Schon ein wenig länger hängt in meinem „Blogordner“ der BGH, Beschl. v. 11.02.2014 – 1 StR 355/13, der zu der von der Praxis nicht unwichtigen Frage des Rechts auf Akteneinsicht in die Daten der Telekommunikationsüberwachung Stellung nimmt. Also: Darf Einsicht genommen werden, wenn ja, wann und wie. Der Beschluss ist sehr umfangreich begründet und lässt sich hier nur mit einer allgemeinen Zusammenfassung darstellen. Darüber hinaus empfehle ich die Selbstlektüre.
Folgende Zusammenfassung ist m.E. möglich:
- Die aufgezeichneten Daten der Telekommunikationsüberwachung unterliegen insgesamt dem Recht auf Akteneinsicht und Besichtigung amtlich verwahrter Beweisstücke, das – konkretisiert durch die Identität von Tat und Täter – jedenfalls das gesamte vom ersten Zugriff der Polizei an gesammelte Beweismaterial einschließlich etwaiger Bild- und Tonaufnahmen umfasst, das gerade in dem gegen den Angeklagten gerichteten Ermittlungsverfahren angefallen ist.
- Bei Tonaufzeichnungen von Überwachungsmaßnahmen handelt es sich um Augenscheinobjekte, die als Beweisstücke grundsätzlich nur am Ort ihrer amtlichen Verwahrung besichtigt bzw. bei Tonaufzeichnungen angehört werden können.
- Das Recht auf Akteneinsicht und Besichtigung amtlich verwahrter Beweisstücke kann in ausreichendem Umfang gewährt worden sein, wenn für die Verteidigung die Möglichkeit bestand, sämtliche im Ermittlungsverfahren aufgezeichneten Telefongespräche in den Räumlichkeiten der Kriminalinspektion anzuhören.
Neben den Ausführungen zu den Anforderungen an die Verfahrensrüge in diesen Fällen ist dann auch noch folgender Hinweis des BGH interessant:
„bb) Mit der Beanstandung, die Bereitstellung der sonstigen sichergestellten elektronischen Dateien in „verschlüsselter“ Form sei nicht ausreichend gewesen, eine Auswertung der erst drei Monate nach Beginn der Hauptverhandlung in ihrer ursprünglichen Form zur Verfügung gestellten Dateien sei zeitlich nicht möglich gewesen, dringt die Revision im Ergebnis ebenfalls nicht durch.
In diesem Zusammenhang braucht der Senat nicht zu entscheiden, ob die Verteidigung auf die Anschaffung einer speziellen Auswertungssoftware zur Lesbarmachung entsprechender Dateien auf eigene Kosten verwiesen werden kann. Daran könnten Zweifel zumindest dann bestehen, wenn – wie hier – das fragliche Datenmaterial bei dem Zugriff der Ermittlungsbehörden darauf in einer mit Standardprogrammen lesbaren Form vorlagen und die Lesbarkeit allein mit einer speziellen Software erst durch Verschlüsselungsmaßnahmen der Polizei hervorgerufen worden ist. Auch wenn diese Vorgehensweise, die mit einer Verzögerung des Zugriffs auf die Beweismaterialien einhergehen kann, hier zu einer Verletzung des Akteneinsichtsrechts geführt haben sollte, beruhte das angefochtene Urteil auf einer solchen Rechtsverletzung nicht.
Denn die Dateien standen in ihrer ursprünglichen Form der Verteidigung seit dem 4. September 2012 und damit für einen Zeitraum von mehr als drei Monaten vor der Verkündung des Urteils zur Verfügung. Dass die Verteidigung in dieser Zeit nicht in ausreichendem Umfang in der Lage gewesen sein sollte, die Dateien einzusehen, ist nicht ersichtlich.“