„Mama gefallen“ – das kann ggf. vor einem Fahrverbot retten

AusrufezeichenImmer wieder müssen sich die OLG auch in Bußgeldsachen mit Rechtfertigungsgründen auseinander setzen. So jetzt gerade erst wieder das OLG Celle im OLG Celle, Beschl. v. 01.10.2014 – 321 SsBs 60/14. Da war der Betroffene außerorts um 46 km/h zu schnell gefahren. Er hatte gegenüber dem Anhaltebeamten angegeben, er habe es eilig gehabt, seine Mutter sei gestürzt, sein Vater sei schon ein hundertprozentiger Pflegefall und er, der Betroffene, habe seiner Mutter zu Hilfe eilen wollen, da keine anderweitige Hilfe zur Verfügung gestanden habe. Das AG hatte das Vorliegen eines rechtfertigenden Notstandes gemäß § 16 OWiG verneint, da sich der Betroffene nach seiner Einlassung zum Messzeitpunkt nur noch ca. 3 Minuten Fahrtzeit vom Hof seiner Eltern entfernt befunden habe. Das OLG fährt zweigleisig:

Es verneint ebenfalls das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes, weil nicht erkennbar/festgestellt und auch vom Betroffenen nicht vorgetragen worden sei, dass ihm kein anderes Mittel zur Abwendung der Gefahr zur Verfügung gestanden hätte. Das bedeutet: Es bleibt beim Schuldspruch.

Aber beim Fahrverbot erscheint ein „kleines Licht am Ende des Tunnels“, denn:

„2. Zum Rechtsfolgenausspruch konnte das angefochtene Urteil jedoch keinen Bestand haben. Das Amtsgericht hat festgestellt, dass der Betroffene gegenüber dem Anhaltebeamten angegeben hat, die Geschwindigkeit überschritten zu haben, weil er seiner gestürzten Mutter habe zu Hilfe eilen wollen, da keine anderweitige Hilfe zur Verfügung gestanden habe. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass dies allein nicht ausreicht, um eine Geschwindigkeitsüberschreitung gemäß § 16 OWiG zu rechtfertigen, ist es doch anerkannt, dass ein mit einem Rettungswillen begangener Verkehrsverstoß dazu führen kann, dass nach einer Abwägung aller relevanten Umstände sich ergibt, dass dem Fahrzeugführer dieser Verkehrsverstoß nicht als grobe Pflichtverletzung anzulasten ist (vgl. OLG Köln, a. a. O.; KG Berlin, a. a. O.). Der von dem Betroffenen für die Geschwindigkeitsüberschreitung angeführte Grund stellt, sofern der Betroffene deshalb geglaubt haben sollte, zu der Geschwindigkeitsüberschreitung berechtigt gewesen zu sein, wozu abschließend noch keine Feststellungen getroffen worden sind, allenfalls einen vermeidbaren Verbotsirrtum dar, der den Schuldspruch wegen vorsätzlichen Verstoßes unberührt lässt (vgl. dazu OLG Köln, a. a. O.). Auch ein vermeidbarer Verbotsirrtum kann die Tat aber grundsätzlich in einem milderen Licht erscheinen lassen. Selbst bei irrtümlicher Annahme eines Notstandes durch den Betroffenen ist durch das Gericht daher zu prüfen, ob nicht ausnahmsweise von der Verhängung des Regelfahrverbotes abgesehen werden kann.

 Sollte dies der Fall gewesen sein, also der Betroffene irrig angenommen haben, er dürfe sich wegen einer Gefahrenlage über die Geschwindigkeitsbeschränkungen hinwegsetzen, dann ist die vorsätzliche Begehungsweise gerade typisch für diese Konfliktsituation und würde keine erhöhte Vorwerfbarkeit begründen (vgl. dazu OLG Köln, a. a. 0.). Es war daher die Rechtsfolge nicht nur hinsichtlich der Anordnung des Fahrverbotes, sondern auch hinsichtlich der Erhöhung der Geldbuße aufzuheben.“

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