Folgender Sachverhalt hat in einem amwaltsgerichtlichen Verfahren jetzt vor kurzem dem BGH beschäftigt:
„Der Kläger ist im Bezirk der Beklagten zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Die Sozietät, der er angehört, vertrat drei Mandanten in einem Rechtsstreit, in welchem diese auf Räumung einer Immobilie in Anspruch genommen wurden. Der Rechtsstreit endete mit einem gerichtlichen Vergleich, in welchem sich die dortige Klägerin verpflichtete, die außergerichtlichen Kosten von zwei der drei Mandanten des Klägers zu übernehmen. Gegenüber dem vom Kläger erwirkten Kostenfestsetzungsbeschluss erklärte die Bevollmächtigte der Gegenseite die Aufrechnung. Der Kläger widersprach. Als die Bevollmächtigte der Gegenseite erklärte, an der Aufrechnung festhalten zu wollen, antwortete der Kläger mit einer E-Mail folgenden Inhalts:
„Sehr geehrte Frau Rechtsanwältin, tun Sie sich doch bitte einen Gefallen und überspannen den Bogen nicht. Ihre Ausführungen im Fernkopieschreiben von soeben, 17.31 Uhr, verstehen wir als Betrugsversuch und werden Sie, sofern Sie nicht umgehend davon Abstand nehmen, bei der Staatsanwaltschaft anzeigen. Sie sollten schnell handeln, weil wir bei Betrug keinen Spaß verste-hen und schon gar nicht, wenn ein Rechtsanwalt der Betrüger ist!!!! Mit freundlichen Grüßen …“.
Mit Schreiben vom 7. Januar 2014 sprach die Beklagte, die RAK Sachsen-Anhalt wegen Verstoßes gegen das Gebot der Sachlichkeit gemäß § 43a Abs. 3 BRAO eine missbilligende Belehrung aus. Die Klage gegen diese Verfügung ist beim AnwGH erfolglos geblieben. Der Kläger hat dann die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Anwaltsgerichtshofs. Der BGH hat die im BGH, Beschl. v. 01.12.2014 – AnwZ (Brfg) 29/14 – nicht zugelassen:
„b) Das angefochtene Urteil ist richtig.
aa) § 43a Abs. 3 BRAO verbietet ein unsachliches Verhalten bei der Be-rufsausübung des Rechtsanwalts. Unsachlich sind insbesondere herabsetzende Äußerungen, zu denen andere Beteiligte oder der Verfahrensverlauf keinen Anlass gegeben haben (§ 43a Abs. 3 Satz 2 BRAO).
bb) Die Verfahrensbevollmächtigte der Gegenseite hat weder einen voll-endeten noch einen versuchten Betrug (§ 263 StGB) zum Nachteil der Mandanten des Klägers begangen. Sie hat insbesondere nicht über Tatsachen getäuscht, sondern lediglich eine Auslegung des gerichtlichen Vergleichs vorgenommen, die sich auch im Ergebnis als zutreffend erwies: Die Zwangsvollstreckung aus dem fraglichen Kostenfestsetzungsbeschluss wurde für unzulässig erklärt; die Mandanten des Klägers wurden verurteilt, die vollstreckbare Ausfertigung des Beschlusses herauszugeben.
Zwar ist das Bemühen des Klägers, ein für seine Mandanten günstigeres Ergebnis zu erreichen, nicht per se zu beanstanden. Hierzu war der Kläger vielmehr aufgrund des zwischen ihm und seinen Mandanten bestehenden Anwaltsvertrages berechtigt und verpflichtet. Den objektiv falschen, nicht belegbaren Vorwurf des Betruges zu erheben, die Bezeichnung der gegnerischen Bevollmächtigten als Betrügerin und die Drohung mit einer Strafanzeige gingen jedoch weit über dieses legitime Ziel hinaus. Der Kläger hat die gegnerische Bevollmächtigte, die ihrerseits die Interessen ihrer Mandantin wahrzunehmen hatte, vielmehr persönlich angegriffen und beleidigt. Einen Anlass hierzu hatte die gegnerische Bevollmächtigte nicht gegeben. Sie hatte das Anliegen ihrer Mandantschaft vielmehr sachlich und höflich vorgebracht und erläutert.
cc) Ein Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot des § 43a Abs. 3 BRAO wird auch weder durch mangelnde Tatsachenkenntnisse noch durch fehlerhafte Rechtsansichten gerechtfertigt oder entschuldigt. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass entgegen der Annahme des Anwaltsgerichtshofs nicht er, sondern eine Rechtsanwältin U. F. den Gerichtstermin wahrgenommen und den Vergleich geschlossen habe, belegt dies die umfänglich beschriebenen Fehlvorstellungen, denen der Kläger deshalb unter-legen sein will, nicht nachvollziehbar. Unabhängig hiervon hätte der Kläger ge-rade dann, wenn er nicht auf dem neuesten Stand der Angelegenheit war und seine diesbezügliche Unwissenheit auch nicht durch Rücksprache mit der bes-ser unterrichteten Terminsvertreterin beheben wollte, Anlass zu größerer Zurückhaltung gehabt.
dd) Die Beklagte hat schließlich nicht gegen das Übermaßverbot versto-ßen. Sie hat trotz des erheblichen Fehlverhaltens des Klägers von einer Rüge nach § 74 BRAO abgesehen und sich auf das vergleichsweise milde Mittel der missbilligenden Belehrung entsprechend § 73 Abs. 2 Nr. 1 BRAO beschränkt.“
Netter Umgangston da in Sachsen-Anhalt 🙂 .
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Sie erklären: Ein Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot des § 43a Abs. 3 BRAO wird auch weder durch mangelnde Tatsachenkenntnisse noch durch fehlerhafte Rechtsansichten gerechtfertigt oder entschuldigt.
Ich erlebte jahrzehntelang totales Unterlaufen des Sachlichkeitsgebotes!
Handakten u. erledigte pfändbare Kostenfestsetzungstitel die ich unter Vorbehalt überwiesen musste, um Zwangsvollstreckungen zu verhindern bekam ich niemals geprüft und niemals als Erledigt unter Vorbehalt zurück!
Niemand hat mir jemals beistehen wollen, die Gebührenordnung für Gemeinschaftseigentümer angewendet zu bekommen!
Als ich Ihren Artikel hier gelesen habe, dachte ich: Schön wäre es, wenn so etwas in Wirklichkeit geschehen würde!
überweisen musste
erledigt