Ich bin dann doch immer wieder erstaunt, auf welche Ideen Menschen kommen, um auf – nicht legale Weise – ein paar Euro zu sparen. So auch der Sachverhalt des OLG Hamm, Beschl. v. 08.08.2013 – 5 RVs 56/13. Der hat ja auch schon einige andere Blogs, wohl auf der Basis dazu vorliegenden dpa-Meldung des OLG Hamm beschäftigt. Ich habe dann den Volltext bekommen – manchmal ist es doch schön, wenn sich die ehemaligen Kollegen an mich erinnern. Danke. :-).
Grundlage der OLG-Entscheidung war folgender Sachverhalt:
„Am frühen Nachmittag des 17. Februar 2011 begab sich der Angeklagte in den Supermarkt X in Y. Er ging zu dem dortigen Zeitschriftenregal und entnahm einen „Playboy“ für 5 €. Mit diesem lief er zur Selbstbedienungskasse. Dort scannte er nicht den auf dem „Playboy“ befindlichen Strichcode ein, sondern hielt den zuvor von der Tageszeitung „WAZ“ ausgerissenen Strichcode, den er in seinem Portemonnaie mit sich geführt hatte, unter das Lesegerät. Die Kasse warf daraufhin den Preis für eine „WAZ“ von 1,20 € aus, welchen der Angeklagte bezahlte. Sodann verließ er mit dem „Playboy“ das Geschäft.
Nach etwa einer Stunde erschien der Angeklagte gegen 15.30 Uhr erneut in dem Supermarkt. Wiederum ging er zum Zeitschriftenregal, welchem er diesmal einen „Stern“ für 3,40 € entnahm. Er ging zur Selbstbedienungskasse und hielt anstelle des Strichcodes der Zeitschrift wieder den ausgerissenen Strichcode der „WAZ“ unter das Lesegerät. Die Kasse warf einen Preis von 1,20 € aus, welchen der Angeklagte bezahlte. Sodann wurde er von dem Zeugen Probst, welcher als Detektiv in dem X beschäftigt ist, angesprochen….“
AG und LG hatten das Tatgeschehen rechtlich als Computerbetrug gewertet (§ 263a StGB). Das OLG sagt, nein, kein Computerbetrug, da es sowhl an dem für § 263 a StGB notwendigen (Zwischen-)Erfolg der Beeinflussung des Ergebnisses des Datenverarbeitungsvorgangs fehlt als auch keine der Tathandlungen des § 263 a Abs. 1 StGB verwirklicht ist. Aber: Diebstahl nach § 242 StGB. Nachzulesen im Einzelnen hier im OLG Hamm, Beschl. v. 08.08.2013 – 5 RVs 56/13.
Für die mitlesenden „Examenskandidaten“: Ich würde mich, wenn ich vor dem mündlichen Examen stehen würde, mit der Entscheidung mal befassen 🙂
Sehr schöner Fall – da ist man allerdings dann doch froh, älter geworden zu sein und nicht mehr in ein mündliches Examen zu müssen. Mit solchen Fragen ist man am AG ja irgendwann überfordert – da hätte man die Sache nach § 153a StPO eingestellt… 😀
Na ja, der Amtsrichter in NRW war dann nicht so pragmatisch. Der hat „durchverhandelt“. Aber vielleicht wollte er auch nur dem OLG eine Chance geben, „rechtsschöpferisch“ tätig zu werden.
Ok, pflichtbewusste Kollegen wissen natürlich, was sie ihrem OLG schuldig sind und geben diesem gerne Gelegenheit, Rechtsgeschichte zu schreiben. 😉
Um zur Einstellung zu kommen hätte man allerdings berücksichtigen können, dass der Angeklagte bestrebt war, sich trotz knapper Kassen in Sachen Allgemeinbildung auf dem Laufenden zu halten, was inbesondere die Tat Ziff.1 verdeutlicht. Schließlich wird der Playboy bekanntermaßen nahezu ausschließlich wegen der hervorragenden Interviews mit Persönlichkeiten der Zeitgeschichte gelesen…. 😉