Archiv für den Monat: Juni 2013

Fall Mollath: „Ein merkwürdiger Entwurf belastet Richter“ – aber eben nur im Entwurf

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Ich habe mich bisher ja aus dem Verfahren Mollath herausgehalten und darüber nur im Rahmen meiner Wochenspiegel berichtet. Grund ist u.a., dass man nicht alles im Auge behalten kann und es m.E. genügend andere Blogs gibt, die den Fall im Auge haben. Aber jetzt bin ich auf einen Bericht aus der Süddeutschen Zeitung von heute gestoßen (worden), auf den ich dann doch hier hinweisen will.

Die „Süddeutsche Zeitung berichtet unter der Überschrift: „Merkwürdiger Entwurf belastet Richter“ über den ihr vorliegenden Entwurf des Wiederaufnahmeantrages im Verfahren Mollath, der sich von dem Wiederaufnahmeantrag, dann doch ganz erheblich unterscheidet. Um Kommentaren vorzubeugen: Mir ist der Unterschied zwischen Entwurf/endgültiger Fassung schon bekannt und mir ist auch bekannt, dass dazwischen erhebliche Unterschiede liegen können. Aber es ist – gelinde gesagt – schon ein wenig „eigenartig“, wenn Entwurf und endgültige Fassung gerade an den Stellen voneinander abweichen, an denen es um „unmittelbares Fehlverhalten von Justizbediensteten“ geht.

Und wenn es heißt: „Justizministerin Beate Merk (CSU) hatte am Freitag betont, für den Inhalt des Antrags sei allein die Staatsanwaltschaft zuständig gewesen.„: Kann sein, kann aber auch nicht sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man nicht berichtet hat.

Jetzt hoffe ich nur, dass ich keinen Besuch der Polizei bekommt, vgl. hier der Fall Mollath und seine Weiterungen.

Die Freizeitsperre – auf die Stunde kommt es an…

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Zwischen dem Insassen einer JVA und der JVA bestehen Meinungsverschiedenheiten darüber, wann eine gegen den Insassen verhängte Disziplinarmaßnahme endet. Gegen ihn war mit Verfügung vom 26.03.2013 gemäß § 103 Abs. 1 Ziff. 4 Strafvollzugsgesetz eine Freizeitsperre von vier Wochen als Disziplinarmaßnahme verhängt worden, weil er illegale Drogen (THC) konsumiert hatte. Diese Disziplinarmaßnahme wurde seit dem 27.03.2013 vollzogen. Der Insasse meinte, dass das Ende der Freizeitsperre am 24.04.2013 um 16:00 Uhr erreicht sei. Nachdem im auf seine Anfrage von den Mitarbeitern der JVA erklärt worden ist, die Freizeitsperre ende erst am 24.04.2013 um 24 Uhr, hat er mit Schriftsatz vom 17.04.2013 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt.

Zum Ende der Freizeitsperre und zur Anwendung des § 43 StPO hat sich der LG Kleve, Beschl. v. 24.04.2013, 161 StVK 26/13 – geäußert.

„Die Kammer ist der Auffassung, dass eine Freizeitsperre, bei der es sich um eine Disziplinarmaßnahme nach § 103 Abs. 1 Nr. 4 StVollzG handelt, höchstens für die Dauer der Zeit vollzogen werden kann, für die sie auch angeordnet worden ist. Ein Zeitraum von vier Wochen, der zu einer bestimmten Stunde am 27. März zu laufen beginnt, endet danach am 24. April zur gleichen Stunde. Ein darüber hinausgehender Vollzug ist rechtswidrig, weil für diesen „überschießenden“ Vollzug eine Rechtsgrundlage nicht besteht. Die Vollzugsbehörde, die eine nach Wochen bestimmte Sanktion verhängt hat, muss sich am Wortlaut ihrer Entscheidung festhalten lassen, die für alle am Disziplinarverfahren beteiligten Stellen und Personen verbindlich ist.

Der Antragsgegner kann sich für seine Auffassung nicht auf die Vorschriften über die Fristberechnung, die in verschiedenen Gesetzen enthalten sind, berufen. Das Strafvollzugsgesetz selbst enthält eine Vorschrift über die Berechnung der Dauer von zeitlich befristeten Disziplinarmaßnahmen nicht. Soweit § 120 Abs. 1 StVollzG anordnet, dass die Vorschriften der Strafprozessordnung, die in ihren §§ 42 und 43 Regelungen über Fristberechnungen trifft, entsprechend anzuwenden sind, gilt dies, wie sich aus der Stellung des § 120 StVollzG im 14. Titel des Zweiten Abschnitts des Strafvollzugsgesetzes ergibt, allein für das System der Rechtsbehelfe und hier insbesondere für das gerichtliche Verfahren über Anträge auf gerichtliche Entscheidung. Darüber hinaus passen die §§ 42, 43 StPO ebenso wenig wie die entsprechenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches über Fristen und ihre Berechnung (vgl. dazu §§ 186 bis 193 BGB) auf die Berechnung der Dauer zeitlich bestimmter Sanktionen, die für den Betroffenen mit einem Nachteil verbunden sind.

