung verursacht worden sein.

An diesen Voraussetzungen fehlt es vorliegend.

Maßgeblich für das Verbot des Zündens von Knallkörpern im Stadion und hierdurch verursachter Spielstörungen ist die besondere Gefährlichkeit von Knallkörpern für die menschliche Gesundheit. Zuschauer, Organisationspersonal und Spieler sind durch die mit dem Feuer und der Explosion verbundenen Gefahren gleichermaßen bedroht (vgl. OLG Frankfurt, 3 U 140/10, Urteil vom 24.02.2011). Diese vom Beklagten geschaffene Gefahrenlage hat sich hinsichtlich des geltend gemachten Schadens jedoch nicht realisiert. Realisiert hat sich hierin vielmehr das durch die Unterwerfung der Klägerin unter die Regeln des DFB geschaffene Risiko, dass der Verein für sportliche Vergehen seiner Anhänger die Verantwortung zu übernehmen hat und dementsprechend im Rahmen des Verbandes mit Strafen belegt werden kann (§ 44 der Satzung des DFB, §§ 1 Abs. 4, 9a der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB). Diese Gefahr hat jedoch die Klägerin selbst durch ihre Mitgliedschaft im DFB begründet. Es ist für den Senat nicht zu erkennen, dass der Beklagte als Zuschauer seine Rücksichtnahmepflichten, hier in Gestalt des Verbots des Zündens von Knallkörpern, übernommen hätte, um den Verein (auch) vor Verbandsstrafen zu schützen. Zwar dürfte auch dem Beklagten nicht entgangen sein, dass der DFB dem Verein bei entsprechenden Vorfällen eine Verbandsstrafe auferlegen kann. Insoweit jedoch eine bewusste Übernahme dieses Risikos durch den Beklagten als Zuschauer anzunehmen, erscheint dem Senat zu weitgehend. Die komplexe Rechtslage nach der Satzung des DFB und der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB sowie die möglichen finanziellen Folgen dürften sich dem durchschnittlichen Zuschauer kaum erschließen. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Klägerin im Rahmen der Ausgestaltung des Zuschauervertrages das Risiko einer Verbandsstrafe auf den Zuschauer hätte überwälzen wollen. Nach Auffassung des Senats liefert die in den Zuschauervertrag einbezogene Stadionordnung vielmehr einen Hinweis darauf, dass auch die Klägerin bei der von ihr vorgegebenen Vertragsgestaltung nicht unbedingt von einem entsprechenden Schutzzweck bereits der Verhaltenspflichten aus dem Zuschauervertrag ausgegangen sein dürfte. Denn in § 7 Abs. 2 der Stadionordnung findet sich eine ausdrückliche Regelung über eine Vertragsstrafe für den Fall des Abbrennens pyrotechnischer Gegenstände. Danach fällt bei Verstoß gegen § 6 Abs. 3 lit. h (u.a. Abbrennen von Feuerwerkskörpern) eine Vertragsstrafe von bis zu 1.000,00 € an. Zwar findet sich der Hinweis in § 7 Abs. 2 der Stadionordnung, dass weitere Schadensersatzansprüche, Unterlassungsansprüche oder sonstige vertragliche Ansprüche hiervon unberührt bleiben. Doch spricht der Grundsatz der effektiven Vertragsauslegung zunächst dafür, dass der Vereinbarung einer Vertragsstrafe gerade auch für den Fall des Abbrennens von Feuerwerkskörpern eine eigenständige Bedeutung zukommt.

Der Senat verkennt nicht, dass in der weiteren Rechtsprechung überwiegend eine Haftung des störenden Zuschauers für dem betroffenen Verein vom DFB auferlegte Strafen bejaht (vgl. OLG Rostock, 3 U 106/05, Urteil vom 28.04.2006; LG Düsseldorf, 11 O 339/10, Urteil vom 25.08.2011; LG Karlsruhe, 8 O 78/12, Urteil vom 29.05.2012; AG Brakel, 7 C 680/87, Urteil vom 15.06.1988; AG Lichtenberg, 3 C 156/09, Urteil vom 08.02.2010; AG Lingen, 4 C 1222/09, Urteil vom 17.02.2010) und nur ausnahmsweise eine solche abgelehnt wird (vgl. LG Hannover, 2 O 289/14, Urteil vom 26.05.2015). Diese Entscheidungen setzen sich nur zum Teil mit Fragen des Zurechnungszusammenhangs auseinander.“

Damit darf/kann sich dann jetzt in der Revision der BGH befassen. Und der „Fan“/Zuschauer wird dann von dort erfahren, ob es ein ganz teures Spiel für ihn wird.