Wenn man den LG Rostock, Beschl. v. 21.07.2015 – 18 Qs 212/14 liest, dann hat man schon den Eindruck, dass das AG Rostock nach der Devise verfahren ist: Ach, durchsuchen wir doch mal beim Verteidiger/die Rechtsanwaltskanzlei. Jedenfalls hat es m.E. wenig Gedanken an den Schutz von Berufsgeheimnisträgern (§§ 53, 160a StPO) und überhaupt an die Voraussetzungen für die Anordnung eines Durchsuchungsmaßnahme verschwendet. Das führt dann zur Feststellung des LG, dass die Durchsuchung der Kanzleiräume des beschuldigten Rechtsanwalts rechtswidrig war. Das LG hat zwei Beanstandungen:
- „Inhaltlich leidet die Anordnung der Durchsuchung an Mängeln, da sie nicht hinreichend erkennen lässt, auf welche Straftat sich der die Anordnung begründende Anfangsverdacht richtet. Um die Durchsuchung rechtsstaatlich zu begrenzen, muss der Richter die aufzuklärende Straftat, wenn auch kurz, doch so genau umschreiben, wie es nach den Umständen des Einzelfalls möglich ist (BVerfG, Beschluss vom 9. 2. 2005 – 2 BvR 984/04, 1018/04 und 1030/04, NStZ-RR 2005, 203-205; BVerfG: Beschluss vom 07.09.2007 – 2 BvR 260/03, BeckRS 2007 26569, jew. m.w.Nachw.). In dem Durchsuchungsbeschluss vom 25.09.2014 fehlen konkrete Ausführungen zu der Haupttat, an welcher sich der Beschuldigte als Gehilfe beteiligt haben soll. Dort wird nur ausgeführt, dass es Anhaltspunkte für eine bewusste uneidliche Falschaussage gegeben habe. Ohne die Darstellung, inwieweit die Zeugen falsch ausgesagt haben, ist aber auch die Annahme, dass der Beschuldigte J. „steuernden Einfluss auf die falschen Aussagen der Zeugin S. genommen und diese dazu angestiftet“ habe, nicht zu begründen.“
- Die Anordnung der Durchsuchung war zudem auch unverhältnismäßig. Denn: Zum Zeitpunkt der Anordnung der Durchsuchung gab es zwar gewisse Verdachtsmomente dahin, dass zumindest die Zeugen S. und W. in der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Rostock im Verfahren 18 KLs 69/13 in Teilen die Unwahrheit gesagt haben könnten. Die Akten, welche dem Ermittlungsrichter vorlagen, bestanden indes hauptsächlich aus einer knappen Darstellung des komplexen Verfahrens und der Hauptverhandlung innerhalb der Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 24.09.2014. Weitgehend auf Vermutungen wurde der Verdacht gestützt, dass der Beschuldigte die Zeugen in rechtswidriger Weise zu einer Falschaussage verleitet oder eine solche unterstützt haben sollte. Die Darstellung ist möglicherweise noch ausreichend, um plausibel einen Anfangsverdacht zu begründen. Eine ausreichende Grundlage für die Anordnung der Durchsuchung einer Rechtsanwaltskanzlei ist sie jedoch nicht.
Und? Macht das AG doch morgen wieder genauso.