Die §§ 42, 43 StPO treffen Bestimmungen über prozessuale Frist, d. h. über Fristen, die im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens zu beachten sind. Innerhalb dieser Fristen muss derjenige, der von ihnen betroffen ist oder dem sie gesetzt worden sind, eine Handlung vornehmen oder darf dies nicht tun. Soweit die Anwendung der genannten Vorschriften dazu führt, dass eine Frist über den Zeitraum hinausreicht, für den sie nach dem allgemeinen Sprachgebrauch und/oder den Regeln der Mathematik bestimmt ist, beruht dies auf Gründen der Praktikabilität und führt dazu, dass demjenigen, der die Frist beachten muss, ein Vorteil eingeräumt wird, den er bei genauer Berechnung nicht hätte. So führt § 43 Abs. 1 StPO bei Geltung einer nach Wochen bestimmten Frist dazu, dass diese Frist mit Ablauf des Tages endet, der seiner Zahl oder Benennung demjenigen entspricht, an dem sie begonnen hat; § 43 Abs. 2 StPO sieht darüber hinaus eine Verlängerung der Frist über mehrere Tage hinweg vor.

Diese Folge wäre indes für eine Disziplinarmaßnahme, wie sie hier im Raum steht, unpassend. Sie führt nämlich für den Antragsteller nicht zu einer Vergünstigung. Der Antragsteller würde vielmehr benachteiligt. Eine Disziplinarmaßnahme greift stets in die Rechte des Gefangenen ein. Nach allgemeinen Grundsätzen darf sie daher nur verhängt werden, wenn das Gesetz es vorsieht und wenn das bei der Verhängung zu beachtende Verfahren eingehalten worden ist, und nur so lange vollzogen werden, wie es angeordnet worden ist. Für die Fristberechnung muss in einem solchen Fall die dem von der Maßnahme Betroffenen günstigste Art und Weise gelten. Dies ist hier die stundengenaue Ermittlung der Dauer, wobei ab dem Zeitpunkt zu rechnen ist, ab dem die Maßnahme vollzogen wird.“

Es kommt also auf die Stunde an.

 

Sonntagswitz: Heute mal wieder über die Juristen….

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Beim Sonntagswitz sind heute mal wieder die Juristen dran, hatten wir schon mal (vgl. Sonntagswitz: Heute sind mal wieder die Juristen dran…),

Zwei Mütter unterhalten sich über ihre jugendlichen Sprösslinge:
„Was will Ihr Sohn denn später einmal werden?“
„Rechtsanwalt. Er streitet gerne, mischt sich ständig in anderer Leute Angelegenheiten und weiß immer alles besser.“

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Richter zum Zeugen: „Wie weit waren Sie von der Unfallstelle entfernt?“
Zeuge:“19,26 Meter.“
Richter:“Wieso können Sie das so exakt angeben?“
Zeuge:“Ich habe sofort nachgemessen, weil ich dachte, irgend ein Idiot wird mich sicher danach fragen!“

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Der Richter fragt die Zeugin: „… und wie alt sind Sie?“
Beharrliches Schweigen seitens der Zeugin.
Darauf der Richter verärgert: „Wenn Sie nicht antworten, lasse ich Sie von den Zuschauern schätzen!!!“

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Die ältere und nicht gerade liebreizende Anwältin hält ein brillantes Plädoyer für den schönen Gentleman-Einbrecher.
Ein Freispruch liegt in der Luft, da läßt sich die Dame zu dem Satz hinreißen: „Ich bin so sehr von der Unschuld meines Mandanten überzeugt, daß ich ihn auf der Stelle heiraten würde.“

„In diesem Fall möchte ich die Tat lieber gestehen“, erklärt der Angeklagte erschrocken.

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„…Paarungsakt mit Todesfolge…“

LTO weist gerade unter der Überschrift:“OLG Koblenz zu Tierhalterhaftung Paarungsakt mit Todesfolge“ auf zwei OLG Koblenz, Beschl. v. 16.05. und 10.06.2013 – 3 U 1486/12 – hin, die thematisch – Thema: Pferde – ganz gut zu dem gestrigen Posting „Wenn der Wallach wieder zum Hengst werden will…., oder auch nicht“ passen. Dazu habe ich mir dann die PM des OLG Koblenz besorgt, in der es heißt:

Heftiger Tritt der Stute während der Paarung; schwer verletzter Hengst eingeschläfert

Keine Haftung der Stutenhalterin – Eigentümerin des Hengstes nahm Gefahr in Kauf

Verletzt eine Stute durch Austreten während der Paarung den Hengst so schwer, dass dieser eingeschläfert werden muss, kann sich damit eine Tiergefahr realisieren, für die die Halterin der Stute grundsätzlich haftbar ist. Wenn aber die Eigentümerin des Hengstes in Kauf nimmt, die Paarung durch Führen der Pferde am langen Zügel ohne jede Sicherungsmaßnahmen durchzuführen, handelt sie auf eigene Gefahr, muss das Risiko selbst verantworten und kann es nicht auf die Halterin der Stute abwälzen. Dies hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz entschieden (Beschlüsse vom 16. Mai und 10. Juni 2013, Az.: 3 U 1486/12), der folglich einen Anspruch der Eigentümerin des Hengstes verneint und das vorausgegangene Urteil des Landgerichts Mainz bestätigt hat.

