Die „Umbeiordnungsproblematik“, wer kennt sie als Verteidiger nicht. Meist in folgender Konstellation: Der Beschuldigte wird in einem Vorführtermin in Haft genommen und es wird ihm ein Pflichtverteidiger beigeordnet. So weit, ggf. auch so gut. Aber was ist, wenn der Beschuldigte diesen dann nicht (mehr) will und sich also ein Verteidiger des Vertrauens meldet, der beantragt, beigeordnet zu werden. Dann geht haüfig das Gezerre los, auch wenn der erste Verteidiger mit der „Umbeiordnung“ einverstanden ist.
Der LG Osnabrück. Beschl. v. 16.01.2014 – 1 Qs 4/14 – löst diese Problematik über die Frage der Anhörungspflicht aus § 142 Abs. 1 StPO, die auch dann gelte, wenn
„sich die Notwendigkeit der Verteidigung .aus § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO ergibt und der Verteidiger in diesem Fall gemäß § 141 Abs. 3 Satz 4 StPO „unverzüglich‘ nach Beginn der Vollstreckung zu bestellen ist. Dies ändert nichts daran, dass dem Beschuldigten zur Ausübung seines Anhörungs- und Mitbestimmungsrechts zunächst ausreichend Gelegenheit gegeben werden muss, einen Verteidiger zu bezeichnen. „Unverzüglich“ bedeutet weder „gleichzeitig“ noch „sofort“, sondern — wie sonst im Rechtsverkehr üblich — „ohne schuldhaftes Zögern“, d.h. dem Verfahren ist wegen der Freiheitsentziehung auch insoweit besonders beschleunigt Fortgang zu geben. Die Gewährung einer angemessenen Überlegungsfrist in den Fällen des § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO gebietet schon die besondere Situation des — wie auch hier — oftmals überraschend und gerade eben in Untersuchungshaft genommenen Beschuldigten. Anderenfalls bestände die Gefahr, dass der Beschuldigte langfristig an einen Pflichtverteidiger gebunden bliebe, den er nicht gewählt hat oder an dessen Auswahl er sich infolge der Kürze der Zeit zwischen Verhaftung und Vorführung nicht hinreichend qualifiziert hat beteiligen können. Ein derartiges Ergebnis entspräche nicht dem Willen des Gesetzgebers, der die Rechtsstellung des Beschuldigten – insbesondere unter dem Gesichtspunkt seiner Verteidigung — durch die Schaffung des § 140 Abs. 1 Nr. 4 StPO gerade stärken wollte (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 02.02.2011 2 Ws 50/11 —, juris). Ein Vorenthalten jeglicher Möglichkeit, nach einer Überlegungsfrist von im Regelfall mindestens einigen Tagen Stellung .zu beziehen, hat der Gesetzgeber mit der Regelung des § 141 Abs. 3 Satz 4 StPO ersichtlich nicht bezweckt, zumal er die Anhörung nach § 142 Abs. 1 Satz 1 StPO in Haftsachen nicht hat entfallen lassen.“
Und dann ordnet das LG ganz zwangslos um, ohne ein Wort auf die Gebührenfrage zu verschwenden. Das hatte übrigens dasselbe Gericht mal anders gesehen (vgl. hier: Pflichtverteidiger muss sich kümmern – sonst fliegt er raus…ein neuer Pflichtverteidiger darf aber nichts kosten).
Dass es das überhaupt noch gibt „nach Durchsicht der Pflichtverteidigerliste“, obwohl die Anhörung doch Standard ist? Ich habe in einem etwas weiter südlich gelegenen Bundesland ein Eröffnungsprotokoll gesehen, das offenbar standardmäßig die Alternativen vorsah
– will X
– brauche 3 Tage Zeit
– brauche 5 Tage Zeit
Das mit dem Vertrauensanwalt ist so eine Sache. Gelegentlich wird besonders dort, wo der Anwaltsmarkt sehr dicht ist, der ursprünglich durchaus gewollte und kompetente Verteidiger unschön von der ortsansässigen Konkurrenz herausgekegelt nach entsprechender knastologischer Beratung in der JVA.