Im Strafverfahren gibt es – von mir – so genannte „Wellenbewegungen/Wellenprobleme“. Das sind Probleme und Fragen, die kommen, die die Praxis eine Zeitlang beschäftigen und dann wieder zurückgehen, weil sich die Rechtsprechung der Obergerichte auf die Problematik „eingeschossen“ = sie (vermeintlich) gelöst hat. Meist ist das spätestens dann der Fall, wenn einige Obergerichte Stellung genommen haben und sich eine h.M. gebildet hat. Dann macht es häufig nur noch wenig Sinn, dagegen anzurennen, weil das dann ggf. betroffene OLG eh nur noch von den Beschlüssen anderer OLG abschreibt. Das haben wir z.B. bei der sog. „Verjährungsfalle“ erlebt, das haben wir im Bußgeldverfahren bei der Problematik der Akteneinsicht in die Bedienungsanleitung und/oder andere Unterlagen erlebt.
Und zu diesen „vergesssenen“ oder auch „überholten Problemen gehören auch die mit dem Richtervorbehalt bei der Blutentnahme (§ 81a Abs. 2 StPO) zusammenhängenden Fragen. Da haben wir nach der Entscheidungen des BVerfG aus Februar 2007 – ja, so lange ich das her – eine Riesenwelle von Entscheidungen gehabt, die inzwischen aber abgeebbt ist. Aber: Hin und wieder gibt es dann doch noch einen Nachzügler, wie jetzt z.B. den KG, Beschl. v. 09.10.2014 – 3 Ws (B) 507/14 – 122 Ss 147/14. Nicht Neues, sondern obergerichtlicher Mainstream, der sich in folgenden Leitsätzen zusammen fassen lässt:
- Allein der Umstand, dass auf den Betroffenen Alkohol oder illegale Drogen einwirken, stellt seine Einwilligungsfähigkeit in eine Blutentnahme nicht grundsätzlich in Frage. Denn es reicht aus, dass der Tatrichter davon überzeugt ist, dass der Betroffene den mit der Blutentnahme verbundenen körperlichen Eingriff und dessen Risiken überblicken konnte.
- Ein Erfordernis, dass die Einwilligung des Betroffenen schriftlich zu erfolgen hat, ist weder § 81a StPO noch allgemeinen Grundsätzen des Strafprozessrechts zu entnehmen. Ob eine solche vorliegt, unterliegt der freien Beweiswürdigung.
- Ein Verstoß der Ermittlungsbehörden gegen die Dokumentations- und Begründungspflicht im Falle der Anordnung einer Blutentnahme unter der Annahme von Gefahr im Verzuge nach § 81a Abs. 2 StPO begründet kein Beweisverwertungsverbot.
Anders ausgedrückt: Das Problem kann man zwischenzeitlich vergessen – nachdem die Obergerichte sich mehr oder weniger auf die Formel eingeschossen haben, das doch sein kann, was nicht sein darf und nahezu jede regelwidrige Blutentnahme durchwinken. 🙁
In diesem Sinne: Einen Guten Rutsch ins Neue Jahr – und bleiben Sie kritisch! 😉
ich werde mich bemühen 🙂