In dem amtsgerichtlichen Urteil, das dem OLG Naumburg, Beschl. v. 07.06.2012 – 2 Ss 68/12 – zugrunde liegt, dürfte nur sehr wenig Text gestanden haben. Anders lassen sich die Gründe des OLG-Beschlusses nicht erklären. Verurteilt worden ist der Angeklagte vom AG wegen Erschleichens von Leistungen (§ 265a StGB) und wegen Bedrohung (§ 241 StGB). Dazu das OLG:
„…Das Rechtsmittel hat in vollem Umfang Erfolg. Die lückenhaften Feststellungen des Amtsgerichts tragen die Verurteilungen in beiden Fällen nicht, weil sich nicht feststellen lässt, ob der Angeklagte sich strafbar gemacht hat.
1. Hinsichtlich des Erschleichens von Leistungen ist bereits zweifelhaft, ob das Amtsgericht festgestellt hat, dass der Angeklagte nicht im Besitz einer gültigen Monatskarte der Magdeburger Verkehrsbetriebe war. Die Verteidigung weist zu Recht darauf hin, dass auch der Besitz einer übertragbaren Monatskarte, selbst wenn diese bei der Fahrt nicht mitgeführt wird, eine Strafbarkeit ausschließen kann. Letztlich kommt es hierauf aber nicht an. Das Amtsgericht hat lediglich festgestellt, dass der Angeklagte nicht „im Besitz des erforderlichen Fahrscheines“ war. Indes macht sich nach § 265 a StGB nur strafbar, wer die Beförderung durch ein Verkehrsmittel erschleicht. Dies setzt nach allgemeiner Auffassung voraus, dass sich der Täter mit dem Anschein der Ordnungsmäßigkeit umgibt (BGHSt 53, 122; Fischer, StGB, 59. Aufl., Rdnr. 4 a zu § 265 a). Hierzu findet sich im Urteil nichts.
2. Auch die Feststellungen zum Vorfall am 02. Oktober 2011 tragen eine Verurteilung des Angeklagten (hier: wegen Bedrohung) nicht. Nach § 241 StGB macht sich nur strafbar, wer ein Verbrechen in Aussicht stellt, das bei dem Bedrohten den Eindruck der Ernstlichkeit erwecken soll und hierzu nach seinem objektiven Erklärungsgehalt auch geeignet ist (vgl. Fischer, Rdnr. 3a zu § 241). Auch hierzu findet sich im Urteil nichts…“
Es heißt zwar: „In der Kürze liegt die Würze“. Das gilt im Strafverfahren aber nicht immer. Hier kann man auch sagen: Gewogen und zu leicht befunden.
…das ist m.E. nicht berichtenswert. Überraschende Sprungrevision…
Na und, lieber 1x im Jahr wg. Textbaustein eine Aufhebung…als wegen jedem Kruscht das Vollprogramm.
Am Rande:
Ich werde mir das aber merken, für den Fall, dass ein Verteidiger den Einspruch gegen einen grobgünstigen Strafbefehl lieber schnell auf die Rechtsfolgen beschränken will. Kein Textbaustein genügt dem § 410 StPO…gerade in Verkehrssachen macht ein Gutachten (Kosten) sicher Freude. Die Darstellungsschraube hat zwei Seiten, aber bitte…
Der Kommentar erschließt sich mir nicht so ganz: Wieso „überraschende“ Sprungrevision?
Im Übrigen erstaut mich der Kommentar. Meinen Sie nicht, dass Sie – offenbar als Richter – verpflichtet sind „wegen jedem Kruscht das Vollprogramm“ zu machen? Ob es Ihnen nun gefällt oder nicht?
Und: Mit offenem Visier hätte ich den Kommentar viel mutiger gefunden.