Mich erreichen immer wieder interessante Gebührenfragen oder sie werden in dem Forum auf meiner Homepage Burhoff-online gestellt, die mir dann zeigen, dass es doch immer noch Probleme und offene Fragen bei der Anwendung des RVG gibt. So das Problem, dass ein Kollege neulich aufgeworfen hat, und zwar folgendes.
Der Kollege hat den Mandanten im Bußgeldverfahren vertreten. Auf seinen Antrag hat das AG das Verfahren nach § 69 Abs. 5 Satz 1 OWiG wegen ungenügender Aufklärung des Sachverhalts an die Verwaltungsbehörde zurückverwiesen. Der Kollege bezog sich auf eine Stelle in Burhoff (Hrsg.), RVG Straf- und Bußgeldsachen, 3. Aufl. Danach endet das Verfahren bei der Bußgeldbehörde mit Abgabe der Sache nach § 69 Abs. 3 OWiG an das AG. Deswegen war er der Ansicht, dass nach Zurückverweisung gem. § 69 Abs. 5 OWiG die Verfahrensgebühr nach Nr. 5103 VV erneut entsteht.Dazu fand er nichts in Rechtsprechung und Literatur.
Ich musste den Kollegen darauf hinweisen, dass es sich bei der Zurückverweisung nicht um eine i.S. des § 21 RVG handelt und daher die Gebühren für das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde nicht noch einmal entstehen. So steht es auch im Kommentar in Teil A: Zurückverweisung (§ 21) Rn. 1688.
Aber der Kollege hat repliziert, und wie folgt:
„Allerdings ist zu überlegen, ob der § 21 nicht auch analog angewendet werden kann. Immerhin handelt es sich beim Verfahren vor der Bußgeldbehörde um die erste Entscheidungsinstanz im Bußgeldverfahren. Alle Voraussetzungen sind dafür gegeben: Es muss ermittelt sowie der Sachverhalt aufgeklärt werden. Ferner gibt es am Ende dieser „Entscheidungstanz“ auch eine Entscheidung in Form des Abschlussvermerks nach § 69 Abs. 3 OWiG und es gibt sogar eine Präklusionsnorm in § 109 a Abs. 2 OWiG.
Könnte vor diesem Hintergrund nicht eine Regelungslücke vorliegen, die eine analoge Anwendung ermöglicht?“
Mein Gedanke: Gar nicht mal schlecht bzw. überlegenswert. Ich habe ihm geraten, es ggf. mal zu versuchen mit der Argumentation. Denn: Nur ein Versuch macht klug.
Ach so – und das ist jetzt Werbung: Den RVG-Kommentar gibt es derzeit zu einem Sonderpreis – es handelt sich um eine „Mängelexemplare-Aktion“.
Ich habe da mal eine Gebührenfrage: via @burhoff http://t.co/xIUd9dWWMF
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„Danach endet das Verfahren bei der Bußgeldbehörde mit Abgabe der Sache nach § 69 Abs. 3 OWiG an das AG.“
So war das vielleicht missverständlich. Das Verfahren endet nicht, sondern der Gebührenanspruch wird auf die Tätigkeit innerhalb dieses Verfahrenabschnittes bezogen. Das VV RVG regelt, in welchem Abschnitt eines Verfahrens welche Gebühren anfallen, es definiert die „Angelegenheit“ nicht. Die Verfahrensgebühr Nr. 5103 VV RVG betrifft nur, aber auch die ganze Tätigkeit gegenüber der Behörde, so Vorbemerkung 5.1. (1) VV RVG.
Der BGH hat mit Urteil vom 19.12.2012, IV ZR 186/11, NJW 2013, 1610ff die Auffassung des LG Dortmund der Einheit von Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde und dem Amtsgericht (dieselbe Angelegenheit) nicht beanstandet.
Daraus folgere ich, dass in derselben Angelegenheit nach Rückverweisung keine neue Verfahrensgebühr entstehen kann bzw. diese Auffassung vertreten werden kann. Denn der BGH spricht auch, dass die Entscheidung, was „Angelegenheit“ sei, vom Einzelfall abhänge.
M.E. kann höherer Aufwand bei erneuter Betreuung der Angelegenheit vor der Behörde für denselben Betroffenen nur durch Ausnutzung des Gebührenrahmens bei der Verfahrensgebühr nach oben berücksichtigt werden, eventuell wird eine Terminsgebühr und/ oder die Zusatzgebühr Nr. 5115 VV RVG verdient.
Nur kurz:
1. Gebührenrechtlich endet das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde mit Abgabe der Sache nach § 69 Abs. 3 OWiG an das AG. Sonst würde keine neue VG entstehen.
2. Die Entscheidung des BGH ist falsch und wird (vorab) vom Gesetzgeber mit dem neunen § 17 Nr. 11 RVG durch das 2. KostRMoG korrigiert.