Im Mai 2011 vereinbarten die Parteien, dass der Araberhengst der Klägerin aus einem Gestüt im Rheingau die Stute der Beklagten aus Rheinhessen decken sollte. Die Bedeckung sollte nicht durch künstliche Besamung, sondern auf natürliche Weise (Natursprung) erfolgen, wobei Hengst und Stute am langen Zügel geführt wurden. Auf eine Sicherung der Stute durch Spannstricke oder eine Verpaarung im Probierstand wurde einvernehmlich verzichtet. Nachdem sich die Pferde auf einer Wiese im Rheingau beschnuppert hatten, signalisierte die Stute ihre Paarungsbereitschaft und der Hengst sprang von hinten auf sie auf. Als er mit den Vorderbeinen wieder auf dem Boden landete, trat die Stute nach hinten aus. Der Tritt traf den Hengst am rechten Vorderbein, wodurch er einen nicht operablen Trümmerbruch erlitt und noch am selben Tag eingeschläfert werden musste.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte müsse als Halterin der Stute für den Tritt haften und begehrt insbesondere Ersatz für den Wert des Pferdes in behaupteter Höhe von 25.000,- €. Die Beklagte erwidert, die üblichen Sicherheitsvorkehrungen seien außer Acht gelassen worden, so dass die Klägerin selbst für den entstandenen Schaden verantwortlich sei. Bereits das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klägerin als Halterin und Eigentümerin des Hengstes habe auf jede Maßnahme zum Schutz ihres Tieres vor Verletzungen verzichtet. Das daraus resultierende überwiegende Mitverschulden schließe eine Haftung der Beklagten aus.

Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung der Klägerin hatte nun vor dem OLG keinen Erfolg. Der Senat legte in seiner Entscheidung dar, zwar habe sich in dem Austreten der Stute eine typische Tiergefahr realisiert, so dass der Klägerin ein Anspruch zwar grundsätzlich zustehen könnte. Dieser scheitere aber daran, dass die Klägerin während der Deckung ihren Hengst nicht geschützt, damit auf eigene Gefahr gehandelt und die Verletzung des Pferdes selbst verschuldet habe. Das Austreten der Stute während der Paarung sei ein natürliches Verhalten, mit dem während eines Deckaktes zu rechnen sei. Weil die Pferde am Zügel gehalten worden seien, hätten sie die Zwischenschritte der Kontaktaufnahme nicht wie beim freien Decken ausleben können.  Trotzdem habe die Klägerin keine Maßnahmen zum Schutz ihres Hengstes ergriffen und sei das Verletzungsrisiko sehenden Auges eingegangen. Der Geschädigte könne den Schädiger aber dann nicht mit Erfolg in Anspruch nehmen, wenn er sich bewusst in eine Situation drohender Eigengefährdung begeben habe. Durch das Zuführen des Hengstes zur Stute in der konkreten Art und Weise ohne jede Sicherungsmaßnahme folge eine bewusste Risikoübernahme mit der Folge, dass die Haftung der Beklagten für das Verhalten ihrer Stute vollständig entfalle.“

Ab morgen machen wir dann aber wieder Straf- und Bußgeldrecht. „Sonst werden wir noch ein Pferdefachblog“

 

Wochenspiegel für die 24 KW., das waren das NSU-Verfahren, Mollath, ein Fehlurteil und die Anwälte des Jahres

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Wir berichten aus der vergangenen – m.E. ganz „normalen“ – Woche über:

  1. Das NSU-Verfahren, und zwar über die Woche im NSU-Prozess, einen weiteren Anschlag in NürnbergNebenklägeranwalt, den Briefwechsel von Beate Zschäpe,
  2. den Fall Mollath, und zwar die Anordnung der Fortdauer der Unterbringung, mit einem Schreiben an die bayerische JM,  über Mollath vor dem Untersuchungsausschuss, und seine Frau,
  3. den Fall Mollath und seine Weiterungen – nämlich Besuch von der Polizei nach einem Tweet (?),
  4. versuchte Tricksereien in Bremen,
  5. das „Ping-Urteil“ aus Osnabrück, ist das „Pingen“ Betrug ?,
  6. eine Kunderückgewinnungsaktion,
  7. die Sendung mit der Maus, äh, dem Fehlurteil,
  8. den lückenlos ortbaren Pkw,
  9. eine absurde Stellungnahme zu einem 2/3-Antrag,
  10. und dann waren da noch die Anwälte des Jahres.