Im Strafprozess eine nicht seltene Situation: Der Angeklagte schweigt. Für das Gericht stellt sich dann die Frage, ob und wie man die für eine Verurteilung erforderlichen Feststellungen treffen kann und ob die ggf. getroffenen Feststellungen ausreichend sind. Das gilt insbesondere auch, wenn es um die Feststellung der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten geht, da diese Grundlage der Strafzumessung sein sollen/werden/müssen. An der Stelle muss das Gericht im Hinblick auf § 244 Abs. 2 StPO alle im zur Verfügung stehenden Beweismittel ausschöpfen. Das hatte eine Strafkammer beim LG Hagen nicht getan und den Angeklagten in einem Missbrauchsverfahren auf einer zu dünnen Tatsachengrundlage verurteilt. Das hat der Angeklagte mit der Revision und der BGH mit dem BGH, Beschl. v. 09.10.2013 – 4 StR 102/13 – gerügt:
Der Strafausspruch kann indes nicht bestehen bleiben, weil das Landgericht keine hinreichenden Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten, insbesondere zu seinem Werdegang und seinen Lebensverhältnissen, getroffen hat.
1. Für die Strafzumessung und deren rechtliche Überprüfung ist grundsätzlich die Kenntnis vom Werdegang und den Lebensverhältnissen des Angeklagten wesentlich. Nur so kann das Revisionsgericht überprüfen, ob die Zumessung der verhängten Freiheitsstrafe von drei Jahren auf der gebotenen wertenden Gesamtschau des Tatgeschehens sowie des Täters und der für seine Persönlichkeit, sein Vorleben und sein Nachtatverhalten aussagekräftigen Umstände beruht (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 30. Juli 1992 – 4 StR 270/92; BGH, Beschluss vom 10. März 1992 – 1 StR 111/92; Beschluss vom 22. März 1995 – 2 StR 51/95, jeweils mwN).2. Das Landgericht teilt im angefochtenen Urteil lediglich die den drei Vorstrafen des Angeklagten zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen zum Tatgeschehen mit und verweist im Übrigen darauf, dass Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen und zum Werdegang des Angeklagten nicht getroffen werden konnten, da dieser „hierzu in der Hauptverhandlung keine Angaben machte“. Damit durfte sich die Strafkammer hier jedoch nicht begnügen. Sie war vielmehr gehalten, auf andere Weise Näheres über seine Person in Erfahrung zu bringen, etwa durch Verlesung der Feststellungen zur Person in den Vorverurteilungen. Im Hinblick auf das Urteil des Amtsgerichts Iserlohn vom 25. Februar 2011 zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, wäre ferner die Vernehmung des damaligen Bewährungshelfers in Betracht gekommen.“